Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen” veröffentlicht.
Einsatzführung für Deutsche Einheiten in maritimen Einsätzen
Von Andreas Uhl
(FKpt Andreas Uhl ist ständiger Mitarbeiter der Redaktion des MarineForum)
Deutschland beteiligt sich aktuell an vier durch den Bundestag mandatierten maritimen Operationen, die unterschiedlicher kaum sein können. Es sind:
Die seit Dezember 2008 am Horn von Afrika zum Schutz der Seeschifffahrt eingesetzte EU NAVFOR Somalia, Operation Atalanta, deren Einheiten im ersten maritimen Einsatz der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsidentität (ESVI) der Europäischen Union (EU) in See stehen:
Die seit 2006 operierende Maritime Task Force 448 (TF 448) der Vereinten Nationen (UN) als Teil der United Nations Interim Forces In Lebanon (UNIFIL);
Die seit 2001 als Reaktion der USA auf die Terroranschläge des 11. September aufgestellte Task Force 150 (TF 150) der aus dem US-Naval Central Command (USNAVCENTCOM) in Bahrain geführten Operation Enduring Freedom/Maritime (OEF/M). Deutsche Einheiten sind im Rahmen von Art. 51 der Charta der Vereinten Nationen und unter den Voraussetzungen des Art. 5 des NATO-Vertrages Teil der Operation. Durch diese Operation soll am Horn von Afrika Terroristen der Zugang zu Rückzugsgebieten verwehrt und potenzielle Transportwege abgeschnitten werden;
Die gleiche Zielsetzung verfolgen die NATO geführten Seestreitkräfte im Mittelmeer im Rahmen der Operation Active Endeavour (OAE).
Im Folgenden soll kurz auf die drei erstgenannten Einsätze eingegangen werden, die bei aller Unterschiedlichkeit doch Eines gemeinsam haben: Sie werden national durch den Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, zzt. Generalleutnant Rainer Glatz, geführt.
Nicht eingegangen wird auf andere Operationen, an welchen Marinepersonal beteiligt ist und für die auch das Einsatzführungskommando verantwortlich zeichnet, zum Beispiel die Einsätze in Afghanistan und auf dem Balkan oder die Beobachtermissionen.
Die Befehlsgebung für die meisten Einsätze deutscher Streitkräfte folgt, nach Erteilung eines Mandates, einer klaren Struktur, die sich in drei Ebenen gliedert.
An der Spitze steht die Politik mit dem parlamentarischen Mandat auf Grundlage des Antrages der Bundesregierung, hier dargestellt durch den Bundesminister der Verteidigung.
Ihm ist der Generalinspekteur unterstellt, dem der Einsatzführungsstab im Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) zur Seite steht. Beide zusammen bilden die strategische Ebene.
Darunter schließt sich die operative Ebene mit dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr an.
Bildquelle: Marineforum |
Dies sowie auch die nachfolgenden, grundsätzlichen Ausführungen gelten für alle Einsätze unter der Ägide des Einsatzführungskommandos, also auch die Operationen in Afghanistan und auf dem Balkan.
Die Führungsstrukturen
Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr nimmt den Auftrag der nationalen Einsatzplanung und ‑führung wahr. Dabei werden die Vorgaben der politischen Leitung im militärischen Führungsprozess in Aufträge, Befehle und Weisungen umgesetzt. Deren Ausführung folgt dann auf der taktischen Ebene durch die Einsatzkontingente, die aber immer einem zweiten Befehlsstrang zu folgen haben: Da die Einsätze der Bundeswehr grundsätzlich im multinationalen Rahmen ablaufen, unterstehen die deutschen Kontingente in der Regel auch einem entsprechenden NATO‑, EU- oder UN-Hauptquartier.
Der Auftrag erfordert aber nicht nur die Zusammenarbeit auf multinationaler Ebene, sondern auch und primär die Zusammenarbeit mit den Führungskommandos von Heer, Luftwaffe, Marine, Streitkräftebasis und Sanitätsdienst sowie dem Bundesamt für Wehrverwaltung.
Die »Truppen stellenden Kommandos« sind verantwortlich für die Vorbereitung ihrer personellen und materiellen Beiträge zu den Einsatzkontingenten sowie für deren personelle und materielle Durchhaltefähigkeit. Die betroffenen Truppenteile (bei maritimen Einsätzen in der Regel Schiffe, Boote und Marinefliegerkräfte) werden für den Einsatz durch einen Transfer-of-Authority (ToA) national vom Truppensteller zum Einsatzführungskommando sowie multinational der Operational Control (OPCON) der NATO, UN oder EU unterstellt.
OPCON für deutsche Einheiten in UNIFIL wird übertragen an den Force Commander im UNIFIL-Hauptquartier in Naquora/Libanon, für Atalanta an den Operations Commander in Northwood/Großbritannien und für OEF/M wird lediglich Tactical Control (TACON) nach US-amerikanischer Definition an den Commander USNAVCENT in Bahrain übertragen.
Mit Transfer-of-Authority erfolgt die Führung national aus »einer Hand«. Die hier beleuchteten maritimen Operationen werden seit April 2009 (Inkrafttreten der neuen Projektgliederung Einsatzführungskommando (siehe Grafik unten) im Auftrag des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos durch die »Einsatzgruppe Maritime Operationen« geführt.
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Diese ist Teil der Abteilung Einsatzkoordination. Bei der Einsatzgruppe Maritime Operationen gibt es für jeden der drei Einsätze einen designierten Einsatzführer, der als »Single-Point-of-Contact« von der operativen Ebene »nach unten«, beziehungsweise von der taktischen Ebene »nach oben« fungiert.
Die Einsatzplanung
Bevor aber die Kräfte in den Einsatz verlegen, bedarf es eines komplexen Planungsprozesses. Dieser Planungsprozess erfolgt fähigkeitsbezogen, das heißt es wird nicht ein Schnellboot oder eine Fregatte mit Feldjägern, sondern zum Beispiel die Fähigkeit zur See- oder Luftraumüberwachung, zum Boarden von Handelsschiffen oder zur Gewahrsamnahme von Piraterieverdächtigen gefordert.
Nach Weisung des Bundesministeriums der Verteidigung plant das Einsatzführungskommando in enger Abstimmung mit allen Truppen stellenden Führungskommandos die einzelnen Kontingente aus. Dabei werden zunächst im oben genannten Sinne operative Fähigkeitsforderungen (OFF) erstellt. Die einzelnen Fähigkeiten werden durch die Truppensteller im Anschluss mit Material und Personal unterlegt. Dieses bildet nun das deutsche Einsatzkontingent. Der beschriebene Prozess wiederholt sich im Rhythmus der Kontingentwechsel für jeden Einsatz.
Die Einsatzführung
Einsatzführung steht vor allem für die andauernde Gewährleistung der Einsatzbereitschaft und Einsatzbefähigung der deutschen Kräfte, die einem multinationalen Kommandeur zur Verfügung gestellt werden. In der Praxis kommen aus dem Bereich Einsatzführung die Vorgaben für die operativen, logistischen und personellen Fragestellungen der Einsätze. Der Einsatzführer koordiniert alle Kontingent bezogenen Angelegenheiten
hausintern mit den Fachabteilungen,
national mit dem Führer des jeweiligen Einsatzkontingentes,
multinational mit den beteiligten Hauptquartieren,
administrativ mit den Truppenstellern sowie
operativ mit dem Einsatzführungsstab im BMVg.
Der Schwerpunkt der täglichen Praxis des Einsatzführungskommandos liegt rein quantitativ sicher im Bereich der Unterstützungsaufgaben. Von besonderer Bedeutung und Wichtigkeit ist aber ein weiterer Gesichtspunkt: das Sicherstellen, das sich die Einsätze deutscher Soldaten stets im Rahmen des jeweiligen Mandats, des Parlamentsauftrages und der deutschen Rechtsordnung bewegen.
Kommandogebäude Bildquelle: PIZ EinsFüKdo |
Mit anderen Worten: Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr ist mit dem Auftrag der nationalen Einsatzführung und ‑planung auf der operativen Ebene der »Single-Point-of-Contact« sowohl für die Einsatzkontingente auf der taktischen Ebene als auch für die »auf Zusammenarbeit angewiesenen« Führungskommandos der Teilstreitkräfte und militärischen Organisationsbereiche. Der Auftrag der nationalen Einsatzführung und ‑planung umfasst als wesentliche Leistung des Einsatzführungskommandos neben der truppendienstlichen Führung der Kontingente das Überwachen der Mandatskonformität des Einsatzes (und des fähigkeitsbezogenen Ansatzes) deutscher Streitkräfte im Rahmen einer multinationalen Operationsführung.
Damit geht es nicht allein um eine Koordination oder Administration von Einsätzen deutscher Streitkräfte, sondern vielmehr um eine ständig laufende Auswertung multinationaler Operationsplanungen – und damit um einen eigenständigen nationalen, die multinationale Operationsführung unterstützenden Führungsprozess.
Die daraus resultierenden Maßnahmen müssen daher stets im Gesamtkontext der Aufgabenerfüllung und mit Blick auf die Gesamtverantwortung des Befehlshabers betrachtet werden. Dies bildet sich auch in der dafür im Einsatzführungskommando der Bundeswehr eingenommenen Projektorganisation ab. Seit dem 1. April 2009 hat das Kommando eine Gliederung wie in Grafik links dargestellt eingenommen, bei der Planung, Führung und Auswertung jeweils in einer Hand liegen. Ziel der Umgliederung war es, primär die Unterstützung für die Einsatzkontingente zu verbessern. Mit anderen Worten: Das Einsatzführungskommando hat sich mit seinem operativen Kern konsequent auf eine effektive und effiziente nationale Planung und Führung der streitkräftegemeinsamen Einsätze auf operativer Ebene ausgerichtet.
Darüber hinaus wird durch die Umstrukturierung im Bereich »Einsatzkoordination« die Kompatibilität mit den Strukturen des 2008 aufgestellten Einsatzführungsstabes des BMVg gewährleistet. Die klassische NATO-Stabsstruktur findet bei den unterstützenden Fachabteilungen Anwendung, was die Arbeitsbeziehungen in den multinationalen Bereich hinein erleichtert. Zusätzlich erleichtert die Anwesenheit von zwölf Verbindungsoffizieren aus Partnernationen gemeinsamer Einsätze die Zusammenarbeit im multinationalen Bereich.
Operationszentrale Bildquelle: PIZ EinsFüKdo |
Aus der Operationszentrale (OPZ) des Einsatzführungskommandos erfolgt die Überwachung und Darstellung der laufenden Operationen der Einsatzkontingente 24 Stunden täglich, 7 Tage die Woche. Aufgabe der OPZ ist auch.
die Sicherstellung des Informationsflusses zwischen den Einsatzkontingenten und dem Einsatzführungskommando, den Truppenstellern und dem Bundesministerium der Verteidigung,
die Einleitung von Erstmaßnahmen in Sonderfällen, wie zum Beispiel bei Unfällen oder Anschlägen und
die Übernahme der Funktion des Leitfamilienbetreuungszentrums nach Dienst und am Wochenende.
Im Kommandogebäude wird allerdings noch eine zweite Operationszentrale mit identischem, spiegelverkehrten Layout und gleicher IT- und Fernmeldeausrüstung vorgehalten. Diese OPZ 2 wird im Bedarfsfall für andere nationale Operationen genutzt, insbesondere für Evakuierungsoperationen für den Fall der Gefährdung deutscher Staatsbürger in Krisengebieten. Sie wird entsprechend der jeweiligen Aufgabenstellung durch vorgeplantes Personal des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr besetzt.
Das Einsatzmeldewesen
Neben den im Wochenablauf festgelegten Führungsgesprächen zwischen dem Befehlshaber des Einsatzführungskommandos und den nationalen Kontingentführern gibt es ein vielschichtiges Informationsgeflecht, um zeitgerecht und detailliert über alle wesentlichen Geschehnisse informiert zu sein. Formell werden durch tägliche Meldungen aus dem Kontingent sowie tägliche Weisungen in das Kontingent alle notwendigen Informationen und Anweisungen strukturiert und kontrolliert.
Ebenfalls legen die Kontingente täglich eine aus taktisch-operativer Sicht erstellte »Bewertete Meldung Kontingent« vor, die nach Auswertung und Bewertung im Einsatzführungskommando sowie nach persönlicher Billigung durch den Befehlshaber in eine »Bewertete Meldung Einsatzführungskommando « aus operativ-strategischer Sicht an den Generalinspekteur der Bundeswehr umgesetzt wird. Für dieses so genannte Einsatzmeldewesen der Bundeswehr wird das »Führungs-/Informationssystem Streitkräfte« genutzt.
Die maritimen Operationen
Derzeit sind rund 7.000 Bundeswehrangehörige unter der Führung des Einsatzführungskommandos im Einsatz. Daran sind die drei maritimen Einsätze mit ungefähr 540 Personen beteiligt. Im Einzelnen sind dies:
OEF/Maritime mit aktuell circa 90 im Einsatz befindlichen deutschen Soldatinnen und Soldaten.
Der Deutsche Bundestag hat am 3.Dezember 2009 der Verlängerung des Einsatzes bewaffneter Kräfte an der Operation Enduring Freedom (OEF) bis zum 15. Dezember 2010 zugestimmt, um mit maritimen militärischen Fähigkeiten zur Abwehr des internationalen Terrorismus beizutragen. Seit 2002 beteiligt sich Deutschland durchgehend an der Task Force 150 mit Schiffen und Booten beziehungsweise an der Task Force 57 mit Seefernaufklärungsflugzeugen. Sechsmal bereits haben deutsche Admirale die Task Force 150 (multinationaler Designator) in See geführt, zuletzt bis April 2009 Flottillenadmiral Brinkmann auf der Fregatte MECKLENBURG-VORPOMMERN. Dem Führer deutsches Einsatzkontingent OEF, dem Commander Task Group 500.01 (nationaler Designator), aktuell ein Fregattenkapitän der Marineflieger, untersteht das Maritime Patrol Aircraft Detachment (MPA Det.) in Djibouti ebenso, wie die dort zur logistischen Unterstützung deutscher Einheiten am Horn von Afrika betriebene »Deutsche Verbindungs- und Unterstützungsgruppe« (DVUG).Auch untersteht ihm das deutsche Verbindungspersonal im Hauptquartier des USNAVCENTCOM in Bahrain. Der deutsche Kräftebeitrag für das mittlerweile 21. deutsche Einsatzkontingent OEF(M) besteht aktuell aus einer P3‑C Orion des Marinefliegergeschwaders 3 »Graf Zeppelin« in Nordholz. Dieser Seefernaufklärer teilt sein Einsatzflugstundenkontingent mit der EU NAVFOR Somalia Operation Atalanta, die bekanntlich teilweise im selben Seegebiet operiert.
Die TF 150 wird derzeit durch einen australischen Commodore geführt (zwischen den Nationen rotierender Dienstposten), die TF 57 durch einen US Captain (an USA gebundener Dienstposten). Beide unterstehen dem US amerikanischen Vice Admiral Gortney, COM US NAVCENT und Commander Combined Maritime Force (COM CMF).
UNIFIL mit derzeit circa 250 im Einsatz befindlichen deutschen Soldatinnen und Soldaten.
Der Deutsche Bundestag hat am 20. September 2006 beschlossen, dass die Bundesrepublik Deutschland sich mit militärischen Fähigkeiten an der United Nations Interim Forces In Lebanon (UNIFIL) beteiligt. Auftrag ist es, den libanesischen Küstenbereich zu überwachen und somit illegale Waffentransfers über See in den Libanon, gemäß UN-Sicherheitsresolution 1701, zu verhindern. Dieses Mandat wurde zuletzt am 3. Dezember 2009 bis zum 30. Juni 2010 verlängert.
Wesentliche Anteile dieser Fähigkeiten werden durch die Teilstreitkraft Marine für den Einsatzverband UNIFIL Task Group (TG) 500.03 (nationaler Designator) sichergestellt. Aktuell setzt sich die TG 500.03 aus dem Tender MOSEL, dem Minenjagdboot KULMBACH sowie dem Hohlstablenkboot AUERBACH I. OPF zusammen. Der Kommandeur Deutsches Einsatzkontingent UNIFIL, ein Fregattenkapitän, hat das Kommando über die Task Group 500.03 inne. An der Maritime Task Force 448 (MTF 448 – multinationaler Designator) beteiligen sich außerdem – unter dem Kommando des italienischen Rear Admiral Sandalli – noch eine italienische Fregatte (Flaggschiff), eine türkische Fregatte sowie ein griechisches Schnellboot. Deutschland stellt traditionell die stärksten Kräfte in der Maritime Task Force 448.
Bis 30. November 2009 stellte Deutschland zum vierten Mal den Commander Maritime Task Force, zuletzt war dies Flottillenadmiral Mannhardt an Bord seines Flaggschiffes, der Fregatte SCHLESWIG-HOLSTEIN. Die Aktuelle Weisungslage ist, die deutsche Beteiligung an der MTF UNIFIL bis zum 30. Juni 2010 im Umfang von zwei Minenabwehrfahrzeugen, einer Unterstützungsplattform und Unterstützungselementen fortzusetzen. Der Einsatzverband stützt sich während des Einsatzes im Rahmen von UNIFIL hauptsächlich auf den Hafen Limassol auf Zypern und das dort angelegte logistische Verbindungskommando ab, dem unter anderem auch Komponenten der Führungsunterstützung und des Militärischen Nachrichtenwesens zugeordnet sind. Die deutschen Kräfte in der Operation UNIFIL bilden mit Stand April 2010 das 11. deutsche Einsatzkontingent UNIFIL.
Weiterhin werden Kräfte zur Verwendung in den zur Führung von UNIFIL gebildeten Stäben und Hauptquartieren einschließlich der Kräfte zur Unterstützung der Führungsfähigkeit eingesetzt. Im Einsatzgebiet gehören hierzu das deutsche Verbindungselement im Force Headquarter (FHQ) in Naquora im Libanon sowie ein Verbindungsoffizier im Stab des CTF 448 auf dessen Führungsplattform. Force Commander für alle Kräfte – auch der Landstreitkräfte – der UN im Libanon ist der spanische Generalmajor Alberto Asarta Cuevas.
EU NAVFOR Somalia – Operation Atalanta mit circa 230 im Einsatz befindlichen Soldatinnen und Soldaten.
Der Deutsche Bundestag hat am 19. Dezember 2008 beschlossen, sich mit einem signifikanten Beitrag an der Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias im Rahmen der EU-geführten Operation Atalanta zu beteiligen. Der Auftrag leitet sich aus den UN-Sicherheitsratsresolutionen 1816, 1838, 1846 (2008) und 1897 (2009) ab und umfasst insbesondere folgende Aufgaben:
Gewährung von Schutz für die Schiffe des Welternährungsprogramms unter anderem durch die Präsenz von bewaffneten Kräften an Bord dieser Schiffe, insbesondere wenn sie die Hoheitsgewässer Somalias durchqueren;
Im Einzelfall und bei Bedarf Schutz von zivilen Schiffen im Operationsgebiet;
Überwachung der Gebiete vor der Küste Somalias, einschließlich der somalischen Hoheitsgewässer, die Gefahren für maritime Tätigkeiten, insbesondere des Seeverkehrs, bergen;
Durchführung der erforderlichen Maßnahmen, einschließlich des Einsatzes von Gewalt, zur Abschreckung, Verhütung und Beendigung von seeräuberischen Handlungen oder bewaffneten Raubüberfällen im Operationsgebiet;
Aufgreifen, Festhalten und Überstellen von Personen, die im Verdacht stehen, seeräuberische Handlungen oder bewaffnete Raubüberfälle begangen zu haben sowie Beschlagnahme der Seeräuberschiffe, der Ausrüstung, der erbeuteten Güter und gegebenenfalls anderer für eine mögliche Strafverfolgung relevanten Beweismittel. Diese Maßnahmen erfolgen im Hinblick auf eine eventuelle Strafverfolgung durch Deutschland, andere Mitgliedstaaten der EU oder aufnahmebereite und zur Strafverfolgung bereite Drittstaaten.
Das Bundestagsmandat wurde am 17. Dezember 2009 um ein weiteres Jahr verlängert. Der CTG 500.05 (nationaler Designator) ist in der Regel der Kommandant der am Horn von Afrika im Einsatz stehenden Fregatte. In Anpassung an den Auftrag und die Aufgaben wird die Besatzung der Fregatte durch ein Vessel-Protection-Detachment, ein Boarding-Sicherungs-Team, Feldjäger, einen Sprachmittler sowie eine erweiterte Bordfacharztgruppe mit der Befähigung zur Notfallchirurgie verstärkt. Dem Kommandeur des deutschen Einsatzkontingents Atalanta steht ein Rechtsberater- Stabsoffizier (Volljurist) an Bord zur Seite. Aktuell befindet sich mit Fregatte EMDEN das 4. deutsche Kontingent EUNAVFOR Atalanta im Einsatz. Deutschland war bislang durchgehender und stärkster Truppensteller für diesen ersten maritimen Einsatz der Europäischen Union. Im Frühsommer 2009 operierten bis zu fünf deutsche Einheiten in der Operation Atalanta.
In See wird die Task Force 465 (TF 465- multinationaler Designator) durch den Force Commander im vier-monatigen Wechsel – aktuell durch einen Schweden – geführt. Im Stab des Force Commanders leisten zwei deutsche Marineangehörige Dienst. Darüber steht das Operations Headquarter der EU in Northwood bei London. Dem dortigen Operations Commander – der stets durch die Royal Navy gestellt wird – steht ein Stab zur Seite, der ebenfalls durch zwölf Bundeswehrangehörige verstärkt wird. Im 2. Halbjahr 2009 besetzte Deutschland den Stellvertretenden Operations Commander in Person des Flottillenadmirals Kähler. Auch im 2. Halbjahr 2010 wird der Stellvertretende Operations Commander wieder durch Deutschland besetzt.
Gegenwärtig wird die Operation mit sieben angezeigten Einsatzflügen pro Monat durch die der Operation Enduring Freedom angezeigte deutsche P3‑C Orion auch aus der Luft unterstützt.