MarineForum Wochenschau vom 29. September 2017

NAH-/MITTELOST

Die militärische/sicherheitspolitische Lage im Nahen-/Mit­tleren Osten bleibt von der Bekämp­fung des islamistis­chen Ter­rors, den Bürg­erkriegen in Syrien und Jemen sowie dem andauern­den poli­tis­chen Kon­flikt mehrerer ara­bis­ch­er Staat­en mit dem Emi­rat Katar bestimmt.

Das am 25. Sep­tem­ber in der irakischen Kur­den­re­gion durchge­führte Unab­hängigkeit­sref­er­en­dum (mit 92 Prozent Zus­tim­mung) kön­nte die regionale Sicher­heit­slage zusät­zlich desta­bil­isieren. Tre­f­fen der Armeeführun­gen des Iran, des Irak und der Türkei sowie der Beginn ein­er bilat­eralen türkisch-irakischen Mil­itärübung deuten auf Vor­bere­itun­gen für mögliche „mil­itärische Optio­nen“. Schon vor dem Ref­er­en­dum hat­te das irakische Par­la­ment die Regierung zu „Gewal­tan­wen­dung“ ermächtigt.

Dieser Artikel wird mit fre­undlich­er Genehmi­gung der „Marine­Fo­rum – Zeitschrift für mar­itime Fra­gen“ veröf­fentlicht.

Marineforum

ISLAMISTISCHER TERROR IN SYRIEN UND IRAK (Fortschrei­bung)

Bei der Bekämp­fung des islamistis­chen Ter­rors in Syrien und Irak bleibt trotz — vielle­icht auch wegen — aller Fortschritte eine inter­na­tion­al über­greifende Koali­tion weit­er­hin Fernziel. Unverän­dert bes­tim­men divergierende Eigen­in­ter­essen zahlre­ich­er Staat­en sowie die Spal­tung zwis­chen Schi­iten und Sun­niten die Entwick­lung. In der Folge des Unab­hängigkeit­sef­er­en­dums der irakischen Kur­den kön­nten gegen die Kur­den gerichtete neue regionale „Allianzen“ (Inter­es­sen­ge­mein­schaften) sich nachteilig auf die Ter­ror­bekämp­fung auswirken.

SYRIENIRAK: US-geführte Koali­tion (Oper­a­tion „Inher­ent Resolve“)

Eine US-geführte multi­na­tionale Koali­tion set­zt mit Oper­a­tion „Inher­ent Resolve“ Luftschläge gegen islamistis­che Ter­ror­grup­pen in Irak und Syrien fort. Ziele sind Kom­man­dozen­tren (Führungsper­so­n­en), Stützpunk­te, Depots und von Islamis­ten kon­trol­lierte Öl-Anla­gen, daneben aber auch logis­tis­che Straßen­trans­porte und Grup­pen ver­legen­der Kämpfer. Viele Angriffe dienen der direk­ten Unter­stützung (Close Air Sup­port) irakisch­er Trup­pen und syrisch­er (kur­dis­ch­er) Oppo­si­tion­s­milizen. Zum Ein­satz kom­men US-Trägerkampf­flugzeuge und landgestützt von Flug­plätzen der Golf­s­taat­en, Jor­daniens und der Türkei operierende Kampf­flugzeuge und Drohnen der Stre­itkräfte zahlre­ich­er Staat­en. Die britis­che Roy­al Air Force nutzt ihre Basis in Akrotiri (Zypern).

Der US-Flugzeugträger „Nimitz“ set­zt im Per­sis­chen Golf den Ein­satz sein­er Kampf­flugzeuge gegen IS-Ziele in Irak und Syrien fort. Der am 1. Juni mit dem Aus­laufen aus Everett (Wash­ing­ton) begonnene Ein­satz der „Nimitz“ Car­ri­er Strike Group (CSG) soll länger als die ursprünglich geplanten sechs Monate bis über das Jahre­sende hin­aus dauern. Am 27. Sep­tem­ber kon­nte die „Nimitz“ den seit ihrer Indi­en­st­stel­lung ins­ge­samt 100.000sten Kat­a­pult­start eines Flugzeuges melden.

In den Seege­bi­eten um die Ara­bis­che Hal­binsel operiert seit Anfang Sep­tem­ber auch die „Amer­i­ca“ Amphibi­ous Ready Group der US Navy. Zulet­zt wurde der Ver­band bei Mar­itime Secu­ri­ty Oper­a­tions im Golf von Aden gemeldet. Eingeschiffte Jagdbomber AV-8B Har­ri­er und Kampfhub­schrauber des US Marine Corps kön­nen bei Bedarf auch über Land (z.B.gegen islamistis­che Ter­ror­grup­pen im Jemen oder in Soma­lia) einge­set­zt werden.

SYRIEN: Rus­s­land – Türkei

Rus­s­land gibt der Bekämp­fung des islamistis­chen Ter­rors in Syrien offiziell Pri­or­ität, konzen­tri­ert sich zurzeit auch auf die Ver­drän­gung der Al-Nus­ra-Front aus der neu erk­lärten „De-Eskala­tion­szone“ (s.u. Bürg­erkrieg) um Idlib, macht allerd­ings unverän­dert keinen wirk­lichen Unter­schied zwis­chen Islamis­ten und Oppo­si­tion­sre­bellen. Außer­halb von „De-Eskala­tion­szo­nen“ gel­ten alle gle­icher­maßen als Ter­ror­is­ten, und nach wie vor erfol­gen rus­sis­che Luftan­griffe denn auch in Gebi­eten, in denen keine islamistis­chen Milizen aktiv sind.

Die Türkei bekämpft zwar auch IS, scheint aber in ihrem Kampf gegen Ter­ror­is­mus der „Neu­tral­isierung“ von Kur­den deut­lich größere Pri­or­ität zu geben. Gele­gentlich gibt es auch schon direk­te Gefechts­berührun­gen zwis­chen türkischen Sol­dat­en und von den USA im Kampf gegen IS (mit „embed­ded“ Spe­cial Forces) unter­stützten kur­dis­chen Milizen. Das Unab­hängigkeit­sref­er­en­dum der nordi­rakischen Kur­den kön­nte der Türkei einen Vor­wand für mil­itärische Oper­a­tio­nen zur „Bekämp­fung kur­dis­ch­er Ter­ror­is­ten“ auf gren­z­na­hem syrischem Gebi­et geben.

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BÜRGERKRIEG IN SYRIEN (Fortschrei­bung)

Karte: IHS Mon­i­torIn den auf Ini­tia­tive von Rus­s­land, Syrien, dem Iran und der Türkei erk­lärten „De-Eskala­tion­szo­nen“ herrscht weit­er­hin ver­gle­ich­sweise Ruhe. Ander­norts gehen die Kämpfe weit­er; islamistis­che Milizen bleiben ohne­hin grund­sät­zlich von allen Feuer­pausen ausgenommen.

Rus­s­land sieht in den „De-Eskala­tion­szo­nen“ die Basis für ein Ende des Bürg­erkrieges. Sie zwän­gen Oppo­si­tion­s­milizen zur räum­lichen Tren­nung von islamistis­chen Ter­ror­grup­pen, und dies eröffne Chan­cen für poli­tis­chen Dia­log. In den Zonen vere­in­barte Feuer­pausen wur­den teil­weise auch schon in formelle regionale Waf­fen­still­stände über­führt. Rus­s­land strebt eine unab­hängige Überwachung von deren Ein­hal­tung an, kann aber ohne UN-Man­dat noch keine nicht im syrischen Bürg­erkrieg involvierten Län­der zur Entsendung von Frieden­strup­pen bewe­gen. So wer­den vor­erst nur rus­sis­che Mil­itär­polizis­ten eingesetzt.

Mar­itime Aspekte

Im östlichen Mit­telmeer operiert weit­er­hin das von der rus­sis­chen Schwarzmeer­flotte geführte Ständi­ge Mit­telmeergeschwad­er (Med­Sqn) der rus­sis­chen Marine.

Kampfein­heit­en sind zurzeit die Fre­gat­te „Pytliviy“ der Schwarzmeer­flotte sowie immer noch die zwei in der Ost­see für die Schwarzmeer­flotte gebaut­en, neuen U‑Boote „Velikiy Nov­gorod“ und „Kolpino“ (KILO-III-Klasse), die ihre Über­führungs­fahrt ins Schwarze Meer für einen nun schon gut acht Wochen dauern­den Ein­satz bei der Med­Sqn unter­brochen haben. Die „Velikiy Nov­gorod“ feuerte am 22. Sep­tem­ber eine unge­nan­nte Anzahl Kali­br Marschflugkör­p­er auf Stel­lun­gen der islamistis­chen Al-Nus­ra-Front in der syrischen Prov­inz Idlib.

Am 25. Sep­tem­ber passierte die Fre­gat­te „Admi­ral Grig­orovich“ der Schwarzmeer­flotte den Bosporus in Rich­tung Mit­telmeer. Sie wird sich allerd­ings nicht sofort der Med­Sqn anschließen, son­dern zunächst nach Kor­fu (Griechen­land) laufen. In einem jährlichen Rou­tinevorhaben der Schwarzmeer­flotte ste­ht dort die Teil­nahme an der „Rus­sis­chen Woche auf den Ion­is­chen Inseln“ auf der Agen­da. Anfang Okto­ber wird dort in jedem Jahr die Befreiung (1798/99) der von Frankre­ich beset­zten Insel­gruppe durch den rus­sis­chen Admi­ral Ushakov gefeiert, die zur Grün­dung der (rus­sisch pro­tek­to­ri­erten) Grün­dung der „Sieben-Inseln-Repub­lik“ führte. Anschließend soll die „Admi­ral Grig­orovich“ dann in der Med­Sqn den Platz ihres bere­its abge­laufe­nen Schwest­er­schiffes „Admi­ral Essen“ einnehmen.

Die auch als „Syr­i­an Express“ beze­ich­nete Liefer­ung von Rüs­tungs­gütern nach Syrien und Nach­schub für die dort einge­set­zten rus­sis­chen Trup­pen wird fort­ge­set­zt, aber mit deut­lich reduziertem Umfang. Während bis etwa Ende Juli wöchentlich mehrere Lan­dungss­chiffe und von der Rus­sis­chen Marine speziell für die Trans­porte gekaufte Frachter den Bosporus passierten, wer­den zurzeit nur noch spo­radisch Pas­sagen erkan­nt. Gründe für das deut­lich reduzierte „Optem­po“ sind nicht bekan­nt; da sich am Bedarf wenig geän­dert haben dürfte, mag man vielle­icht Auswirkun­gen von „Kräfteüberdehnung“ ver­muten. Möglicher­weise wer­den inzwis­chen auch ver­mehrt zivile Frachtschiffe für die Trans­porte gechar­tert, die dann auf dem let­zten Stück ihres Weges im östlichen Mit­telmeer von Ein­heit­en der Med­Sqn begleit­et werden.

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ÄGYPTEN

Am 22. Sep­tem­ber hat die ägyp­tis­che Marine in Lori­ent (Frankre­ich) ihre erste Korvette der franzö­sis­chen GOWIND-Fam­i­lie übernommen.

Schon einen Tag später ver­ließ die „El Fateh“ Frankre­ich zu ihrer Über­führungs­fahrt, die das Schiff allerd­ings nicht direkt nach Ägypten führte. Erstes Ziel war Emden (Deutsch­land), wo die Korvette am 28. Sep­tem­ber ein­lief. Sie soll sich dort in den kom­menden Tagen mit dem in Kiel gebaut­en neuen U‑Boot „S‑42“ (TYP 209/1400) tre­f­fen, um sich dann gemein­sam mit diesem auf die Reise in die zukün­ftige Heimat zu machen.

Im Juni 2014 hat­te die ägyp­tis­che Marine bei der dama­li­gen franzö­sis­chen DCNS (heute Naval Group) vier GOWIND-Korvet­ten bestellt. Typ­schiff „El Fateh“ war in Frankre­ich zu bauen, die anderen drei sollen unter einem Tech­nolo­gi­etrans­fer­abkom­men und mit franzö­sis­ch­er Werfthil­fe in Alexan­dria entste­hen; ein erstes Schiff ist dort auch schon seit April 2016 im Bau. Medi­en­berichte sprachen kurz nach der Auf­tragserteilung von ein­er Option auf noch ein­mal zwei Schiffe. Ob diese wahrgenom­men wer­den soll, ist bish­er unklar.

Hin­ter der Beze­ich­nung GOWIND ste­ht nicht eine spezielle Schiff­sklasse, son­dern eine ganze „Fam­i­lie“ von Korvet­ten und Fre­gat­ten unter­schiedlich­ster Größe und Fähigkeit­en für primär den Export­markt. Von Off­shore Patrol Ves­sel in ver­schiede­nen Größen bis hin zu mehr als 2.000 ts ver­drän­gen­den, auch für U‑Jagd opti­mierten Korvet­ten sind die Schiffe vor allem für Rand­meer­op­er­a­tio­nen und küsten­na­he Ein­sätze ausgelegt.

Bei den für die ägyp­tis­che Marine zu bauen­den GOWIND han­delt es sich um die 2.600 ts ver­drän­gende, 102m lange Vari­ante GOWIND-2500. Diese­lantrieb (CODAD) gibt ihnen eine Reich­weite von mehr als 3.500sm und Höch­st­geschwindigkeit von 25 Kn. Als Bewaffnung der Mehrzweck-Kampf­schiffe wer­den Seeziel-FK Exo­cet, Nah­bere­ichs-Flu­gab­wehr-FK MICA (Senkrecht­start­sys­tem), ein 76-mm-Geschütz und Tor­pe­dos genan­nt. Rumpf­sonar und tiefen­vari­ables Schlepp­sonar (Cap­tas 2) geben sub­stantielle U‑Jagdfähigkeit. In einem Hangar kann ein mit­tel­großer Bor­d­hub­schrauber per­ma­nent mit­ge­führt wer­den. Aus seitlichen Veran­das aus­set­zbare Bei­boote (RHIB) erweit­ern das oper­a­tive Spektrum.

Bewaffnung und Aus­rüs­tung wer­den der ägyp­tis­chen Marine den Ein­satz der GOWIND-Korvet­ten in fast dem gesamten Spek­trum mod­ern­er Seekriegs­führung erlauben. Die neuen Schiffe kön­nen auch als Ein­satz­plat­tfor­men für Kom­man­dotrup­pen dienen oder in asym­metrischen Szenar­ien (Bekämp­fung von Piraterie/Terrorismus, Schutz von Off­shore Anla­gen, Umweltschutz, Search & Res­cue, human­itäre Hil­feleis­tung) einge­set­zt werden.

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AUSTRALIEN

Mit ein­er Feier im Marinestützpunkt Gar­den Island (Syd­ney) hat die aus­tralis­che Marine am 23. Sep­tem­ber ihren neuen Zer­stör­er „Hobart“ in Dienst gestellt.

Gut drei Jahre hin­ter dem ursprünglichen Zeit­plan hat­te die ASC-Werft (Ade­laide) Mitte Juni den ersten von drei neuen Zer­stör­ern der HOBART-Klasse an das Vertei­di­gungsmin­is­teri­um geliefert. 2007 waren die Schiffe im Rah­men von „Pro­jekt SEA 4000“ bestellt wor­den. Mit dem US-Gefechts­führungssys­tem Aegis für Flu­gab­wehr-/Luftraumvertei­di­gung opti­miert, sollen die Air War­fare Destroy­er (AWD) später auch mit für die Raketen­ab­wehr geeigneten Flu­gab­wehr-FK Stan­dard Mis­sile SM‑3 bestückt und tech­nisch überdies für einen Ein­satz von Marschflugkör­pern Tom­a­hawk vor­bere­it­et werden.

Das Design der 6.000 ts großen Schiffe stammt von der spanis­chen Navan­tia, basiert auf den Fre­gat­ten der ALVARO DE BAZAN-Klasse (Typ F‑100) der spanis­chen Marine. Liefer­ung der „Hobart“ war eigentlich schon 2014 geplant, aber erhe­bliche Defizite bei Auf­tragsstruk­tur und Pro­jek­t­man­age­ment führten zu mehrjähri­gen Verzögerun­gen, ja gegen­seit­ige Schuldzuweisun­gen zwis­chen Navan­tia und ASC, Min­is­teri­um und Zulief­er­ern hat­ten das Pro­jekt zwis­chen­zeitlich sog­ar zum Still­stand gebracht. Zugle­ich ver­teuerte es sich um gut 20 Prozent, und die Option für noch ein viertes Schiff wurde denn auch aus Kosten­grün­den fall­en gelassen. Schwest­er­schiff „Bris­bane“ soll im let­zten Quar­tal dieses Jahres Werfter­probun­gen begin­nen; seine Über­gabe an das Vertei­di­gungsmin­is­teri­um ist aktuell im Sep­tem­ber 2018 geplant. Die „Syd­ney“ soll als drittes Schiff „Pro­jekt SEA 4000“ im Früh­jahr 2020 abschließen.

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INDIEN

Fast vier Jahre hin­ter dem ursprünglichen Zeit­plan hat Mazagon Dock­yards das erste von sechs U‑Booten der SCOR­PENE-Klasse an die indis­che Marine geliefert.

Die „Kalvari“ soll noch vor Jahre­sende formell in Dienst gestellt wer­den. Als möglich­er Ter­min gilt der 8. Dezem­ber, der „Sub­ma­rine Day“ der indis­chen Marine. Nur wenig später soll mit der „Khan­deri“ auch schon das erste Schwest­er­boot fol­gen. Das im Jan­u­ar zu Wass­er gelassene U‑Boot soll noch in diesem Jahr Erprobun­gen und Abnah­men abschließen.

Mit jahre­langer Ver­spä­tung fol­gt die Beschaf­fung der U‑Boote des franzö­sis­chen SCOR­PENE-Designs den klas­sis­chen Irrwe­gen und Verzögerun­gen indis­ch­er Rüs­tung­spro­jek­te. Die Anfänge von „Pro­jekt 75“ liegen schon mehr als 15 Jahre zurück, als 2001 mit der franzö­sis­chen DCNS (heute Naval Group) ein Abkom­men über den Bau von zunächst drei, später dann sechs SCORPENE unterze­ich­net wurde. Das erste der mit franzö­sis­ch­er Werfthil­fe und Tech­nolo­gi­etrans­fer in Indi­en zu bauen­den U‑Boote sollte schon 2009 fer­tig sein, aber Kom­pe­ten­zwirrwarr bei der Ver­trags­gestal­tung zwis­chen diversen Behör­den sowie Ver­suche, den Preis zu drück­en, führten zu ein­er ersten mehrjähri­gen Ver­spä­tung. Erst im Okto­ber 2005 gab es eine verbindliche Bestel­lung — und die U‑Boote waren auch schon deut­lich teurer.

2006 wurde im franzö­sis­chen Cher­bourg erste Mod­ule für das erste U‑Boot vorge­fer­tigt und nach Mum­bai ver­schifft, wo MDL sofort mit dem Bau der „Kalvari“ begann; 2007 war Baube­ginn für das zweite, 2008 für das dritte Boot. Alles schien im Lot, man ging nun von Liefer­ung ab 2012/13 aus, aber ein hand­fester Stre­it um den Preis für die U‑Boote machte auch diese Pla­nung hin­fäl­lig. MDL hat­te für die Aus­rüs­tung der Boote (u.a. Gefechts­führungssys­tem) Zusatzverträge mit diversen Zuliefer­fir­men geschlossen, aber in mehr als drei Jahren schaffte es die Regierung nicht, über eine Genehmi­gung dieser Sub­kon­trak­te zu entschei­den. Die Werft musste zwis­chen­zeitlich sog­ar die Arbeit an den drei U‑Booten auf Eis legen.

Nun ste­ht die „Kalvari“ zwar vor ihrer Indi­en­st­stel­lung, aber bis zu uneingeschränk­ter oper­a­tiv­er Ein­satzfähigkeit wer­den wohl noch einige Jahre verge­hen. Zwar wur­den im Zuge der Erprobun­gen auch Seeziel-Flugkör­p­er und Tor­pe­dos geschopssen, aber eine offizielle Bestel­lung von als Haupt­waf­fen­sys­tem vorge­se­henen Schw­ergewicht­stor­pe­dos wurde im Zuständigkeitswirrwarr ange­blich „vergessen“. Das Ver­säum­nis wurde inzwis­chen wohl nachge­holt, aber die Tor­pe­dos kön­nen ange­blich erst „nach 2020“ geliefert wer­den. So wird die „Kalvari“ in ihren ersten Dien­st­jahren wohl noch ohne sie auskom­men müssen.

Einen Rückschlag gibt es auch beim für die let­zten bei­den SCORPENE vorge­se­henen außen­luft-unab­hängigem Antrieb (AIP). Die in Indi­en begonnene Eige­nen­twick­lung kommt nicht voran. Da das Sys­tem abse­hbar nicht zeit­gerecht fer­tig wird, sollen nun auch das 5. und 6. SCORPENE einen nor­malen diesel-elek­trischen Antrieb erhalten.

Das sech­ste U‑Boot von „Pro­jekt 75“ wird „etwa 2022“ erwartet. Da sich auch beim Nach­fol­gevorhaben „Pro­jekt 75i“ ähn­liche Verzögerun­gen abze­ich­nen, und der indis­chen Marine bei zunehmender Über­al­terung ihrer vorhan­de­nen U‑Boote eine Fähigkeit­slücke dro­ht, wird seit mehr als einem Jahr eine Bestel­lung weit­er­er SCORPENE disku­tiert. Entschei­dun­gen hierzu sind allerd­ings – und das mag kaum noch jeman­den ver­wun­dern – noch nicht gefallen.

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NORDKOREA (Fortschrei­bung)

Nord­ko­rea hat in der abge­laufe­nen Woche auf neue Pro­voka­tio­nen in Form von Raketen­starts oder Atom­tests verzichtet.

Ver­bale Dro­hun­gen und über die staatlichen Medi­en ver­bre­it­ete Pro­pa­gan­da gehen aber unver­min­dert weit­er. So sieht Nord­ko­re­as Außen­min­is­ter in den Äußerun­gen von US-Präsi­dent Trump eine “offizielle Kriegserk­lärung”; in Eigen­vertei­di­gung ste­he es Nord­ko­rea damit frei, US-Flugzeuge über­all — auch in inter­na­tionalem Luftraum — zu bekämpfen. Das staatliche Fernse­hen zeigte ein dig­i­tal manip­uliertes Video, in dem der Abschuss von US-Kampf­flugzeu­gen und sog­ar die Versenkung eines US-Flugzeugträgers zu sehen war.

Unter­dessen wer­den die durch den UN-Sicher­heit­srat ver­hängten neuen Sank­tio­nen inter­na­tion­al umge­set­zt. Chi­na hat die Schließung aller nord­ko­re­anis­chen Fir­men ange­ord­net. Eine zeit­na­he Wirkung der Sank­tio­nen wird jedoch nicht erwartet. Nord­ko­rea bekräftigt im Gegen­teil unverän­dert den Willen, die Entwick­lung von Atom­waf­fen und Raketen fort­set­zen, bis “Gle­ichgewicht zu den USA” hergestellt sei. Die Suche nach ein­er diplo­ma­tis­chen Lösung bleibt also schwierig, und bei all­ge­mein erwarteten neuen Aktio­nen Nord­ko­re­as ist weit­ere Eskala­tion jed­erzeit möglich. Hart­näck­ig hal­ten sich Gerüchte zu einem ange­blich geplanten Test ein­er Wasser­stoff­bombe im Pazifik.

Soll­ten “Sank­tio­nen und diplo­ma­tis­ch­er Druck der Welt­ge­mein­schaft ohne Wirkung bleiben und die Vere­in­ten Natio­nen am Ende ihrer Möglichkeit­en” seien, wer­den für die USA mil­itärische Optio­nen “prak­tisch unauswe­ich­lich”. US Vertei­di­gungsmin­is­ter Mat­tis ergänzte, man ver­füge dur­chaus über geeignete Mit­tel, Nord­ko­rea anzu­greifen, ohne dabei Süd­ko­rea einem tödlichen Gege­nan­griff auszuset­zen. Am 28. Sep­tem­ber kündigte das Pen­ta­gon eine ver­mehrte Ver­legung “strate­gis­ch­er Kräfte” nach Süd­ko­rea an.

Südlich der kore­anis­chen Hal­binsel hat die “Ronald Rea­gan” Car­ri­er Strike Group der US Navy am 22. Sep­tem­ber mehrtägige Übun­gen mit dem Hub­schrauberträger “Ise” und zwei Zer­stör­ern der japanis­chen Marine begonnen. Anfang Okto­ber sind für den Flugzeugträger Manöver mit der süd­ko­re­anis­chen Marine geplant, an denen sich möglicher­weise auch die japanis­che Marine beteili­gen wird.

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RUSSLAND

CHINA

Vor Wladi­wos­tok haben die rus­sis­che und die chi­ne­sis­che Marine die “zweite Phase” ihrer diesjähri­gen Übung “Joint Sea” durchgeführt.

Die erste Phase hat­te im Juli in der Ost­see stattge­fun­den. Ein chi­ne­sis­ch­er Ver­band hat­te dazu zur Baltischen Flotte nach Baltiysk ver­legt und anschließend noch inn St. Peters­burg an den Feier­lichkeit­en zum rus­sis­chen “Tag der Marine” teilgenommen.

Fed­er­führung für “Joint Sea 2017–2” hat­te nun die rus­sis­che Paz­i­fik­flotte. Am 18. Sep­tem­ber traf ein Ver­band der chi­ne­sis­chen Nord­flotte mit je einem Zer­stör­er, ein­er Fre­gat­te, einem U‑Boot-Ret­tungss­chiff und einem Ver­sorg­er in Vladi­wos­tok ein. In ein­er Hafen­phase wur­den neben kul­turellen und sportlichen Ver­anstal­tun­gen zum gegen­seit­i­gen Ken­nen­ler­nen und “Open Ship” für die örtliche Bevölkerung let­zte Übungs­de­tails abgesprochen.

Die rus­sis­che Marine sollte nach offizieller Ankündi­gung einen Zer­stör­er, eine neue FK-Korvette, zwei U‑Boote, das mod­ern­ste U‑Bootrettungsschiff “Igor Belousov” sowie Flugzeuge und Hub­schrauber in die Übung ein­brin­gen. Spätere Fotos zeigten dann aber das Flag­gschiff der Paz­i­fik­flotte, den FK-Kreuzer “Varyag” bei den gemein­samen Übun­gen in See.

Die vor­ab angekündigten Übungsin­halte soll­ten ein bre­ites Spek­trum mod­ern­er Seekriegs­führung abdeck­en. Neben tak­tis­chen Fahrmanövern, Fer­n­meldeübun­gen und Search & Res­cue sollte ein deut­lich­er Schw­er­punkt auf U‑Jagd liegen, ja erst­mals über­haupt wollte man auch eine gemein­same U‑Bootrettungsübung durch­führen. Am 21. Sep­tem­ber liefen alle teil­nehmenden Ein­heit­en in die Übungs­ge­bi­ete in der Japansee und im Ochot­skischen Meer aus, um dort die vorgegebe­nen “Seri­als” (Teilübun­gen) der Rei­he nach abzuar­beit­en. Presseerk­lärun­gen sprachen von gemein­samen Schießab­schnit­ten gegen See- und Luftziele, Hub­schrauber­op­er­a­tio­nen und einem “Mar­itime Secu­ri­ty Szenario” in dessen Ver­lauf ein von Pirat­en gekapertes Schiff gesucht, gefun­den und befre­it wurde.

Laut Ankündi­gung sollte “Joint Sea” bis zum 26. Sep­tem­ber dauern, aber schon am 25. Sep­tem­ber wurde in der Japansee eine “Farewell Zer­e­monie” durchge­führt, und die chi­ne­sis­chen Ein­heit­en macht­en sich unmit­tel­bar auch schon auf den Heimweg.

Die zuvor als Höhep­unkt angekündigte “erste gemein­same rus­sisch-chi­ne­sis­che U‑Bootsrettungsübung” wurde in während der Übung her­aus­gegebe­nen Pressemel­dun­gen über­haupt nicht the­ma­tisiert und in der abschließen­den offiziellen Erk­lärung des rus­sis­chen Gen­er­al­stabes zum Übungsende auch nur am Rande erwäh­nt. Keines der vom rus­sis­chen und chi­ne­sis­chen Vertei­di­gungsmin­is­teri­um im Inter­net veröf­fentlicht­en Fotos zeigt eines der teil­nehmenden U‑Boot-Ret­tungss­chiffe in See. Man muss wohl davon aus­ge­hen, dass U‑Boot-Ret­tung bei “Joint Sea 2017–2” nicht die eigentlich zu erwartende Bedeu­tung gehabt hat. Möglicher­weise beschränk­te man sich auf gegen­seit­ige Besich­ti­gun­gen der U‑Boot-Ret­tungss­chiffe sowie Sem­i­nare und Vor­führun­gen von Ret­tungs­gerät im Hafen. Vielle­icht gab es bei der Durch­führung aber auch “Entwick­lun­gen”, die einen Verzicht auf eine zu detail­lierte Presse­berichter­stat­tung nahelegten.

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USA

NATO

Das Ein­tr­e­f­fen von 14 Kampf­schif­f­en im schot­tis­chen Faslane markierte den Beginn der multi­na­tionalen Raketen­ab­wehrübung “For­mi­da­ble Shield 2017”.

Seegestützte Raketen­ab­wehr für Europa soll nicht nur durch vier dazu per­ma­nent nach Rota (Spanien) ver­legte Zer­stör­er der US Navy geleis­tet wer­den; Auch die europäis­chen Mari­nen selb­st sollen – und wollen — sich mit eige­nen Schif­f­en aktiv in einen europäis­chen Raketen­ab­wehrver­bund ein­brin­gen. Basis dafür ist das Mar­itime The­atre Mis­sile Defense (MTMD) Forum. Mit­glieder sind hier neben den USA, Kana­da (und Aus­tralien) auch Deutsch­land, Frankre­ich, Großbri­tan­nien, Ital­ien, die Nieder­lande, Nor­we­gen und Spanien.

Bei der vor zwei Jahren vor den schot­tis­chen Hebri­den durchge­führten „At Sea Demon­stra­tion 2015“ hat­ten erst­mals Kampf­schiffe der Mari­nen der europäis­chen Part­ner des MTMD Forums ihre Fähigkeit­en zu „Inter­op­er­abil­ität in einem multi­na­tionalen Net­zw­erk zur Luftraumvertei­di­gung und Raketen­ab­wehr“ einem Prax­is­test unter­zo­gen. Im gle­ichen Seege­bi­et soll nun das von der 6. US-Flotte geführte “For­mi­da­ble Shield 2017” darauf aufbauen.

Ins­ge­samt nehmen 14 Schiffe und zehn Flugzeuge an der Übung teil. Führungss­chiff ist ein Aegis-Zer­stör­er der US Navy; die Deutsche Marine ist mit der Fre­gat­te „Sach­sen“ beteiligt. Die britis­che Roy­al Navy bringt einen Zer­stör­er TYPE 45 und zwei Fre­gat­ten TYPE 23 ein. Weit­ere Kampf­schiffe kom­men aus Frankre­ich, Ital­ien, Kana­da, den Nieder­lan­den und Spanien. Die nor­wegis­che Marine ist dies­mal offen­bar nicht mit von der Partie.

In mehreren Phasen bere­it­en sich die Teil­nehmer zunächst im Hafen und dann in Sim­u­la­tio­nen in See auf die viertägi­gen zen­tralen Übungsab­schnitte vor, bei denen in Live-Schießen nacheinan­der diverse Szenar­ien zur Bekämp­fung von Flugkör­pern “abgear­beit­et” wer­den sollen. Ins­ge­samt sollen zwölf unter­schiedliche Ziel­d­arstel­lungs-Flugkör­p­er aktiv bekämpft wer­den. Die Band­bre­ite reicht von Nah­bere­ichsab­wehr von Seeziel-FK und Marschflugkör­pern über Ver­bands­flu­gab­wehr und Area Air Defence bis hin zur Bekämp­fung exo-atmo­sphärisch anfliegen­den bal­lis­tis­chen Raketen. Bei Let­zteren wer­den die nicht zur eigen­ständi­gen Raketen­ab­wehr befähigten Ein­heit­en in großräu­mige Lage­bilder­stel­lung sowie Erfas­sung und Ver­fol­gung von Flugkör­pern mit let­z­tendlich­er Zielzuweisung einge­bun­den. Wesentlich­es Ziel der Übung ist nicht die Darstel­lung der Fähigkeit­en einzel­ner Schiffe zu Luftraumvertei­di­gung und Flugkör­per­bekämp­fung, son­dern die Schaf­fung eines Ver­bun­des, in den jedes Schiff — unter Nutzung von NATO-Führungsstruk­turen — bei Pla­nung, Lage­bilder­stel­lung und koor­diniertem Waf­fenein­satz seine spez­i­fis­chen Fähigkeit­en in ein Net­zw­erk einbringt.

For­mi­da­ble Shield 2017” soll am 18. Okto­ber zu Ende gehen. Marine­Fo­rum plant für kom­mende Hefte eine aus­führliche Berichter­stat­tung zur Übung.

Kurz­fas­sung
MarineForum Wochenschau vom 29. September 2017
Artikelüber­schrift
Marine­Fo­rum Wochen­schau vom 29. Sep­tem­ber 2017
Erk­lärung
Das Geschehen auf den Welt­meeren in der wöchentlichen Übersicht
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