Allgemein — Piraterie 2007 — Globale Entwicklungen und Reaktionen

Mit den größten Risiken kon­fron­tiert wird die Schiff­fahrt aber immer noch vor den Küsten am Horn von Afri­ka. Vor 2005 gab es hier nur zwei bis drei Über­fälle im Jahr. Mit 35 gemelde­ten Über­grif­f­en mutierten die Küsten Soma­lias und die Ein­fahrt ins Rote Meer 2005 schla­gar­tig zum »Pira­cy Hot Spot«. Die hiesi­gen Ban­den set­zen rück­sicht­s­los Waf­fenge­walt ein, riskieren viel und haben sich vor­wiegend auf Ent­führun­gen von Schiff und Mannschaft spezial­isiert. Gegen Lösegeld erfol­gt dann regelmäßig die Freiga­be. In weni­gen Fällen löscht­en die Ban­den die Ladung der Schiffe, so geschehen mit Hun­derten Ton­nen von Reis, die im Rah­men des World Food Pro­grams der UN nach Soma­lia gebracht wur­den und spur­los ver­schwan­den. Nach ersten Abwehrmaß­nah­men in Form von Seer­aumüberwachung durch die inter­na­tion­al beset­zte Task Force 150, die im Rah­men der Oper­a­tion Endur­ing Free­dom vor dem Horn von Afri­ka ständig patrouil­liert, gin­gen die Zahlen eben­so rasch wieder zurück – auf nur 10 im Jahr 2006. Doch für Ent­war­nung ist es noch zu früh, die_Hydra kehrt zurück, 2007 nahm das PRC 31 Mel­dun­gen über Über­fälle auf. 154 Seeleute wur­den in ins­ge­samt 11 Ent­führungs­fällen ihrer Frei­heit beraubt – so viele wie noch nie zuvor.

Marineforum - Piratenüberfälle Afrika (Karte: IMB Piracy Report 2007)

Weshalb kam es trotz der Präsenz von Seestre­itkräften wieder zum Anstieg der Fal­lzahlen? Die Täter haben ihre Tak­tik an die Vorge­hensweise der TF 150 angepasst. Glasklar haben sie die Gren­zen des Völk­er­rechts und des poli­tis­chen Hand­lungswil­lens der beteiligten Seemächte erkan­nt. Inner­halb der Hoheits­gewäss­er Soma­lias braucht­en sie bish­er keine Ver­fol­gung zu fürcht­en, Inter­pre­ta­tio­nen des Völk­er- und Seerechts, Man­dats­for­mulierun­gen und Rules of Engage­ment standen dem ent­ge­gen. Die Seemächte beschränk­ten ihren Wirkraum auf inter­na­tionale Gewäss­er. Deshalb legten die Pirat­en es darauf an, gekaperte Schiffe möglichst rasch in die Zwölfmeilen­zone Soma­lias zu ver­brin­gen. Ein Beispiel dafür ist die Kape­rung der DANICA WHITE.

MV DANICA WHITE, Frachter, Däne­mark; am 1. Juni 2007 auf dem Weg von Shar­jah nach Mom­basa etwa 240 Meilen von der Küsten­lin­ie ent­fer­nt von drei schnellen Booten auf See attack­iert und gekapert; in soma­lis­che Hoheits­gewäss­er ver­bracht; mit fünf Besatzungsmit­gliedern bis 22. August im Hafen von Hobiyo fest­ge­hal­ten und gegen 1,5 Mil­lio­nen USD freigegeben. Nach Pressemel­dun­gen haben franzö­sis­che und amerikanis­che Ein­heit­en das gekaperte Schiff bis zur Gren­ze der Zwölfmeilen­zone ver­fol­gt und dann die Ver­fol­gung abgebrochen.

Die Tat­sache, dass keine hand­lungs­fähige soma­lis­che Staats­ge­walt existiert und krim­inelle Aktiv­itäten im Hoheits­ge­bi­et des Staates unge­hin­dert stat­tfind­en kön­nen, hat die Staatenge­mein­schaft vor die Her­aus­forderung ein­er rechtlichen Neube­w­er­tung der Prob­lematik des gewalt­samen Hinein­wirkens in fremde Hoheits­ge­bi­ete gestellt. Ende Novem­ber hat­ten fünf Natio­nen – das Vere­inigte Kön­i­gre­ich, Däne­mark, Frankre­ich, Süd­ko­rea und Spanien – die IMO dazu angeregt, eine Res­o­lu­tion zu for­mulieren, die die völk­er­rechtliche Tür öff­nen sollte für gewalt­same Maß­nah­men zur Abwehr von Überfällen.

Team GlobDef

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