Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der “Marineforum — Zeitschrift für maritime Fragen” veröffentlicht.
Die südafrikanische Bürgerrechtlerin Frau Dr. Ruth Segomotsi Mompati taufte am 15. Juni 2004 als erste Taufpatin bei der Kieler Werft Howaldtswerke Deutsche Werft AG (HDW) an einem Tag zwei Neubauten, am Vormittag das U‑Boot S 101 und am Nachmittag die Korvette MENDI.
Frau Mompati wurde 1927 geboren und ist heute die Bürgermeisterin ihrer Heimatstadt Vryburg. Nach ihrer Schulausbildung war sie sieben Jahre als Lehrerin tätig und fand anschließend eine Anstellung als Sekretärin in der Anwaltskanzlei von Nelson Mandela. Sie wurde Mitglied im African National Congress (ANC) und begann sich besonders für die Rechte der Frauen und Kinder einzusetzen. Sie organisierte Protestaktionen gegen die Regierung und musste 1962 das Land verlassen. Auch während ihres Exils blieb sie für den ANC tätig und versuchte immer wieder, die Welt auf den Kampf der schwarzen Südafrikaner gegen das Apartheid-Regime aufmerksam zu machen. Nach dessen Ende kehrte sie 1991 definitiv nach Südafrika zurück, war Mitglied des südafrikanischen Parlaments und Botschafterin ihres Landes in der Schweiz. Mit der Ernennung zur Taufpatin von S 101 und MENDI wird Ruth Segomotsi Mompati für ihren unermüdlichen Kampf für die Rechte der schwarzen Bevölkerung und ihre Mitwirkung bei der Entstehung des heutigen südafrikanischen Staates geehrt.
Der Vertrag über die Lieferung von drei hochmodernen U‑Booten der Klasse 209/1400-mod für die südafrikanische Marine trat am 12. Juli 2000 in Kraft. Der Auftrag hat ein Volumen von ca. 700 Millionen Euro und ist Teil eines Vertragspaketes, das das German Submarine Consortium (GSC), bestehend aus Howaldtswerke Deutsche Werft AG, Kiel, Nordseewerke GmbH, Emden, und Ferrostaal AG, Essen, am 3. Dezember 1999 in Pretoria mit der Regierung Südafrikas unterzeichnet hatten. Bei den U‑Booten handelt es sich um die modernste Version der konventionellen Klasse 209, die vom deutschen Lieferkonsortium seit vielen Jahren erfolgreich exportiert wird. Von diesem erfolgreichsten U‑Bootstyp seit dem Zweiten Weltkrieg sind weltweit in dreizehn Ländern 61 Boote im Einsatz beziehungsweise im Bau oder unter Vertrag. Der Lieferumfang des Konsortiums umfaßt neben Bau und Ablieferung der Boote auch Training, logistische Unterstützung und Simulationstechnik. Als Gegengeschäft wird das Konsortium umfangreiche Investitionen und industrielle Förderungsmaßnahmen in Südafrika gewährleisten. Südafrikanische Unternehmen sind im militärischen und zivilen Teil des Vertrages maßgeblich beteiligt. In Deutschland sichert der Vertrag über Jahre zahlreiche anspruchsvolle Arbeitsplätze auf den Werften in Kiel und Emden, aber auch bei der Zulieferindustrie im Binnenland.
Am 22. Mai 2001 begann mit dem Verschweißen der ersten Sektion in Kiel die Fertigung der Bauserie. Unter Nutzung des Serieneffekts sind durch Zulieferungen die Nordseewerke und die HDW-Tochter Kockums in die Fertigung mit eingebunden. Während in Schweden die Hecksektionen hergestellt werden, liefert die Emder Werft Druckkörpersektionen. Der Zusammenbau und die Endausrüstung des ersten Bootes erfolgt in Kiel. Die beiden übrigen werden in Emden fertiggestellt. Im Juli 2005 wird S 101 als erstes Boot an den Auftraggeber abgeliefert und bis zum Sommer 2007 soll das Gesamtprojekt abgeschlossen sein.
Mit 62 m Länge und einem Druckkörperdurchmesser von 6,2 m verdrängen die südafrikanischen U‑Boote der Klasse 209/1400-mod aufgetaucht 1.454 t und getaucht 1.586 t. Die Boote sind als Einhüllen-Boote konstruiert und ihre Tauchtiefe beträgt mehr als 200 m. Besondere Aufmerksamkeit wurde bei Entwicklung und Bau der Klasse 209 auf Schwerortbarkeit und auf Signaturreduzierung gelegt. Die Boote werden mit einer Stammbesatzung von 30 Mann gefahren und haben einen dieselelektrischen Antrieb. Die Bewaffnung besteht aus acht Torpedorohren. Das Boot besitzt ein integriertes Sonar und kann auf Wunsch mit einem außenluftunabhängigen Brennstoffzellen- oder Stirling-Antrieb nachgerüstet werden. Die Hauptaufgaben des Bootes sind Aufklärung, Überwachung und Beobachtung.
Neben neuen U‑Booten erhält die südafrikanische Marine im Rahmen des oben erwähnten Vertragspaketes auch vier Einheiten des Korvetten-Typs MEKO A‑200 SAN. Nach einer mehrjährigen Verhandlungsphase wurde dieser Auftrag ebenfalls am 3. Dezember 1999 zwischen der Republik Südafrika und dem European South African Corvette Consortium (ESACC) abgeschlossenen. Die ESACC übernimmt die Funktion des Generalunternehmers und besteht aus dem German Frigate Consortium (GFC, Blohm+Voss,
Howaldtswerke-Deutsche Werft AG, Thyssen Rheinstahl Technik) sowie Thales Naval (Frankreich) und African Defence Systems (Südafrika). Die MEKO-Technologie (Mehrzweck Kombination) ist gekennzeichnet durch die modulare Bauweise. Unterschiedliche aber standardisierte Module für Waffen, Elektronik, Mastaufbauten, Schiffsbetriebseinrichtungen und Gerätepaletten lassen sich als Funktionseinheiten einrüsten. Die Konstruktion des Schiffskörpers und die Fertigung der Module erfolgt zeitlich parallel. Kurze Bauzeiten und Kosteneinsparung sowie große Flexibilität in der Zusammenstellung der Systemkomponenten sind charakteristische Merkmale des MEKO-Prinzips. Auch später notwendig werdende Reparaturen, Modernisierungen oder Umrüstungen können kostengünstig und mit geringem Aufwand durchgeführt werden.
Die neu getaufte MENDI ist die zweite Korvette, die von HDW für die südafrikanische Marine gebaut wurde. Ihre Vorgängerin ISANDLWANA, sowie die beiden bei Blohm+Voss in Hamburg gebauten Einheiten AMATOLA und SPIOENKOP, befinden sich bereits in ihrem Stützpunkt Simonstown in Südafrika. Baubeginn der MENDI bei HDW war der 6. Dezember 2001, die Kiellegung erfolgte am 28. Juni 2002 und das Schiff schwamm am 24. Oktober 2003 im großen Dock auf. Die Korvette wurde im Anschluss an die Taufe an die südafrikanische Marine übergeben und in Dienst gestellt. Sie verließ HDW am 18. Juni 2004 zu Ausbildungsfahrten in der Ostsee und trat Mitte August ihre Reise nach Südafrika an. Der Name MENDI geht auf ein Truppentransportschiff zurück, das im Februar 1917 im Ärmelkanal nach einer Kollision sank. Bei dieser Havarie ließen 607 Soldaten des South African Native Labour Core ihr Leben. Obwohl sie die Schlachtfelder Europas nie betreten hatten, werden diese Männer dennoch in Südafrika als Helden verehrt.
Bei 121 Meter Länge, 16,34 Meter Breite und einem Tiefgang von 3,4 Metern verdrängen die Korvetten rund 3.500 Tonnen. Die Besatzungsstärke beträgt 100 Mann. Die Schiffe sind mit dem neuartigen Antriebssystem CODAG WARP (Combined Diesel and Gasturbine — Waterjet and Refined Propellers) ausgerüstet, das aus einem kombinierten Propeller- und Wasserstrahl-Antrieb besteht. Die Marschgeschwindigkeit liegt bei 20 kn und die Höchstgeschwindigkeit beträgt über 27 kn. Darüber hinaus besitzen die Korvetten ausgeprägte Stealth-Eigenschaften. Die besondere Formgebung bei Rumpf und Aufbauten erschwert die Radar-Ortung. Der Eigenmagnetismus und der Geräuschpegel sind weitgehend reduziert. Bewaffnet sind die Schiffe mit acht Schiff-Schiff-Flugkörpern, 16 Schiff-Luft-Flugkörpern, je einem Geschütz Kaliber 76 mm und 35 mm sowie zwei Decoy-Werfern. Im Hangar kann ein Hubschrauber mitgeführt werden.