Wer soll das bezahlen? — Die US Navy zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Im Dezem­ber 2016 gab die US-Navy ihre neue Ziel­größe bekan­nt. Kün­ftig soll die Kriegs­flotte (Bat­tle Force) auf 355 Schiffe anwach­sen. Die erst zwei Jahre zuvor beschlossene bish­erige Ziel­größe betrug 308 Schiffe. Die aktuelle Kriegs­flotte umfasst 276 Schiffe. Im Ver­gle­ich zu heute beab­sichtigt die Navy fol­glich einen Aus­bau um rund dreißig Prozent.

Zur Verdeut­lichung: Die zitierten Zif­fern umfassen sowohl die eigentlichen Kriegss­chiffe (ein­schließlich Minenkampf­schiffe aber ohne Patrouil­len­boote) sowie auch Flot­ten­ver­sorg­er, U‑Boot-Ten­der, Führungs- und Aufk­lärungss­chiffe sowie Hochseeschlep­per und ‑bergungss­chiffe. Die angestrebte, aus 355 Schif­f­en beste­hende Kriegs­flotte soll 284 Kriegss­chiffe umfassen: 12 Flugzeugträger (heute: 10); 38 amphibis­che Schiffe (31); 104 große Kampf­schiffe (Kreuzer, Zer­stör­er) (heute: 85); 52 kleine Kampf­schiffe (Fre­gat­ten und LCS/Littoral Com­bat Ship) (19); 66 Jag­dun­ter­see­boote (56 ein­schließlich vier Lenkwaf­fe­nun­ter­see­boote) und 12 strate­gis­che U‑Boote (14). Die angestrebte Flotte hätte somit 69 mehr Kom­bat­tan­ten als die gegenwärtige.

Die Entschei­dung zugun­sten des Flot­te­naus­baus beruht auf ein­er Force Struc­ture Assess­ment (FSA) Analyse, die im let­zten Jahr der Oba­ma-Admin­is­tra­tion durchge­führt wurde. FSA wer­den in Abstän­den von weni­gen Jahren durchge­führt, um zu gewährleis­ten, dass die Kräftestruk­tur der Navy mit der langfristi­gen Vertei­di­gungsstrate­gie der USA im Ein­klang ist. Der Flot­te­naus­bau soll die Fähigkeit der Navy gewährleis­ten, Hochseeein­sätze gegen starke Geg­n­er – sprich Rus­s­land und Chi­na– durchzuführen, ohne die Fähigkeit für Ein­sätze in den Litoral­gewässern einzubüßen.

Kapaz­itäts­gren­zen

Die Navy prüft noch, über welchen Zeitraum der Aus­bau auf 355 Ein­heit­en vol­l­zo­gen wer­den soll beziehungsweise kann. Die über­parteiliche Rech­nungs­be­hörde des US-Kon­gress­es (Con­gres­sion­al Bud­get Office – CBO) stellte im April eine Studie über die neue Struk­tur­pla­nung vor. Die CBO-Experten befan­den, dass die angestrebte Flot­ten­struk­tur selb­st bei größter Anstren­gung früh­estens 2035, also in achtzehn Jahren, zu erre­ichen wäre. Weniger kom­pliziert wäre der Auf­bau über drei Jahrzehnte hin­weg. Im Zeitraum 2017–2047 müsste die Navy 329 neue Schiffe kaufen, um sowohl aus­ge­musterte Ein­heit­en zu erset­zen als auch die Gesamt­stärke der Flotte auszubauen.

Das sind 75 Schiffe mehr, als gemäß der bish­eri­gen Pla­nung vorge­se­hen waren. Über dreißig Jahre hin­weg wären dies 11 Ein­heit­en jährlich. Im ersten Jahrzehnt des Aus­baus müssten sog­ar zwölf bis fün­fzehn Ein­heit­en jährlich erwor­ben wer­den, wenn der Aus­bau in der kürzest-möglichen Zeit erfol­gen soll, stellt der CBO-Bericht fest. Auch die affine Beschaf­fung zur Ausstat­tung der Schiffe mit Waf­fen, Elek­tron­ik und Flugzeu­gen müsste entsprechend gesteigert werden.

Das poten­zielle Tem­po des Flot­te­naus­baus wird nicht zulet­zt durch die Kapaz­ität der US-Werften bes­timmt. Im Ver­lauf der let­zten zwei Jahrzehnte erfol­gte eine starke Kon­so­li­dierung der Schiffs­bauin­dus­trie. Der mil­itärische Schiff­bau der USA erfol­gt heute auf fünf Großw­erften und zwei mit­tel­großen Werften. Zwei der Großw­erften gehören der Fir­ma Hunt­ing­ton Ingalls Indus­tries (HII): Ingalls Ship­build­ing in Mis­sis­sip­pi (Zer­stör­er und amphibis­che Kriegss­chiffe) und New­port News Ship­build­ing in Vir­ginia (Flugzeugträger und Unter­see­boote). Die übri­gen Großw­erften gehören Gen­er­al Dynam­ics: Bath Iron Works in Maine (Zer­stör­er), Elec­tric Boat in Con­necti­cut (U‑Boote), und NASSCO in Cal­i­for­nia (Logis­tikschiffe und Hilfsschiffe).

Die mit­tleren Werften gehören Fin­cantieri Marinette Marine in Wis­con­sin (LCS) und Austal USA in Alaba­ma (LCS und Kata­ma­ran­fähren, wobei Let­ztere nicht zur Kriegs­flotte gerech­net wer­den). Hinzu kom­men mehrere mit­tel­ständis­che Unternehmen, die kleinere Ein­heit­en für die Navy und für die Coast Guard bauen; diese Werften sind allerd­ings nicht aus­gerichtet, „Bat­tle Force“ Schiffe herzustellen.

'Carl Vinson' - einer von künftig 12 Flugzeugträgern (Foto: US Navy)
170623-N-WE240-067 SAN DIEGO (June 23, 2017) Sailors man the rails as the Nimitz-class air­craft car­ri­er USS Carl Vin­son (CVN 70) returns to its home­port of Naval Air Sta­tion North Island. Carl Vin­son Strike Group com­plet­ed a five-and-a-half-month deploy­ment to the West­ern Pacif­ic. (U.S. Navy pho­to by Mass Com­mu­ni­ca­tion Spe­cial­ist 3rd Class Elton Charles Wheeler/Released)

In den let­zten Jahren wer­den durch­schnit­tlich 8,3 Schiffe pro Jahr für die Navy gebaut. Eine Pro­duk­tion­ssteigerung auf min­destens 12 Ein­heit­en wird einen Aus­bau der Kapaz­itäten erfordern. Bis zu vier Mil­liar­den Dol­lar müssten in die Fir­menin­fra­struk­tur investiert wer­den. Fern­er müsste die Belegschaft um rund vierzig Prozent erweit­ert wer­den. Ein­stel­lung und Aus­bil­dung ein­er großen Anzahl Fachkräfte, ohne Qual­itäts­stan­dards und Effizienz einzubüßen, gilt mithin als schwierig­ster Aspekt ein­er Kapazitätsausweitung.

Der CBO-Bericht schätzt, dass der U‑Boot-Sek­tor die größten Schwierigkeit­en haben wird, sich auf ein gesteigertes Beschaf­fung­stem­po einzuricht­en. Gegen­wär­tig wer­den zwei Jag­dun­ter­see­boote jährlich gebaut. Falls die End­stärke der neuen Kriegs­flotte in weniger als zwanzig Jahren erre­icht wer­den soll, müssten vier Jagd-Unter­see­boote jährlich gebaut wer­den; gle­ichzeit­ig soll 2021 der Bau des ersten strate­gis­chen Unter­see­boots der COLUM­BIA-Klasse begin­nen. Die Kapaz­itäten müssten dem­nach erhe­blich erweit­ert wer­den. Falls der Flot­te­naus­bau hinge­gen auf dreißig Jahre aus­gelegt würde, käme die Indus­trie mit gerin­geren Investi­tio­nen weg.

Das Poten­zial beste­ht“, erk­lärte Rear Admi­ral Michael Jabely, Navy-Refer­at­sleit­er für U‑Boot-Pro­gramme, im März. „Die Frage lautet: ab welchem Zeit­punkt muss man mit dem Bau neuer Ein­rich­tun­gen und der Ein­stel­lung neuen Per­son­als begin­nen? Wir expandieren bere­its jet­zt Infra­struk­tur und Per­son­albe­stand, nur um die neue strate­gis­che COLUM­BIA-U-Boot-Klasse herzustellen. Wir müssen eruieren, wie wir die Navy in angemessen­er Zeit auf 66 Jagd-U-Boote brin­gen (…) ohne den U‑Boot-Sek­tor kaputt zu machen.”

Auf dem Flugzeugträgersek­tor müsste alle drei bis vier Jahre ein neues Schiff auf Kiel gelegt wer­den; heute wer­den Träger in fün­fjähri­gen Abstän­den gebaut. Auch hier wären nen­nenswerte, aber über­schaubare Kapaz­ität­ser­weiterun­gen erforder­lich. Bei den übri­gen Über­wasserkriegss­chif­f­en ein­schließlich der amphibis­chen Schiffe wäre die Her­aus­forderung weniger drastisch. Zwar müsste zusät­zlich­es Per­son­al eingestellt wer­den, doch beste­ht auf mehreren Werften derzeit über­schüs­sige Infra­struk­tur, die bei einem gesteigerten Beschaf­fung­stem­po wieder aktiviert wer­den kann.

Zusät­zlich zu den Werften müssten Tausende Zulief­er­er und Dien­stleis­ter ihre Kapaz­itäten eben­falls erweit­ern. Auch hier dürfte Fachkräfte­man­gel die größte Hürde darstellen. Der Aus­bau der Kapaz­itäten wird, zumin­d­est auf eini­gen Sek­toren, mehrere Jahre erfordern, gilt jedoch als mach­bar. Selb­st bei max­i­maler Aus­las­tung sämtlich­er Pro­duk­tion­san­la­gen kön­nte der mil­itärische Schiffs­bau in den USA nicht auf mehr als 15 Bat­tle Force Ein­heit­en pro Jahr gesteigert werden.

Neben den Pro­duk­tion­san­la­gen müsste auch die Wartungska­paz­ität aus­ge­baut wer­den. Bere­its heute lei­det die US-Navy unter einem wesentlichen Wartungsrück­stand bei Schif­f­en und Flugzeu­gen. Die Navy-Führung beklagt seit Jahren, dass dieser Rück­stand die Ein­satzbere­itschaft der Flotte beein­trächtigt und das Entsendung­stem­po drosselt. Der aktuelle Rück­stand beruht allerd­ings nicht auf Infra­struk­tur­man­gel, son­dern primär auf unzure­ichen­der Bewil­li­gung für Wartungsetats.

Flot­ten­zusam­menset­zung ungewiss

Eine 355-Schiffe umfassende Kriegs­flotte würde, im Ver­gle­ich zur aktuellen Flotte, 19.000 zusät­zliche Planstellen für Schiffs­be­satzun­gen und 29.000 zusät­zliche – mil­itärische und zivile – Planstellen für Stabs- und Unter­stützungsper­son­al erfordern, befand die CBO-Studie. Navy-Per­son­alchef Vice Admi­ral Robert Burke schätzte im März den Bedarf an neuen Schiffs­be­satzun­gen sog­ar auf 20.000 bis 40.000. „Die genaue Anzahl wird davon abhän­gen, wie die Flotte zusam­menge­set­zt ist“, erk­lärte er vor dem US-Kongress.

Admi­ral Burke sprach damit einen weit­eren wesentlichen Aspekt des Aus­baupro­jek­ts an. Die Navy arbeit­et mit ein­er Vielzahl an Pla­nungs­doku­menten mit Laufzeit­en zwis­chen einem Jahr und dreißig Jahren. Die mit­tel- und langfristi­gen Pläne wer­den allerd­ings jährlich aktu­al­isiert (und dabei früher oder später in wesentlichen Aspek­ten verän­dert). Dabei besitzt die Navy mit­tel- bis langfristig in der Regel nur ein begren­ztes Bild der kün­ftig zu beschaf­fend­en Schiffe. Es gibt Vor­gaben hin­sichtlich der gewün­scht­en Fähigkeit­en sowie der Anzahl der Schiffe der ver­schiede­nen Kategorien.

Ob diese Fähigkeit­en durch den Erwerb völ­lig neu entwick­el­ter Klassen oder durch For­ten­twick­lung gegen­wär­tig im Bau befind­lich­er Klassen oder gar durch Ver­längerung des Ein­sat­zlebens der gegen­wär­ti­gen Ein­heit­en gewährleis­tet wer­den, ist häu­fig ungewiss. Aktuelle Prog­nosen hin­sichtlich der Kosten und der Aus­liefer­ung kün­ftiger Schiff­sklassen und ‑ein­heit­en sind fol­glich nur bed­ingt zuver­läs­sig. Fest ste­ht, dass die fort­ge­set­zte Beschaf­fung bere­its im Bau befind­lich­er Schiff­sklassen mit weniger Aufwand durch die Indus­trie zu bew­erk­stel­li­gen wäre. Auch die Gefahr, dass tech­nol­o­gis­che Hür­den das Tem­po des Beschaf­fung­spro­gramms gefährden, wäre bei der Beschaf­fung bewährter Klassen geringer.

Unab­hängig des genauen Tem­pos schätzt die CBO-Studie die Beschaf­fungs- und Betrieb­skosten dieser Flotte für den Zeitraum 2018–2047 auf durch­schnit­tlich 102 Mil­liar­den Dol­lar pro Jahr (Kaufkraft­ba­sis: 2017). Dies wäre eine Kosten­steigerung um rund 38 Mil­liar­den Dol­lar jährlich im Ver­gle­ich zu den Beschaf­fungs- und Unter­halt­skosten der aktuellen Flotte. Von den zitierten 102 Mil­liar­den Dol­lar Jahreskosten ent­fie­len durch­schnit­tlich 26,6 Mil­liar­den auf Beschaf­fung; dies wäre 40 Prozent mehr, als 2016 für Schiffs­beschaf­fung bewil­ligt wurde. Kosten­steigerun­gen, ins­beson­dere bei kün­ftig zu entwick­el­nden Schiff­sklassen, sind zu erwarten.

Ver­fahrenes Etatverfahren

Bau und Ausstat­tung neuer Navy-Schiffe wer­den, eben­so wie tief­greifende Umbau- und Über­hol­ungs­maß­nah­men, durch einen geson­derten Posten im Vertei­di­gungs­bud­get finanziert (Ship­build­ing and Con­ver­sion – SCN). Gelder für SCN-Pro­jek­te wer­den für bis zu fünf Jahre bewil­ligt und ste­hen in der Regel für die Beschaf­fung (oder Über­hol­ung) mehrerer Ein­heit­en ein­er Klasse zur Ver­fü­gung. SCN-Aus­gaben stellen im Schnitt ein Drit­tel des jährlichen Navy-Etats dar.

Über diese fün­fjähri­gen Bewil­li­gun­gen hin­aus beste­ht allerd­ings keine fiskalis­che Grund­lage für die Beschaf­fungs­pla­nung. Das Pen­ta­gon legt zwar jährlich auch länger­fristige Aus­gaben­pläne vor, um voraus­sichtliche Kosten kün­ftiger Struk­tur­pläne, Per­son­al- und Betrieb­skosten zu begrün­den, doch haben diese grund­sät­zlich nur „Wun­schcharak­ter“. Der Kongress bes­timmt jährlich, was tat­säch­lich bewil­ligt wird.

Dies ist zwar in ein­er Demokratie selb­stver­ständlich, doch ist das Etat­sys­tem der US-Regierung beson­ders kom­plex, was wiederum die langfristige Pla­nung für Stre­itkräftestruk­tur und Beschaf­fung erschw­ert. Der Präsi­dent legt dem Kongress jährlich den Etatantrag der Regierung vor. Dieser Antrag wird in bei­den Kam­mern des Kon­gress­es sowohl vom Vertei­di­gungsauss­chuss sowie vom all­ge­meinen Bewil­li­gungsauss­chuss sep­a­rat geprüft. Jed­er dieser vier Auss­chüsse nimmt Änderun­gen am Antrag vor und erstellt so einen eige­nen Haushalt­sen­twurf, der sich unter Umstän­den wesentlich vom Antrag des Präsi­den­ten unter­schei­den kann.

Navy und Marine Corps fordern seit Jahren Ausbau (Foto: US Navy)
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CORAL SEA (July 10, 2017) The amphibi­ous assault ship USS Bon­homme Richard (LHD 6), right, tran­sits along­side the Hen­ry J. Kaiser-class fleet replen­ish­ment oil­er USNS John Eric­s­son (T‑AO 194) and the amphibi­ous dock land­ing ship USS Ash­land (LSD 48) dur­ing a replen­ish­ment-at-sea dur­ing Tal­is­man Saber 2017. Bon­homme Richard is part of a com­bined U.S., Aus­tralia and New Zealand expe­di­tionary strike group and is under­go­ing a series of sce­nar­ios that will increase naval pro­fi­cien­cies in oper­at­ing against blue-water adver­sar­i­al threats and in its pri­ma­ry mis­sion of launch­ing Marine forces ashore in the lit­torals. Tal­is­man Saber is a bien­ni­al U.S.-Australia bilat­er­al exer­cise held off the coast of Aus­tralia, meant to achieve inter­op­er­abil­i­ty and strength­en the U.S.-Australia alliance. (U.S. Navy pho­to by Mass Com­mu­ni­ca­tion Spe­cial­ist 2nd Class Sarah Villegas/Released)

Nach einge­hen­der Debat­te dieser Entwürfe in der jew­eili­gen Vol­lver­samm­lung ver­ab­schieden das Repräsen­tan­ten­haus und der Sen­at zwei sep­a­rate Bewil­li­gungs­ge­set­ze, die sich wiederum mehr oder min­der voneinan­der unter­schei­den. Ein aus Repräsen­tan­ten und Sen­a­toren gebilde­ter Auss­chuss erar­beit­et einen Kom­pro­mis­shaushalt, der von bei­den Kam­mern akzep­tiert wer­den kann. Nach Ver­ab­schiedung dieses Haushalts durch bei­de Leg­isla­tivkam­mern wird das Bewil­li­gungs­ge­setz endlich dem Präsi­den­ten zur Unterze­ich­nung vorgelegt.

Für die Vertei­di­gungs­pla­nung ist das Bewil­li­gungssys­tem vor allem frus­tri­erend, weil der Kongress nicht nur über die Höhe des Haushalts, son­dern auch über die detail­lierte Verteilung und Ver­wen­dung der Gelder befind­et. Dabei fügen die Abge­ord­neten nach eigen­er Bew­er­tung Etat­posten hinzu, die vom Mil­itär nicht beantragt wur­den und teil­weise sog­ar uner­wün­scht sind. Andere Posten wer­den gestrichen oder reduziert.

Dies lässt sich an der aktuellen Debat­te über den Navy-Etat für das Fiskal­jahr 2018 (Fis­cal Year 2018 – FY 2018) verdeut­lichen. Die Regierung Trump beantragte für das Vertei­di­gungsmin­is­teri­um einen Basishaushalt in Höhe von 582,3 Mil­liar­den Dol­lar. Die Entwürfe des Repräsen­tan­ten­haus­es (Basis­bud­get: 593 Mil­liar­den;) und des Sen­ats (Basis­bud­get: 611 Mil­liar­den) liegen bei­de über dem Antrag des Präsidenten.

Für die Navy beantragte die Regierung die Beschaf­fung von neun Schif­f­en sowie die Schaf­fung von 4.000 Planstellen (aktiv­er Dienst). Das Repräsen­tan­ten­haus möchte (über den Antrag des Präsi­den­ten hin­aus) 1.000 neue Planstellen für die Reserve schaf­fen. Das „Haus“ möchte fern­er über den Antrag der Navy hin­aus acht zusät­zliche F/A‑18 bewil­li­gen, der Sen­at sog­ar zehn. Bei­de Kam­mern wollen je einen Zer­stör­er und ein amphibis­ches Kriegss­chiff über den Pen­ta­gon-Antrag hin­aus bewil­li­gen. Das „Haus“ fügte fern­er zwei zusät­zliche LCS zum Etat hinzu, während der Sen­at stattdessen ein weit­eres Jagd-U-Boot zum Etat hinzufügte. Dies wider­spricht dem Ansin­nen des Vertei­di­gungsmin­is­ters, der im kom­menden Jahr den Schw­er­punkt auf Steigerung der Ein­satzbere­itschaft und Abbau des Wartungsrück­standes set­zen will.

Unzure­ichende Mittel

Fraglich bleibt allerd­ings, ob ein ordentlich­er Haushalt für das Fiskal­jahr 2018 (Laufzeit: 01.10.2017–31.09.2018) über­haupt ver­ab­schiedet wird. Seit 2011 wurde lediglich 2016 ein ein­heitlich­er Etat durch den Kongress ver­ab­schiedet und vom Präsi­den­ten unterze­ich­net. In den übri­gen Jahren wurde der Staats­be­trieb durch eine Rei­he „kon­tinuier­lich­er Res­o­lu­tio­nen“ gewährleis­tet. Gemäß diesem Ver­fahren bewil­ligt der Kongress die gle­iche oder eine ähn­liche Etat­summe wie im Vor­jahr, wenn keine Eini­gung zwis­chen den Kam­mern oder zwis­chen Leg­isla­tive und Exeku­tive zus­tande kommt.

Das 2011 ver­ab­schiedete Bud­get Con­trol Act (BCA) Gesetz (auch als „Seques­tra­tions-Gesetz“ bekan­nt) trägt wesentlich zu dem Etat­dilem­ma bei. Das auf zehn Jahre (2012–2021) aus­gelegte BCA legt für jede Aus­gabenkat­e­gorie des Bun­de­shaushaltes jährliche Ober­gren­zen fest und soll so zur Eindäm­mung der Staatsver­schul­dung beitra­gen. Im Rah­men des BCA wur­den die im Zehn­jahre­s­plan des Pen­tagons vorge­se­henen Aus­gaben um durch­schnit­tlich 12 Prozent jährlich gekürzt.

Diese Summe reicht allerd­ings nicht aus, um sowohl das aktuelle Mil­itär ein­satzbere­it zu hal­ten, laufende Überseev­erpflich­tun­gen durchzuführen und Beschaf­fung für die Zukun­ft vorzunehmen. Fol­glich wer­den die Ober­gren­zen von Anfang an umgan­gen. Ein­er­seits ver­ab­schiedete der Kongress ein Son­derge­setz, dass die Ober­gren­zen für 2014 und 2015 anhob, ander­er­seits wer­den in jedem Jahr (zumeist mehrere) Zusatzbe­wil­li­gun­gen ver­ab­schiedet. Diese Zusatzbe­wil­li­gun­gen deck­en unter anderem die laufend­en Aus­land­sein­sätze, kön­nen grund­sät­zlich aber auch für strate­gisch-wichtige Beschaf­fung­spro­gramme vergeben wer­den, die aus Kosten­grün­den nicht aus dem Basishaushalt gedeckt werden.

Solange die Seques­tra­tionsober­gren­zen greifen, wird es kaum möglich sein, das bish­erige Tem­po der Schiffs­beschaf­fung wesentlich zu steigern. Mit dem Aus­laufen des BCA wäre der Weg frei, ab 2022 wesentlich höhere Vertei­di­gungse­tats zu ver­ab­schieden, um einen Aus­bau der Stre­itkräfte – ein­schließlich der Navy – voranzutreiben.

Der von der Regierung Trump im Früh­jahr vorgelegte Zehn­jahre­s­plan für Staat­saus­gaben sieht einen laufend­en Anstieg der Vertei­di­gungsaus­gaben vor – bis auf 727 Mil­liar­den Dol­lar im Jahr 2027. Dies reicht allerd­ings nach ein­hel­liger Mei­n­ung von Bud­get­ex­perten nicht aus, um den von Trump befür­worteten mas­siv­en Aus­bau der Stre­itkräfte – ein­schließlich der Flotte – zu finanzieren. Im Ver­lauf der näch­sten fünf Jahre sollen gemäß der Trump’schen Vor­lage 42 Schiffe beschafft wer­den – genau­so viele wie unter der bish­eri­gen Pla­nung der Regierung Obama.

Einige Leg­is­la­toren fordern daher wesentlich höhere Vertei­di­gungsaus­gaben. Sen­a­tor John McCain, Vor­sitzen­der des Vertei­di­gungsauss­chuss­es im Ober­haus, präsen­tierte beispiel­sweise im Jan­u­ar einen eige­nen Etatvorschlag. McCain fordert bere­its für FY 2018 ein Pen­ta­gon-Basise­tat in Höhe von 640,3 Mil­liar­den Dol­lar (obwohl die gültige Seques­tra­tionsober­gren­ze bei 549,3 Mil­liar­den liegt). Im Zeitraum 2018- 2022 möchte McCain bere­its 59 Schiffe in Auf­trag geben. Alleine in den näch­sten fünf Jahren würde der McCain Plan die Vertei­di­gungsaus­gaben um 430 Mil­liar­den Dol­lar steigern.

Flot­ten­plan auf Zeit

Wom­it der Pfer­de­fuß des neuen Flot­ten­plans erre­icht wäre. Der US-Vertei­di­gungse­tat ist bere­its der höch­ste der Welt. Bin­nen­poli­tis­che Etat­posten – Sozialaus­gaben, Gesund­heitswe­sen, Infra­struk­tur, innere Sicher­heit – wollen nicht ver­nach­läs­sigt wer­den. Steuer­erhöhun­gen, selb­st für die Vertei­di­gung, wären poli­tisch untrag­bar. Schließlich stellt der Abbau des Haushalts­de­fiz­its für viele Parteifre­unde Trumps und McCains eine größere Pri­or­ität dar als die Ausweitung der Stre­itkräfte. Die 355-Schiffe umfassende Flotte kön­nte unter Umstän­den an der Fiskalk­lippe scheitern.

Flugzeugträger 'John F Kennedy' im Bau (Foto: US Navy)
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NEWPORT NEWS, Va. (June 22, 2017) A crane moves the low­er stern into place on the nuclear-pow­ered air­craft car­ri­er USS John F. Kennedy (CVN 79) at Hunt­ing­ton Ingalls Ship­build­ing in New­port News, Va. John F. Kennedy is the sec­ond Ger­ald R. Ford-class air­craft car­ri­er which is now 50 per­cent struc­tural­ly com­plete. (U.S. Navy photo/Released)

Let­z­tendlich bleibt festzustellen, dass ohne­hin kein Flot­ten­plan große Aus­sicht hat, mehr als fünf Jahre unverän­dert zu über­ste­hen. Neue Ein­schätzung der strate­gis­chen Lage, tech­nol­o­gis­ch­er Wan­del, fiskalis­che Zwänge, sich ändernde poli­tis­che Mehrheit­en – viele Fak­toren bewirken die laufende Anpas­sung der mil­itärischen Pla­nung. Auf zwanzig und dreißig Jahre aus­gerichtete Pläne müssen als Leit­fä­den ver­standen wer­den. Im Zeitraum 2001–2015 wur­den zehn ver­schiedene „Force Struc­ture Goals“ für die Kriegs­flotte vorgelegt. Die meis­ten ziel­ten auf eine End­stärke im Bere­ich von 310 Schif­f­en ab; die Extremw­erte lagen bei 375 Schif­f­en (2002–2004) beziehungsweise 260 Ein­heit­en (Anfang 2005). Die tat­säch­liche „Bat­tle Force“ Stärke liegt seit 2003 ständig unter 300 Einheiten.

Diese Umstände erken­nt auch der nominierte Navy-Min­is­ter Richard V. Spencer, der es in sein­er Bestä­ti­gungsan­hörung vor dem Sen­at Anfang Juli ver­mied, sich auf eine bes­timmte Ziel­größe festzule­gen. Doch selb­st wenn die jüng­ste Vor­gabe ein­er Kriegs­flotte aus 355 Schif­f­en wider Erwarten noch in drei Jahrzehn­ten Bestand haben sollte, sagt die Zif­fer nichts über die Zusam­menset­zung aus.

Wird ein Teil der kleineren Kriegss­chiffe bis dahin unbe­man­nt sein? Wer­den als Über­gang Schiffe, die vor Jahren einge­mot­tet wur­den, mit neuen Waf­fen­sys­te­men und Sen­soren aus­ges­tat­tet und wieder in Dienst gestellt, um die Flotte schneller auf die Ziel­größe auszuweit­en (für einen Bruchteil der Kosten der entsprechen­den Neubeschaf­fung)? Wer­den weit­er­hin „Superträger“ gebaut oder wird die kün­ftige US-Flotte stattdessen eine größere Anzahl leichter Träger besitzen? Diese Fra­gen wer­den in den kom­menden Jahren beant­wortet – und immer wieder neu gestellt.

Dieser Artikel wird mit fre­undlich­er Genehmi­gung der „Marine­Fo­rum – Zeitschrift für mar­itime Fra­gen“ veröf­fentlicht.

Marineforum

Kurz­fas­sung
Wer soll das bezahlen? - Die US Navy zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Artikelüber­schrift
Wer soll das bezahlen? — Die US Navy zwis­chen Anspruch und Wirklichkeit
Erk­lärung
Im Dezem­ber 2016 gab die US-Navy ihre neue Ziel­größe bekan­nt. Kün­ftig soll die Kriegs­flotte (Bat­tle Force) auf 355 Schiffe anwach­sen. Die erst zwei Jahre zuvor beschlossene bish­erige Ziel­größe betrug 308 Schiffe. Die aktuelle Kriegs­flotte umfasst 276 Schiffe. Im Ver­gle­ich zu heute beab­sichtigt die Navy fol­glich einen Aus­bau um rund dreißig Prozent.
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