In einer viel beachteten Vorlesung anlässlich seines Besuches in Deutschland hat Papst Benedikt XVI. im September 2006 der religiös begründeten Gewaltanwednung eine klare Absage erteilt und zu einem wissenschaftlich geführten Dialog der Kulturen aufgerufen.
“Der entscheidende Satz in dieser Argumentation gegen Bekehrung durch Gewalt lautet: Nicht vernunftgemäß handeln, ist dem Wesen Gottes zuwider (…) In diesen großen Logos, in diese Weite der Vernunft laden wir beim Dialog der Kulturen unsere Gesprächspartner ein. Sie selber immer wieder zu finden ist die große Aufgabe der Universtität.“
Diese Aussage — aufgrund eines in der Vorlesung verwendeten Zitates, das der Papst verwandte um daraus seine Grundaussage abzuleiten, leider vielfach unverstanden — steht im Kontext zu anderen Aussagen seiner Pastoralreise, in der sich der Papst über das Verhältnis von Religion und Gewalt äusserte. Gleichzeitig zu diesem Aufruf zum Dialog fand in Kasachstan das Zweite Welttreffen der Religionen statt. Der Rektor der wichtigsten islamischen Hochschule, Scheich Tantawi von der Al Azhar in Kairo, war mit anderen Muslimen genauso vertreten wie Repräsentanten christlicher Religionen, Kardinal Etchegaray von der kath. Kirche, der ökumenische Patriarch Barholomäus aus Istanbuld, Metropolit Philaret aus Minsk, Patrich Garegin II für die armenische Kirche, ein Oberrabiner der sephardischen Juden, führende Vertreter buddhistischer Gemeinden aus Japan, Korea, China und der Mongolei, ein Sprecher der Parsen (Zarathustra), Vertreter der Hinduisten — in allen war es ein Anliegen, den friedlichen Dialog der Kulturen zu unterstützen.
Auch die folgende erste Auslandsreise des Papstes in die Türkei stand ganz im Zeichen eines friedlichen “Dialogs der Religionen”, der in einem Dialog der Kulturen unverzichtbar ist.
Allerdings muss man sich bei dem Versuch des Dialogs vergegenwärtigen, dass sich die unterschiedliche Kulturen auch in wesentlichen Punkten bis hin zu einem völlig unterschiedlichen Denkansatz unterscheiden.
Im Westen ist der Einzelne stolz darauf, eine Persönlichkeit, ein Individuum zu sein. Hieraus entwickelte sich der Begriff der Menschenrechte als universell allen Menschen zustehenden persönlichen Rechten auf Freiheit — auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Einen Höhepunkt des abendländischen Denkens stellt in letzter Konsequenz die Aufklärung dar, die rationale Analyse eines Systems von Ursache und Wirkung, die bereits in der Antike im Begriff des “logos” angelegt wurde.
Um die Beziehungen der Individuen untereinander zu regeln ist die westliche Kultur eine Kultur der Normen geworden, die durch den Staat (Recht und Ordnung) oder duch individuelle Vereinbarungen (Vertrag) vorgegeben werden und strikte (“pacta sunt servanda”) einzuhalten sind.
Diese Überzeugungen gibt es im ostasiatischen Denken nicht! Mensch und Gemeinschaft sind eins, den Menschen gibt es nur als Gruppenwesen. Soziale Einheiten bestimmen das Leben ihrer Mitglieder. Die Eltern, der “ältere Bruder”, der Lehrer, der Vorgesetzte — sie haben die Verantwortung für ihre nachgeordneten Gruppenmitglieder. Die Hierarchie der Familie, des Betriebs (als Famileinersatz), des Volkes ist die natürliche Ordnung im sozialen Miteinander. Eine Regierung hat die natürliche Entscheidungsgewalt, und solange es den Menschen gut geht gibt es keinen Grund, die Entscheidungsgewalt der Regierung in Frage zu stellen. Erst Hungersnöte und Naturkatastrophen haben zum Sturz der chinesischen Dynastien geführt, die mit diesen Ereignissen das “Mandat des Himmels” verloren hatten. “Individualismus” wird im chinesischen als “Egoismus” und in Japan mit dem Begriff des „einsamen Wolfs“ übersetzt. Ein einsamer Wolf geht ein, er ist weder fähig zu überleben, noch sich fort zu pflanzen — das ostasiatische Ideal spiegelt somit genau die gegenteilige Auffassung zum amerikanischen Helden, der als “lonesome Cowboy” seinen Mann steht und die Stadt — oder die Welt — rettet.
Der Mensch ist nach asiatischem Verständnis in die Gesetze des Universums (Gestirnskonstellationen, Energieformen, Geistern und Ahnen) eingebunden, ist ihnen ausgeliefert und bestimmt mit seinem Verhalten, ob er diese natürliche Ordnung bestätigt oder stört. Die Harmoniesicherung, das konfliktfreie Miteinander, ist die wichtigste asiatische Verhaltens- und Handlungsmaxime. Die schlimmste Demütigung ist der “Gesichtsverlust”, die Blamage in der Gemeinschaft. Dem wenn-dann und entweder-oder-Prinzip des abendländisch-christlichen Denkens steht das taoistische yin-yang Prinzip von gegenseitigen Bedingungen und Interdependenzen gegenüber. Vor der verklausullierten Beziehung durch Regeln (Vertrag) steht die persönliche Ebene, das angestrebte harmonische Miteinander. Die Beziehungen sind durch ein ständiges Geben und Nehmen gekennzeichnet, mit dem Bestreben, ständig eine optimale “win-win” Situation für alle Beteiligten zu erzielen. Ein Vertrag ist danach nicht der Schlusspunkt einer Beziehung sondern ein Grundkonsens, der einer ständigen Erneuerung und Feinabstimmung bedarf. Die persönliche Beziehung, das gegenseitige Verstehen und Vertrauen ist die Voraussetzung für eine geschäftliche Zusammenarbeit. Dieses Vertrauen ist innerhalb der sozialen Gemeinschaft — etwa de Familie — bereits von Grund auf vorhanden, während Fremde erst langwierig das Vertrauen gewinnen müssen. Deshalb ist es weder überraschend, dass Vertragsverhandlungen in Ostasien mit langen gemeinsamen Feiern zur Vertiefung der persönlichen Beziehungen begleitet werden (die etwa in Japan auch zur Betriebskultur gehören), noch dass kaum abgeschlossenen Verträge erneut nachverhandelt werden — etwas, was für den westlichen Geschäftsmann (“pacta sunt servanda”), der seinen Vertrag nach langwierigen Verhandlungen endlich in “trockenen Tüchern” wähnt, undenkbar ist. Wer in dieser Situation auf den abgeschlossenen Vertrag beharrt entpuppt sich in ostasiatischen Augen als unsozial und damit wenig vertrauenswürdig.
Was Werbestrategen unter dem Begriff Neuromarketing für sich entdecken muss auch und gerade in der politischen Analyse und Diskussion einen Platz finden — denn Politik ist die Lehre vom Zusammenleben der Menschen, und in einer globalen Welt auch der global bestehenden Kulturen.
Gemeinsame Aufgaben
Der Beginn des neuen Jahrhunderts war durch einen Schock geprägt — den 11. September — und der seither andauernde “Krieg gegen den Terror” und ein paar hundert gewaltbereite Terroristen überlagert (insbesondere in den USA) die öffentliche Wahrnehmung anderer Konflikte. Es gibt aber wesentlich tiefer gehende Probleme deren Lösung nur auf internationaler Ebene machbar ist — und bei denen vor allem die USA als Führungsmacht der westlichen Welt gefragt sind.
Das die Verbrennung von fossilen Energieträgern und Holz erheblich zur Freisetzung von Treibhausgasen und damit zum weltweiten Klimawandel beigetragen hat wird heute von keinem vernünftigten Menschen mehr bezweifel. Dass dieser Klimawandel zugleich zu erheblichen — auch wirtschaftlichen — Auswirkungen und massiven Belastungen bis hin zu katastrophalen Überschwemmungen, Stürmen und Bergrutschen führen wird darf inzwischen ebenfalls als gesichert gelten. Deshalb wurde 1992 in Rio de Janeiro eine Klima-Rahmenkonvention beschlossen, das auch von den USA ratifiziert wurde — aus kurzsichtigen Gewinnerwägungen für die amerikanische Ölindustrie wurde die Ratifizierung des auf dieses Basis von 98 Staaten beschlossenen Kyoto-Protokolls durch die Regierung Bush aber abgelehnt. Die USA als weltgrößter Emittent von Treibhausgasen können sich der Verantwortung für das globale Klima nicht entziehen, wenn sie weiterhin den moralischen Anspruch als Führungsmacht aufrecht erhalten können. Was die USA (und die entwickelten Industrieländer) für sich in Anspruch nehmen können sie den Entwicklungsländern mit ihrem Nachholbedarf nicht verweigern. Es wird Zeit, dass eine Führungsmacht die Inititiative für eine weltweit koordinierte Energiepolitik ergreift und damit zugleich eine weltweite Klima- und Umweltschutzpolitik in Angriff nimmt. Die USA unter der Regierung Bush jr. versagen offenbar — dagegen hat Deutschland unter der Kanzlerin Merkel diese Umweltinitiative ergriffen und versucht, gemeinsam mit den anderen EU-Mitgliedern hier endlich vernünftige Lösungen einzufordern.
Im Jahr 2000 wurde auf einem Weltgipfel gemeinsam beschlossen, bis zum Jahr 2015 die Zahl der von Armut betroffenen Menschen mit einem Tageseinkommen von weniger als einem Dollar zu halbieren. Dies gelingt nur durch wirtschaftliche Entwicklung der so genannten “Entwicklungsländer”. Tatsächlich ist nicht einmal im Ansatz erkennbar, wie dieses ehrgeizige Ziel erreicht werden soll. Durch protektionistische Handelshindernisse des Westens — der USA und der EU — werden die Anstrengungen der Entwicklungsländer sogar konterkarriert. Die Entwicklungshilfe der USA ist im Verhältnis zum amerikanischen Sozialprodukt beschämend gering. Dafür wird weltweit etwa das zwanzigfache der Gelder, die zur Armutsbekämpfung bereit gestellt werden, für Militärausgaben verwendet.
Das Ende des “Kalten Krieges” gibt die Möglichkeit, den Rüstungswettlauf zu beschränken. Auch hier sind die größten Militärmächte zuvorderst gefragt, sich zu positionieren. Die USA haben aber eine Reihe von internationalen Verträgen nciht ratifiziert oder gekündigt (ABM-Vertrag zur Begrenzung von Raketenabwehrsysten, Atomteststoppvertrag CTB) und entwickeln neue nukleare Waffen und neue Abwehrsysteme. Das wird zwangsläufig zumindest auch Russland und China zu eigenen Anstrengungen herausfordern. Die so beteiligten Mächte verstoßen gegen Artikel VI. des Nichtverbreitungsvertrages, der die Vertragsparteien seit 1968 verpflichtet “in redlicher Absicht Verhandlungen über wirksame Maßnahmen zur Beendigung des nuklearen Wettrüstens und zur nuklearen Abrüstung” zu führen. Gleichzeitig wird den “atomaren Habenichtsen” ein wunderbares Argument zur Hand gegeben, nunmehr doch selbst den Status von Atomwaffenstaaten anstreben zu dürfen. Der dadurch entstehende erneute atomare Rüstungswettlauf hat aber mit der Abwehr von Terroranschlägen nichts zu tun. Wenn die mehrfachen “overkill-Kapazitäten” abgeschafft würden, zugleich verbunden mit der internationalen Ächtung von chemischen und biologischen Waffen (mit Kompetenz zur Strafverfolgung durch den Internationalen Strafgerichtshof) wäre der Menschheit insgesamt ein großer Schritt in eine friedliche Zukunft gelungen.
Frieden ist machbar
Um Konflikte beizulegen, muss man sie erst verstehen
(Süddeutsche Zeitung, 27.08.2007)
Unter dieser Überschrift bespricht Jeanne Rubner in der Süddeutschen Zeitung das Buch von Claudia Faber: “Gemeinsam für den Frieden — Was wir dafür tun können”
(Ravensburger Verlag, 2007, 80 Seiten).
Es wendet sich an die jüngste Generaltion, die Generation der Zukunft. Allerdings sind die Überlegungen, die darin geäussert werden, bisweilen auch für uns Ältere bedenkenswert. Ich darf dazu aus der Buchbeschreibung einige Sätze zitieren:
“… Und die Beispiele, dass blutige Auseinandersetzungen auch beigelegt werden können, machen Mut: Zehn Jahre lang herrschte in Sierra Leone Bürgerkireg, seit ein paar Jahren wird das zerstörte Land wieder aufgebaut. Das ehemalige Jugoslawien konnte mit Hilfe der Nato und der Vereinten Nationen befriedet werden, in Nordirland .…
Frieden ist machbar — lehrt dieses Buch. … Die UN, so machtlos sie manchmal sein mögen, spielen eine wichtige Rolle, ebenso wie einzelne Vorbilder: Martin Luter King, Mutter Theresa, Nelson Mandela, der Dalai Lama oder auch Aung San Suu Kyi, die durch ihren friedlichen Protest gegen die Militärdiktatur in Birma die Welt immer wieder erinnert, dass die Generäle dort das Volk unterdrücken.…”
Vielleicht können auch die Seiten hier und unser Diskussionsforum dazu beitragen, etwas mehr Verständnis für die Situation anderer Menschen und anderer Kulturen zu erhalten. Sicher kann man in relativ wenigen Zeilen nicht alle Facetten eines komplexen Systems tiefgründig erläutern. Daher wird manches vereinfachend sein, sicher aber auch fehlerhaft in der Analyse und Bewertung: niemand ist perfekt. Aber wir bemühen uns um Sachlichkeit und Objektivität, und auch um Verständnis. Dazu kann der Dialog beitragen.
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(www.defence-forum.net)
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