Allgemein — Auf dem Weg zu einem elektrischen Schiffsantrieb

Die Antrieb­shis­to­rie unser­er Fre­gat­ten F 122 bis F125
Im Fol­gen­den soll die Entwick­lung der ver­schiede­nen Antrieb­ssys­teme in deutschen Fre­gat­ten in knap­pen Worten skizziert werden.

Marineforum Die Fre­gat­ten F 122 erhiel­ten einen CODOG-Antrieb: je Pro­peller eine Gas­tur­bine von 19.000 kW, ein Diesel von 3.800 kW, Inbe­trieb­nahme 1978/1979, Betrieb entwed­er Tur­bine oder Diesel. Sep­a­rate Antrieb­sstränge Bb. und Stb.

Aus Grün­den der Gewicht­seinsparung wurde eine Kom­bi­na­tion aus Plan­etengetriebe und zweistu­figem Stirn­radun­ter­set­zungs­getriebe gewählt. Der Stirn­rad­getriebe­satz stellt eine zweite Tur­bine­nun­ter­set­zungsstufe sowie ein zweistu­figes Diesel­getriebe dar. Der Diesel­trieb wurde bere­its in den siebziger Jahren im sehr kom­pak­ten so genan­nten »Nest­ed-Design« aus­ge­führt, die schnelle Stufe ist dop­pelschräg verzah­nt. Diesel und Tur­bine wer­den jew­eils über eigene SSS-(Überhol-) Kup­plung geschal­tet. Im Antrieb­sstrang gibt es wed­er Lamel­lenkup­plung noch Flüssigkeitskupplung.

Zur Opti­mierung der Geräus­che­mis­sion ist die gesamte Anord­nung von Plan­eten- und Stirn­rad­getriebe elastisch aufgestellt. Das sep­a­rate Druck­lager ist starr fun­da­men­tiert. Die seit­ens der Marine gestell­ten Geräuschan­forderun­gen wur­den deut­lich unter­schrit­ten. Das CODOG-Antrieb­skonzept wurde hier­mit zum Stan­dard für Fre­gat­ten und Korvetten.

Die nach­fol­gende F 123: CODOG, zwei Getriebe des Typs BGS 178 Lo, je Pro­peller eine Gas­tur­bine 19.000 kW und ein Diesel 3.600 kW, Inbe­trieb­nah­men 1989/1990, Betrieb von entwed­er Tur­bine oder Diesel. Bei­de Primär­maschi­nen wer­den jew­eils über eigene SSS-Kup­plun­gen geschal­tet. Im Antrieb­sstrang gibt es damit wed­er Lamellen- noch Flüs­sigkeit­skup­plun­gen. Im Sinne ein­er zeit­gemäßen und nochmals verbesserten Geräuschre­duzierung wur­den die Getriebe voll­ständig dop­pelschräg verzah­nt und elastisch aufgestellt. Die Ver­wen­dung des »locked train«-Prinzips, Aufteilung des Drehmo­mentes auf zwei Zah­n­rad­paare und zwis­chengeschal­teter drehwe­ich­er Wellen, führte zu ein­er kom­pak­ten, aber den­noch deut­lich wartungs­fre­undlichen Bauform. 

Marineforum Zehn Jahre später erhiel­ten die Fre­gat­ten der Klasse 124 einen nun von der bish­eri­gen Ausle­gung abwe­ichen­den CODAG-Antrieb: Haupt­getriebe Back­bord, Haupt­getriebe Steuer­bord, zusät­zlich ein Getriebe zur Verbindung von Back- und Steuer­bor­dan­lage (»Cross-Con­nect« Getriebe – CCG). In der Summe zwei Diesel und eine Tur­bine wirken somit auf zwei Pro­peller. Tur­bine 23.500 kW, Diesel je 7.400 kW.

Auf der F 124 wird erst­mals CODAG real­isiert, das beschriebene Verbindungs­getriebe CCG ist eben­falls eine Neuheit. Es kon­nten damit schon im Bau­ver­trag die Kosten für eine Tur­bine einges­part werden.

Diesel­mo­toren wer­den an das jew­eilige Haupt­getriebe über Flüs­sigkeit­skup­plung und zweistu­figes Schalt­getriebe mit Lamel­lenkup­plun­gen angekup­pelt. Die Gas­tur­bine wird über SSS-Kup­plung geschal­tet. Cross-Con­nect verbindet die Haupt­getriebe über Mem­brankup­plun­gen und wird über Lamel­lenkup­plun­gen zugeschal­tet. Zur Geräuschop­ti­mierung sind die Getriebe dop­pelschräg verzah­nt und dop­pelt-elastisch gelagert, die entsprechen­den Anforderun­gen wer­den über­erfüllt. Ein kon­ven­tionelles Schublager befind­et sich in deut­lichem Abstand achter­lich des Getriebes.

Der Vorschlag für die jet­zt unter Ver­trag gegan­genen Fre­gat­ten F125 sieht ein Konzept in der so genan­nten CODELAG2 (Com­bined Diesel-Elec­tric And Gas Tur­bine) ‑Anord­nung vor: Haupt­getriebe Back­bord, Haupt­getriebe Steuer­bord, Verbindungs­getriebe (»Cross- Con­nect«) zur Verbindung von Back­bord- und Steuer­bor­dan­lage. In der Summe zwei Elek­tro­mo­toren und eine Tur­bine wirken somit auf zwei Pro­peller. Die E‑Motoren ste­hen vor dem Getriebe, die Gas­tur­bine achter­lich des Getriebes. Das Drehmo­ment der E‑Motoren wird über Lamel­len­schaltkup­plun­gen durch das jew­eilige Haupt­getriebe hin­durchgeleit­et, bei reinem E‑Betrieb ste­ht der kom­plette Getriebe­satz. Bei Betrieb der Tur­bine drehen Cross-Con­nect und Haupt­getriebe. Die Haupt­getriebe wer­den über weit­ere Lamel­len­schaltkup­plung auf die Pro­peller­welle geschal­tet. Die Leis­tung eines E‑Motors beträgt 4.500 kW, die der Tur­bine 20.000 kW.

Die Anord­nung der bei­den unter­schiedlich großen Lamel­lenkup­plun­gen zur Schal­tung von E‑Motor und Getriebe auf die Pro­peller­welle bildet in Verbindung mit ein­er Mem­brankup­plung zum Aus­gle­ich von Bewe­gun­gen inner­halb des schiff­baulichen Fun­da­ments die (zum Patent angemeldete) »Advanced Pro­peller Clutch«. Diese APC befind­et sich in einem zum Getriebesys­tem getren­nt aufgestell­ten, sep­a­rat fun­da­men­tierten Gehäuse. Die beschriebene Anord­nung ges­tat­tet ein voll­ständi­ges Tren­nen sowohl von Gas­tur­bine und Getriebe als auch der E‑Motoren vom Wellenstrang.

Diese kurz skizzierte Entwick­lung der deutschen Fre­gat­tenantriebe lässt sich wie fol­gt zusam­men­fassen: F 122 und F 123 bilden klas­sis­che CODOG-Lösun­gen, entwed­er Tur­bine oder Diesel sind im Ein­griff. Das Getriebe zur F 123 ist aus Grün­den der Geräuschmin­imierung erst­ma­lig kom­plett dop­pelschräg verzah­nt aus­ge­führt. Back­bord- und Steuer­bor­dan­lage ver­fü­gen über keine mech­a­nis­che Verbindung. Prinzip­ieller Nachteil der CODOG-Anord­nung ist der Ein­satz zweier Gas­tur­binen von ca. 20 MW Leis­tung, welche den­noch max­i­mal nur drei bis fünf Prozent der gesamten Ein­satzzeit betrieben wer­den. Bei Schnell­fahrt kann die Dieselleis­tung nicht einge­set­zt wer­den. Im Diesel­be­trieb ist der Wirkungs­grad mit 93 Prozent ungün­stiger als der ein­er CODAG-Anlage, da das Getriebe in diesem Zus­tand bei nur 30 Prozent sein­er Nennleis­tung ver­wen­det wird.

Erst­ma­lig in der F 124 kommt eine CODAG-Lösung zum Ein­satz ein­schließlich der zusät­zlichen mech­a­nis­chen Verbindung von Back­bord- und Steuer­bor­dan­lage über das Cross-Con­nect-Getriebe. Die F 124 kon­nte in Folge mit nur ein­er anstelle der bish­er üblichen zwei Tur­binen aus­gerüstet wer­den (Kosten­erspar­nis bei Abschluss des Bau­ver­trages ca. 8 Mio. DM). Zwei Diesel ste­hen weit­er zur Ver­fü­gung; die gesamte instal­lierte Leis­tung kann simul­tan auf die Pro­peller gebracht wer­den. Diesel­maschi­nen kön­nen mit­tels des Schalt­getriebes im jew­eils gün­stig­sten Drehzahlbere­ich arbeit­en. Flüs­sigkeit­skup­plun­gen dämpfen Drehmo­mentstöße der Antrieb­s­maschi­nen. Das Sys­tem ist äußerst flex­i­bel, beispiel­sweise kann ein Diesel alleine bei­de Pro­peller treiben. Der Betrieb bei­der Diesel im inef­fizien­ten niederen Drehzahlbere­ich wird vermieden.

Die Anord­nung der F 124 ver­ringert das Leis­tungs­gewicht der Antrieb­san­lage, da die gesamte instal­lierte Leis­tung gle­ichzeit­ig zur Ver­fü­gung ste­ht. Eine einzige, nun leis­tungs­gesteigerte Tur­bine tritt an die Stelle der zuvor dop­pelt vorhan­de­nen Instal­la­tion; umfan­gre­iche Periph­erie zur Tur­bine­nan­lage wird einges­part. Bei Tota­laus­fall oder Wartung eines Diesels ste­hen bei­de Pro­peller weit­er für Betrieb unter Diesel bei Ver­wen­dung der zweit­en Mas­chine zur Verfügung.

Im näch­sten Schritt zur F125 verbindet die neue Ausle­gung als CODE­LAG-Anlage nun die Vorteile von diese­lelek­trischem und mech­a­nis­chem Antrieb. Sehr flex­i­bel kann die vorhan­dene elek­trische Leis­tung bei Bedarf auf die E‑Motoren geschal­tet wer­den. Alle Verzah­nungsstufen ste­hen im rein elek­trischen Betrieb still. Hier­durch wer­den Verzah­nungs­geräusche und Ver­lustleitung ver­mieden. Für hohe Geschwindigkeit­en kann das niedrige Leis­tungs­gewicht der Gas­tur­bine genutzt wer­den. Die Flex­i­bil­ität der Getriebe­mo­di entspricht im Übri­gen der CODAG-Anord­nung der F 124. Hier­mit ist ein Opti­mum an Inte­gra­tion, Flex­i­bil­ität und Effizienz erreicht.

Neben den beschriebe­nen deutschen Fre­gat­ten nutzen Schiffe z.B. der US-amerikanis­chen Küstenwache ein Antrieb­skonzept ähn­lich dem der F 124, das Baupro­gramm läuft unter der Beze­ich­nung »Nation­al Secu­ri­ty Cut­ter (NSC)«. Die südafrikanis­che Marine set­zt in ihren vier mod­ern­sten Korvet­ten eben­falls auf ein Sys­tem von quer ver­bun­den­em Back­bord- und Steuer­bor­d­haupt­getriebe. Drei Schalt­stufen kom­men hier an den Diese­le­ingän­gen zum Ein­satz. Ein Water­jet wird über einen unab­hängi­gen weit­eren zweistu­fi­gen Getriebe­satz von ein­er Gas­tur­bine angetrieben. Die Antrieb­sart wird als CODAG WARP (Water jet And Refined Pro­peller) beze­ich­net. Trotz neun­zehn gle­ichzeit­iger Ein­griffe inner­halb der Räder­kette wur­den alle Kör­per­schal­lan­forderun­gen übertroffen.

Zwei Beispiele jedoch zeigen, welche Zukun­ft der elek­trische Antrieb haben kann. Das Vorhaben ein­er beson­deren Größenord­nung und einen entschei­den­den Schritt in Rich­tung VES und elek­trisch­er Antrieb stellt das US-Pro­jekt des DDG 1000 dar, früher auch DD(X) und DD 21 genan­nt, die neue ZUMWALT-Klasse. In ein­er Plat­tform von 14.000 t Ver­drän­gung wird ein voll-elek­trisches Sys­tem, das Inte­grat­ed Pow­er Sys­tem (IPS), betrieben, das mit Hil­fe von zwei Rolls-Royce MT-30 Tur­binen mit je 36 MW Leis­tung, zwei Gas­tur­binen von je 4,5 MW und den zuge­höri­gen RR4500 Gas­tur­binen-Gen­er­a­torsätzen sowie zwei Induk­tion­s­mo­toren ein Energiepoten­zial von 80 MW für Antrieb und Waf­fen­sys­tem liefert. Auch der kleinere Type 45 Zer­stör­er der Roy­al Navy (DAR­ING-Klasse) mit 7.350 t Ver­drän­gung erhält einen elek­trischen Antrieb. Zwei WR-21 Gas­tur­binen von je 21,5 MW auf zwei 15-phasige Induk­tion­s­mo­toren von je 20 MW wer­den dem Schiff eine Spitzengeschwindigkeit von 31,5 kn geben.

Team GlobDef

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