Regierungsform (Government Type): | Republik (Republic) | |
Hauptstadt (Capital): | Bagdad (Baghdad) | |
Einwohner (Population): | 24,7 Mio. | |
Fläche (qkm) (Area sq.km): | 438.317 | |
Wehretat (Defence Budget): | 2,2 Mrd. US-$ (2005) | |
BSP/Einwohner (GNP/Capita): | k. A. | |
zum Vergrößern anklicken (jpg-Datei, 223 kB) | ||
Daten außer Wehretat dem Fischer Weltalmanach 2005 entnommen |
Irak
Wer das Gebiet des heutigen Irak nur aus den Geschichten Karl Mays (z.B. “Durchs wilde Kurdistan”) kennt, wird kaum Ähnlichkeiten mit dem heutigen Staat Irak feststellen.
Irak — das ist ein “Kunststaat”, ein künstliches Gebilde der nachkolonialen Ära — bestehend aus drei großen Bevölkerungsgruppen, die jeweils ein geographisch eigenständiges Gebiet dieses uralten Kulturlandes bewohnen.
Landschaft — Bevölkerung — Geschichte
Den weitaus größten Bevölkerungsteil bilden die Araber, die sich wiederum in zwei — heute vor allem religiös bezeichnete — getrennte Gruppen gliedern.
Schiitische “Sumpfaraber” — das südlich Schwemmland zwischen Euphrat und Tigris
Bei Bagdad kommen sich Euphrat und Tigris recht nahe, um dann — fast ovalförmig — breit und behäbig dahin fließend das “Zwischenstromland”, das eigentliche Mesopotamien, zu umfassen und — etwa ab Basra vereinigt — die letzten 70 km als “Schatt el Arab” zum Arabischen Golf 1) zu fließen.
Dieses Uferland “IRAQ ARABI” hat dem postkolonialen Kunststaat den Namen gegeben, es handelt sich um ein tief gelegenes Gebiet, von Kanälen, Gräben, Altwassern und Inseln zerfurcht und zerschnitten, von Überschwemmungen bedroht, und bis vor wenigen Jahren nur durch wenige Pisten und Fahrwege halbwegs erschlossen.
Dieses Gebiet ist die “Urheimat” der antiken Kulturen. Die Stadtstaaten der Sumerer mit Ur und Uruk — bereits mit Handelsbeziehungen bis zur Induskultur — gelten als die ersten geschichtlich greifbaren Hochkulturen, gefolgt von Babylonien, dessen Ruinen am nördlichen Ende dieser Landschaft liegen.
Über Jahrtausende hin hat das Wasser das Leben der hier heimischen “Sumpfaraber” bestimmt. Noch heute finden sich Versammlungshallen aus Schilf und Schilfboote, die in ähnlicher Form nur noch am Tschadsee (und am Titicacasee Südamerikas) vorhanden sind und Thor Heyerdal zu seiner These von einer längst vergessenen historischen Verbindung zwischen diesen Gebieten angeregt haben.
Das Land ist nicht nur “namensgebend” für den heutigen Staat — die hier lebenden schiitischen Araber bilden auch die größte der drei großen Bevölkerungsgruppen des Staates. Dieser schiitische Glaube verbindet die Araber des Südirak mit den östlichen Nachbarn, den Iranern. Die Anhänger dieser islamisch-iranischen Glaubensrichtung vertreten ein erbliches Kalifat, die Nachkommen des Mohammed sein sollen. Die “schiat Ali” — die Partei des Ali, eines Schwiegersohns Mohameds — vertrat und vertritt die Auffassung, dass alle anderen (historischen) Kalifen als Ursupatoren anzusehen sind, und dem (noch) verborgenen Nachfahren des Propheten die Kalifenwürde, also die geistig-politische Führerschaft des Islam, zukommen müsse.
Eines der — oder besser — das Zentrum der Schiiten ist die Stadt Kerbala fast am Nordwestlichen Ende dieses Gebietes, westlich des Euphrat, in der sich das Grab Husseins — des Enkels Mohameds und Sohnes von Ali befindet, der hier in einem heroischen Kampf mit seinen letzten Begleitern einen Martyrertod gegen die Ursupatoren erlitten hat.
In Kerbala hat der Imam Khomeni (Chamene’i) letztendlich den Sturz des Schahs vorbereitet und dem “politischen Islam”, der im Schiismus noch sehr viel mehr als bei den anderen islamischen Glaubensrichtungen als Lebensstil verstanden wird, zum Durchbruch verholfen.
Hier — beiderseits des Schatt el Arab zwischen Kuwait und der — auch von arabischer Bevölkerung bewohnten — Iranischen Landschaft von Khuzestan (dem geschichtlichen Elam) mit der Hafenstadt Khorramshar — finden sich einige der weltgrößten Erölvorkommen.
Akkad — die Taillie der Sanduhr zwischen Euphrat und Tigris — sunnitische Araber:
Wenn man den Verlauf der Flüsse Euphrat und Tigris — einer Sanduhr nicht unähnlich — vergleicht, dann ist an der “Taillie”, der kürzesten Entfernung im Mittellauf der beiden Flüsse, die Landschaft des historischen Akkad zu finden. Aus dieser Landschaft stammt das “Gilgamesch-Epos”, eines der ältesten ethisch-religiösen Literaturdenkmäler der Menschheit, und eines der ältesten Zeugnisse der “semitischen Sprachfamilie”, die sich im heutigen Arabisch und Hebräisch ausgebildet hat.
Hier ist das Herz des Irak, zwischen der religiös bedeutsamen Stadt Kerbala und Bagdad, dem Sitz der Regierung.
Bereits im frühen Mittelalter — zur Zeit der Kreuzzüge — bildete Bagdad den Regierungssitz eines islamisch-arabischen Weltreiches. Der Kalif von Bagdad beherrschte ein Gebiet, das vom heutigen Algerien bis weit nach Zentralasien zum Syr Darja reichte und den heutigen Iran, die gesamte arabische Halbinsel sowie die ehemaligen Provinzen des römischen Reiches südlich des Mittelmeeres umfasste. Ein glanzvoller Herrscher dieser Epoche — der in Takrit geborene Sultan Saladin, ein Zeitgenosse von Richard Löwenherz und König Barbarossa — ist heute noch fast jedermann bekannt.
Dank eines schon seit Jahrtausenden ausgebauten Kanalsystems war an dieser strategischen Engstelle zwischen den beiden großen Flüssen ein fruchtbares Anbaugebiet entstanden, das auch heute noch Nahrung für die benachbarten großen Städte produziert.
Dieser Landstrich bildet ein Übergangsgebiet — sowohl zwischen dem Schwemmland im Süden und dem fruchtbaren Zwischenland im Norden wie auch zwischen den beiden großen arabischen Volksgruppen, den Schiiten des Südens und den Sunniten des Nordens.
Die semitischen Akkadier können wohl zurecht als Vorfahren der heutigen arabischen Bevölkerung, vor allem auch der sunnitischen Araber des Iraks, betrachtet werden.
Die Sunniten beziehen sich auf den Begriff Sunna („Menschen der Sunna”), und damit nach überwiegender Meinung auf die “Tradition” und das „Vorbild” des Propheten Mohammed. Die Vertreter dieser Partei waren nach arabischer Tradition der Auffassung, dass nicht ein Nachfahre, sondern der älteste Gefährte die Nachfolge Mohammeds antreten sollte.