- Informationen zu biologischen Kampfstoffen
- Statistische Letalitätsrate von unterschiedlichen Gefechtsköpfen
- Yersinia Pestis (Pest)
- Zusatzinformationen
- Ratifizierte Verträge der Bundesrepublik Deutschland
- Zusatzinformationen zur Verfügbarkeit von Impfstoffen gegen Anthrax (Milzbrand), Pest und Pocken in Deutschland
Genfer Biowaffen-Konferenz im November/Dezember 2001 (8. Dezember 2001, AFP)
Die Genfer Biowaffen-Konferenz unter Leitung der Vereinten Nationen ist gescheitert. Auf Wunsch der USA würden die Beratungen über eine Kontrolle der Produktion und Lagerung von Biowaffen frühestens im kommenden November fortgesetzt, erklärte die UNO. Die Konferenz, an der hochrangige Vertreter aus 91 Ländern teilnahmen, endete nach drei Wochen ohne ein Schlussabkommen. Washington verhinderte ein geplantes Zusatzprotokoll, mit dem die Biowaffenkonvention aus dem Jahr 1972 zur Entwicklung, Produktion und Lagerung biologischer Waffen verschärft werden sollte. Zu Beginn der Konferenz hatten die USA den Ländern Nordkorea, Irak, Iran, Libyen, Sudan und Syrien vorgeworfen, sich nicht an die Biowaffen-Konvention zu halten. Diese haben bislang 144 Staaten unterzeichnet. Die USA hatten schon im Juli 2001 ein Zusatzprotokoll abgelehnt, das eine Kontrolle der Biowaffen-Konvention von 1972 erlauben sollte. Diese Haltung war international kritisiert worden. Angesichts der Milzbrand-Toten in den Vereinigten Staaten im Anschluss an die Anschläge vom 11. September hatte US-Präsident George W. Bush Anfang November jedoch neue Vorschläge zur Verschärfung der Konvention angekündigt.
Informationen zu biologischen Kampfstoffen
B‑Waffen werden in Bakterien z. B. Pest (siehe unten), Anthrax (Milzbrand), Typhus, Viren z.B. Gelbfieber, Pilze z.B. Kokzidiose und Toxine / Toxoide z.B. Mycotoxin unterteilt. Ebenso wie C‑Waffen wird unterschieden nach tödlicher Wirkung und nicht-tödlicher Wirkung (persisting or non-persisting). Außerdem nach der Dauer der Inkubationszeit, der Verbreitungsgeschwindigkeit sowie ihren Mutationsrisiken. Bakterien oder Viren sind bzw. werden für die Kriegsführung zunehmend attraktiv, weil sie sich durch eine große genetische Variabilität und hohe Letalität auszeichnen. Genauso wie die C‑Waffen zeigen sie ein komplexes Wirkungsbild; Erkennung, Aufklärung und Behandlung ist äußerst zeitkritisch, die Vorsorge oftmals schwierig und aufwendig. Die Herstellung, Beschaffbarkeit und Verbringung von biologischen wie chemischen Kampfstoffen ist dagegen relativ einfach.
Statistische Letalitätsrate von unterschiedlichen Gefechtsköpfen:
Konventionelle Waffe | Gefechtskopf mit 1.000 kg Sprengstoff | 5 Tote und 13 Verletzte |
Atomwaffen | Gefechtskopf mit 20 Kilotonnen Sprengkraft | 40.000 Tote und 40.000 Verletzte |
Chemische Waffen | 300 Gramm Sarin | 200 bis 3.000 Tote und gleiche Anzahl an Verletzte |
Biologische Waffen | 30 Kilogramm Anthrax (Milzbrand) | 20.000 bis 80.000 Tote und gleiche Anzahl an Verletzte |
Statistische Basis: Deutsche V2-Angriff auf London, Iran-Irak-Krieg (C‑Waffeneinsatz), Hochrechungen auf Unfälle mit Anthrax (B‑Waffe) und US-Bombenabwurf über Hiroshima. |
Yersinia Pestis (Pest)
Die Übertragung erfolgt durch Stich eines kontaminierten Rattenflohs, Xenopsylla cheopsis (Nager–Mensch), in Südamerika auch über Menschenflöhe (Mensch–Mensch). Ebenso ist eine aerogene Übertragung des Erregers bei Lungenpestfällen möglich. Auch bei direktem Kontakt mit befallenen Nagern kann es zu einer Krankheitsübertragung kommen. Hausratten, aber auch Haustiere (Katzen), können die befallenen Rattenflöhe aus dem sylvatischen, enzoonotischen Zyklus in menschliche Siedlungen importieren.
Die Pest ist eine der vier international vorgeschriebenen Quarantänekrankheiten. Expositionsprophylaxe, Schutzkleidung, Chemoprophylaxe bei möglichem Kontakt (mit Tetracyclin). Beseitigung des Reservoirs durch Vernichtung der Flöhe und anschließender Bekämpfung der Nager. Eine Schutzimpfung mit einem Totimpfstoff ist möglich, die Schutzrate hierbei ist allerdings niedrig. Nach durchgemachter Infektion besteht eine langanhaltende Immunität, es wurden jedoch schon Reinfektionen beschrieben.
Zusatzinformationen
Biowaffen-Entwicklung in den USA 2001
Sie begannen unter Bill Clinton und werden unter George W. Bush vermutlich noch ausgeweitet: Die USA haben eingeräumt, dass sie seit ungefähr vier Jahren geheime Forschungen auf dem Gebiet der biologischen Kriegsführung betreiben. Rein defensiv, versteht sich.
Regierungsbeamte betonten, dass sich das Programm in Übereinklang mit dem internationalen Vertrag von 1972 über ein Biowaffen-Verbot befinde. Wie Pentagon-Sprecherin Victoria Clarke bestätigte, ist unter anderem die Entwicklung von Anthrax-Bakterien geplant. Damit solle sichergestellt werden, dass für den Fall eines feindlichen Angriffs mit dem Stoff ein wirksamer Impfstoff zur Verfügung stehe.
Der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer, sprach von einer wachsenden Bedrohung rund um die Welt durch biologische Waffen und von einer “wirklichen Herausforderung” für die Vereinigten Staaten. Diesen Gefahren müsse durch umfassende Verteidigungsfähigkeit unter Einschluss von medizinischen Gegenmaßnahmen und Spürsystemen begegnet werden. Fleischer wie auch Clarke versicherten, dass die USA sich klar im Rahmen des Verbotsvertrags bewegten und keine Absicht hätten, das Abkommen zu verletzen. Der Vereinbarung zufolge seien Forschungen für Verteidigungszwecke erlaubt.
Den Angaben verschiedener Regierungsbeamter zufolge begannen die Forschungen unter Präsident Bill Clinton und dienen ausschließlich dem Ziel der Entwicklung von Schutzmaßnahmen gegen mögliche Terrorattacken. Die Programme würden unter Clinton-Nachfolger George W. Bush wahrscheinlich ausgeweitet.
Quelle: Der Spiegel, 5. September 2001
Ratifizierte Verträge der Bundesrepublik Deutschland
Protocol for the Prohibition of the Use in War of Asphyxiating, Poisonious or Other rgases, and of Bacteriological Methods of Warfare
Protokoll über das Verbot der Verwendung von erstickenden, giftigen oder ähnlichen Gasen sowie von bakteriologischen Mitteln im Krieg
Das sogenannte Genfer Protokoll verbietet den Einsatz von chemischen und bakteriologischen Kampfstoffen. Mit Ausnahme einiger Staaten wie die USA und Rußland, die sich einen Zweiteinsatz vorbehalten haben. Für das Deutsche Reich seit dem 25. April 1929 in Kraft (RGBl. 1929 II, 174)
Convention of the Prohibition of the Development, Production and Stockpiling of Bacteriological (Biological) and Toxin Weapons and Their Destruction Übereinkommen über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung bakteriologischer (biologischer) Waffen und von Toxinwaffen sowie über die Vernichtung solcher Waffen. Die sogenannte B‑Waffen-Konvention verbietet die oben genannten Handlungsweisen bezüglich aller mikrobiologischen und anderen biologischen Stoffe und Toxine, sofern eine Rechtfertigung durch Vorbeugungs‑, Schutz- oder sonstige friedliche Zwecke ausscheidet. Am 21. Februar 1983 ratifizierte die Bundesrepublik das Übereinkommen vom 10. April 1972 (in Kraft seit 26. März 1975, BGBl, 1983 II, 132). Schutzmaßnahmen gegen biologische Kampfstoffe sind zugelassen z. B. Schutzmasken, Schutzkleidung.
Zusatzinformationen zur Verfügbarkeit von Impfstoffen gegen Anthrax (Milzbrand), Pest und Pocken in Deutschland
In Deutschland sind Impfstoffe gegen die Erreger von Milzbrand, Pest und Pocken weder zugelassen noch kurzfristig verfügbar. Das Paul-Ehrlich-Institut in Langen hat im Oktober 2001 erneut recherchiert, ob derartige Impfstoffe aus dem Ausland bezogen werden können. Im Falle einer Anwendung solcher Impfstoffe nach den Regelungen des §79 Arzneimittelgesetz (Ausnahmeregelungen in Krisenzeiten) wäre das Paul-Ehrlich-Institut demnach sofort in der Lage, die notwendigen Prüfungen auf Wirksamkeit, Qualität und Unbedenklichkeit der Impfstoffe vorzunehmen. Auch in Ausnahmesituationen und Krisenzeiten muss gewährleistet sein, dass von den Impfstoffen, die vor einer gefährlichen Krankheit schützen sollen, keine gesundheitlichen Gefahren für den Impfling ausgehen. Es darf beispielsweise nicht passieren, dass als Konsequenz einer reinen Vorsichtsmaßnahme gesunde Menschen Schädigungen davontragen.
weitere ausführliche Informationen, besonders zu den Anthrax-Anschlägen in den USA > Anthrax (Milzbrand)
Artikel im Spiegel: Natürlicher Feind vernichtet Milzbrand-Erreger