Marine — Die Ständigen NATO-Einsatzverbände
Deutsche Marine: Pressemeldung — Die Ständigen NATO-Einsatzverbände
Der weltweite Einsatz der Deutschen Marine hat Tradition
von Jürgen K.G. Rosenthal
Die Zeiten, in denen sich nur Großmächte oder Bündnisse mit gewaltigem Seekriegspotenzial auf den Meeren der Welt gegenüber stehen, gehören schon lange der Vergangenheit an. Auch der Begriff einer Seemacht hat sich grundlegend verändert. Seemacht zu sein, bedeutet heute die Fähigkeit zu haben, bei Krisen und Konflikten dieser Bedrohung weltweit und sofort begegnen zu können. Dies schließt auch den Schutz der eigenen Handelsschifffahrt mit ein. Ins-besondere eine Exportnation wie Deutschland muss ein vitales Interesse an der Sicherheit der Meere haben, allerdings kann der Schutz der Meere nur in der internationalen Staatengemeinschaft erreicht werden. Die NATO leistet hierzu einen wichtigen Beitrag und hat nach den massiven Veränderungen der sicherheitspolitischen Lage in den letzten Jahrzehnten durch die Umstrukturierung der Aufgaben der maritimen Standing NATO Groups reagiert. Die Standing NATO Groups (SNG) sind die ständigen multinationalen Reaktionsverbände der alliierten Marinen, welche sicherstellen sollen, dass die NATO global schnell und flexibel operieren kann. Um die Einsatzbereitschaft und Operationsfähigkeit zu erhalten, nehmen diese Flottenverbände an zahlreichen Übungen teil. Zu ihren Aufgaben gehören auch Embargooperationen, Such- und Rettungsoperationen, humanitäre Hilfseinsätze, sowie Einsätze im Rahmen der Anti-Terrorbekämpfung.
Die Unterstellung von Einheiten der Deutsche Marine unter ein Kommando der NATO hat Tradition, denn bereits seit April 1957 beteiligt sich die Marine als erste Teilstreitkraft der Bundeswehr an multinationalen Verbänden der NATO. Die NATO unterhält zurzeit vier ständige maritime Einsatzverbände, die alle Teil der NATO und international besetzt:
Standing NATO Maritime Group 1
Standing NATO Maritime Group 2
Standing NATO Mine Countermeasure Group 1
Standing NATO Mine Countermeasure Group 2
Der Aufbau der Ständigen NATO-Verbände
Angesichts der damals als Bedrohung empfundenen Aufrüstung des Warschauer Pakts und insbesondere der Sowjetunion in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts entschloss sich die NATO, schnelle Eingreifverbände aufzustellen. Diese multinationalen Verbände (NATO Command Forces) waren bereits im Frieden der NATO für Einsätze unterstellt und wurden für sofortige Reaktionen in Krisensituationen vorbereitet. Des Weiteren sollten Streitkräfte möglichst vieler NATO-Mitgliedstaaten mit in die Krisenbewältigung einbezogen werden, um dadurch Bündnissolidarität zu zeigen. Als erster Eingreifverband war 1960 die Allied Command Europe Mobile Force (AMF) mit einer Land- (AMF/L) und einer Luftkomponente (AMF/A) geschaffen worden, die dem NATO-Kommandobereich Europa (ACE) unterstand. Als Marineäquivalent wurde 1968 die Standing Naval Force Atlantic (STANAVFORLANT/SNFL) unter dem NATO-Kommandobereich Atlantik (ACLANT) aufgestellt. In der derzeitigen Struktur der NATO ist in Friedenszeiten das Strategische Kommando Allied Command Operations (ACO) in Mons/Belgien die operative Führungsebene (Operational Command). Der Supreme Allied Commander Europe (SACEUR) delegiert über den Commander Joint Force Commander Brunssum (JFC Brunssum) auf die Führungsebene des Commander Allied Maritime Component Command Northwood (CC MAR Northwood) für die SNMG 1 und an den Commander Allied Maritime Component Command Neapel (CC MAR Naples) für die SNMG 2. Die beiden Grup-pen sind in die NATO Response Force (NRF) eingegliedert und nehmen im Wechsel an der OPERATION ACTIVE ENDEAVOUR (OAE) teil.
Das Wappen der SNMCMG 1 Quelle: Marine | Das Wappen der SNMCMG 2 Quelle: Marine |
Auch die beiden maritimen Minenabwehrverbände der NATO Standing NATO Mine Countermeasure Group 1 und Standing NATO Mine Countermeasure Group 2 werden in Friedenszeiten durch das Strategische Kommando Allied Command Operations (ACO) auf der operativen Ebene (Operational Command) geführt, wobei der Commander Allied Maritime Component Command Northwood (CC MAR Northwood) die SNMCMG 1 führt und der Commander Allied Maritime Component Command Neapel (CC MAR Naples) die SNMCMG 2 im Auftrag des Supreme Allied Commander Europe (SACEUR) kommandiert. Beiden Gruppen sind in die NATO Response Force (NRF) eingegliedert.
Standing NATO Maritime Groups als maritimer Anteil der NATO Response Force
Das Wappen der SNMG 1 Quelle: Marine |
Der Verband besteht aus sechs bis zehn Zerstörern und Fregatten der Marinen von Portugal, Deutschland, Italien, den Niederlanden, Spanien, Belgien, Dänemark, Norwegen, Großbritannien und den Vereinigten Staaten und kann zusätzlich von Einheiten aus anderen NATO-Nationen verstärkt werden. Jährlich werden im Rahmen der Flotte Übungen abgehalten, die vor allem auch die multinationale Zusammenarbeit stärken sollen.
Die Deutsche Marine beteiligt permanent mit mindestens einer Einheit an der Standing NATO Maritime Group 1. Die Fregatte “Lübeck” der BREMEN-Klasse (122) ist zurzeit und bis voraussichtlich bis Ende September bei der SNMG 1 im Einsatz. Dieser Fregattentyp weist ein vielseitiges Leistungsprofil und verfügt über die Fähigkeit, sich unter Mehrfachbedrohung (Überwasser, Unterwasser, Luft) durchzusetzen. Die Hauptaufgabe liegt in der Bekämpfung von Ubooten, anfliegenden Flugzeugen und Flugkörpern zum Eigenschutz, sowie der Bekämpfung von anderen Schiffen auf großer Entfernung.
Das Wappen der SNMG 2 Quelle: Marine |
Zu Friedenszeiten besteht die Gruppe im Normalfall aus acht bis zehn Schiffen, ständige Einheiten werden von der Deutschen Marine, der Königlichen Niederländischen Marine, der britischen Royal Navy, der griechischen Marine, der italienischen Marine, der türkischen Marine, der spanischen Marine sowie der United States Navy gestellt und werden zeitweilig, als o auch in Krisen- und Spannungszeiten durch andere NATO-Marinen verstärkt. Das Operationsgebiet ist vor allem das Mittelmeer, jedoch kann die Gruppe auch unverzüglich in andere Regionen bei entsprechenden Krisensituationen verlegt und eingesetzt werden. Auftrag der SNMG 2 ist es, die Seewege im Mittelmeer sowie die Zugänge, nämlich die Meerenge von Gibraltar auf der westlichen und dem Suez-Kanal auf der östlichen Seite, zu überwachen und zu sichern. Da das Mittelmeer von drei Kontinenten umgeben ist und diese auch miteinander verbindet, fällt dieser Region und damit der SNMG 2 eine besonders wichtige Schlüsselrolle beim Schutz des weltweiten Seeverkehrs zu. Auch die SNMG 2 führt jährlich zahlreiche Übungen durch, die vor allem auch die multinationale Zusammenarbeit stärken sollen. Des Weiteren wird allein durch die Anwesenheit, sowie durch verschiedene Kontrollmaßnahmen im internationalen Seeverkehr und in den Küstengewässern vor Nordafrika und des Nahen Ostens, die Sicherheit im Mittelmeer entscheidend erhöht.
Deutschland stellt in diesem Verband permanent mindestens eine Einheit, derzeit ist dies der Betriebsstofftransporter “Rhön” der RHÖN-Klasse (704) von der Einsatzflottille 2 / Trossgeschwader Wilhelmshaven. Die Fregatte “Karlsruhe” wird den Verband in Kürze als zweite deutsche Einheit verstärken.
Standing NATO Mine Countermeasures Group 1 Die Standing NATO Mine Countermeasures Group 1 (SNMCMG 1) ein Verband von Minenabwehreinheiten. Auch dieser Verband hat eine längere Geschichte und Entwicklung hinter sich; so ging aus dem bereits im Mai 1973 aufgestellten ständigen Flottenverband Ärmelkanal ging der Verband Mine Countermeasure Force Northern Europe (MCMFORNORTH) hervor und wurde im Januar 2005 im Rahmen der NATO Transformation mit seinem heutigen Auftrag und der Bezeichnung Standing NATO Mine Countermeasures Group 1 versehen. Die Gruppe setzt sich im Regelfall aus sieben Minenjagd- und Minenabwehrschiffen, Minenlegern und sowie einem Führungs- und Versorgungsschiff zusammen. Die NATO-Staaten Belgien, die Niederlande, Deutschland, Norwegen und Großbritannien beordern als ständige Mitglieder im Wechsel Einheiten zur SNMCMG 1. Wie bei allen Ständigen NATO Gruppen rotiert das Kommando über den Verband unter den beteiligten Nationen. Dänemark und Polen entsenden sporadisch bei vorhandenen Kapazitäten, außerdem schlossen sich in 2005 die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen der SNMCMG 1 an. Das Hauptoperationsgebiet ist der europäische Teil des Atlantiks von Norwegen bis zum Mittelmeer und von der Irischen See bis zum Baltischen Meer. Seit 1998 wurde das Einsatzgebiet zusätzlich auf den Bereich der küstennahen Gewässer vor den USA, Kanada und Island ausgedehnt.
Die Fregatte Lübeck in See Klasse 122 / Bremen-Klasse Einsatzflottille 2 Wilhelmshaven / 4. Fregattengeschwader Quelle: Marine |
Deutschland stellt in diesem Verband permanent mindestens eine Einheit, zurzeit das Minenjagdboot “Homburg” der FRANKENTHAL-Klasse (332) vom 3. Minensuchgeschwader aus Kiel.
Standing NATO Mine Countermeasures Group 2 Die Standing NATO Mine Countermeasures Group 2 (SNMCMG 2) wurde bereits wurde 1992 unter dem Namen STANAVFORMED gegründet. Im Jahr 1999 erfolgte die Aufstellung der Gruppe unter der Bezeichnung Mine Countermeasures Force Mediterranean (MCMFORMED) als ständig operierender Minenabwehrverband der NATO. Im Zeitraum September 2001 bis Januar 2005 wurde der Verband als Mine Countermeasures Force South (MCMFORSOUTH) in Anpassung an die Bezeichnung des Mine Countermeasures Force North Western Europe (MCMFORNORTH) und erhielt im Rahmen der NATO Transformation in 2005 seinen heutigen Auftrag unter Bezeichnung SNMCMG 2 als Pendant zur SNMCMG 1. Die SNMCMG 2 setzt sich aus den ständigen NATO-Mitgliedern Deutschland, Italien, Spanien, Griechenland, Türkei, Belgien, Großbritannien und die USA zusammen, andere Nationen beteiligen sich sporadisch. Das Kommando über den Verband rotiert unter den beteiligten Nationen, wobei das Flaggschiff, zugleich als Unterstützungs- und Versorgungseinheit, durch die jeweils führende Nation gestellt wird und auch den Stab SNMCMG 2 an Bord nimmt.
Der Verband operiert vor allem im Mittelmeer, kann bei Bedarf aber sofort in andere Krisengebiete verlegt und dort eingesetzt werden. Seine Aufgabe ist es, die Seewege im Mittelmeer zu überwachen und zu sichern. Über das Mittelmeer sind drei Kontinente miteinander verbunden. Damit spielt dieses “Binnen”-Meer mit seinen Ausgängen, nämlich der Meerenge von Gibraltar auf der westlichen sowie dem Suezkanal auf der östlichen Seite, eine Schlüsselrolle im welt-weiten Seeverkehr. Zudem sorgt der Verband durch seine Präsenz und verschiedene Kontrollmaßnahmen für die Sicherheit der Küstengewässer vor den Krisengebieten Nordafrikas und des Nahen Ostens. Im Bedarfsfall wird er unverzüglich den Eingreiftruppen der NATO (NATO Response Force) unterstellt. 1999 und 2000 nahm der Verband auch an den Operationen Allied Harvest und Allied Harvest II bei der Minen- und Munitionsräumung in der Adria teil. Zum Auftrag der Gruppe gehören auch Hafenbesuche auch als Teil des Mediterranen Dialoges der Mittelmeer-Anrainerstaaten, die Machtdemonstration der NATO im Mittelmeer sowie die Durchführung und Teilnahme von Einsatzübungen der NATO und im Rahmen von PFP.
Deutschland stellt nunmehr zum zweiten Mal den Kommandeur für ein Jahr in diesem Verband. Fregattenkapitän Eike Tammen: “Ich freue mich auf den fordernden Auftrag und die gute Zusammenarbeit im Rahmen der NATO”. Sein Verband besteht zurzeit aus dem deutschen Flaggschiff Tender »Rhein« der ELBE-Klasse(404), dem deutschen Minenjagdboot »Dillingen« der FRANKENTHAL-Klasse (332A) vom 3. Minensuchgeschwader aus Kiel, und vier weiteren Booten aus Italien, Griechenland, Spanien und der Türkei.
Quelle/Pressekontakt:
Presse- und Informationszentrum Marine
Presseoffizier
Henning Radtke
Telefon: 04631–6664412
henningradtke@marine.de