BRASILIEN
Die geplante Modernisierung (Lebensverlängerung) des 53 Jahre alten Flugzeugträgers „Sao Paulo“ ist vom Tisch; der zurzeit einzige Flugzeugträger einer südamerikanischen Marine soll „bis 2020“ aus dem aktiven Dienst genommen werden.
Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der „MarineForum – Zeitschrift für maritime Fragen“ veröffentlicht.
2000 hatte Brasilien das zuvor als „Foch“ bei der französischen Marine fahrende Schiff gebraucht in Frankreich gekauft. Schon damals war der Flugzeugträger 37 Jahre alt, aber sein Erwerb ermöglichte die Ausmusterung der noch fast 20 Jahre älteren, ex-britischen „Minas Gerais“. Die brasilianische Marine ging davon aus, das Schiff mit Zwischenmodernisierungen bis mindestens 2025, vielleicht sogar bis nach 2030 im aktiven Dienst halten zu können. Eine erste Grundinstandsetzung und Modernisierung wurde auch durchgeführt.
Eine zweite, auf fast vier Jahre veranschlagte Werftliegezeit sollte 2017 beginnen, aber zuvor sollte eine Studie Aufwand und wirtschaftlichen Nutzen ermitteln. Nach deren Vorlage kam die Marineführung nun zum Ergebnis, das Vorhaben sei „zu teuer und zu sehr mit technischen Unwägbarkeiten“ behaftet; auch dürften wegen internationaler Ausschreibung Jahre bis zur Entscheidung für einen Auftragnehmer vergehen; ein Beginn schon in 2017 sei nicht möglich. Mit der Entscheidung für einen Verzicht dürfte auch die angedachte Bestellung neuer trägergestützter Kampfflugzeuge des schwedischen Typs Saab Gripen‑M gestrichen, zumindest aber um einige Jahre verschoben werden, bis die Frage einer möglichen Nachfolge der „Sao Paulo“ geklärt ist.
Schon seit 2012 findet sich im langfristigen Plan zur Flottenerneuerung ihr Ersatz durch (mindestens) einen nach 2025 auf Kiel zu legenden Eigenbau, der mit bis zu 60.000 ts auch deutlich größer („Sao Paulo“ 34.000 ts) werden soll. Mit der zweiten Modernisierung des alten Flugzeugträgers wollte die brasilianische Marine eigentlich auch mehr Zeit für dessen Entwicklung und Bau gewinnen (und finanzielle Risiken in die Zukunft verschieben). Die nun beschlossene Ausmusterung der „Sao Paulo“ könnte zu beschleunigter Beschaffung eines neuen Flugzeugtgrägers zwingen – oder bei knappem Budget die Marine veranlassen, das Projekt stillschweigend erst einmal auf Eis zu legen, vielleicht sogar gänzlich zu begraben. Experten erkennen bei der brasilianischen Marine ohnehin nur begrenzten operativen Wert für einen Flugzeugträger, sehen in ihm primär ein (teures) Prestigeobjekt.
CHINA
China plant die Überarbeitung seines aus 1984 stammenden Gesetzes zur Sicherheit im Seeverkehr (Maritime and Traffic Safety Law).
Ein erster veröffentlichter Entwurf lässt aufhorchen. Alle ausländischen Schiffe sollen „chinesische Gewässer“ nur noch nach vorheriger Anmeldung befahren dürfen; in chinesischen Häfen sollen Behörden erweiterte Rechte zur Ausweisung oder auch Beschlagnahme ausländischer Schiffe erhalten.
China betont striktes Festhalten an den Bestimmungen des internationalen Seerechtsübereinkommens (United Nations Convention on the Law of the Sea — UNCLOS). Auch das dort festgeschriebene „Recht der friedlichen Durchfahrt“ (Innocent Passage) werde Bestand haben. China unterstreicht in diesem Zusammenhang das auch in UNCLOS für eine solche Durchfahrt verfügte Verbot jeglicher militärischer Aktivitäten oder Vermessungsarbeiten und fordert für U‑Boote nur aufgetauchte Passage mit gesetzter Nationalflagge.
Nun beinhaltete schon das Maritime and Traffic Safety Law von 1984 die Bestimmungen von UNCLOS (1982 in Kraft getreten). Was ist also an der chinesischen Überarbeitung neu? Zum einen will China über die Bestimmungen von UNCLOS hinausgehend für jede „friedliche Durchfahrt“ künftig eine vorherige Anmeldung. Zum anderen aber weckt die wiederholte Betonung des Begriffes „chinesische Gewässer“ international Bedenken. Im Gegensatz zum Rest der Welt betrachtet China nämlich das gesamte Gebiet innerhalb einer „9‑Dash-Line“ als „Territorialgewässer“ – immerhin gut 90 Prozent des Südchinesischen Meeres. Auch an Territorialrechten um künstliche Inseln hält man unverrückbar fest und ignoriert einen Spruch des internationalen Seerechtstribunals, das im letzten Sommer solche hoheitlichen Ansprüche als mit UNCLOS unvereinbar verworfen hatte.
Zu befürchten ist also, dass China mit einem überarbeiteten Maritime and Traffic Safety Law eine komplette Kontrolle des Südchinesischen Meeres — mit Hoheitsrechten — auf eine neue nationale Rechtsbasis stellen will. Durchfahrten der US Navy im Rahmen von „Freedom of Navigation Operations“ (FONOP) oder hydrographische Vermessungen müssten zuvor in Peking angemeldet und dort genehmigt werden. Auch wenn der Wille zur tatsächlichen Durchsetzung des neuen Gesetzes gegen z.B. die US Navy noch fraglich bleibt, scheinen neue regionale Spannungen vorprogrammiert. Etwas Zeit bleibt aber noch: das überarbeitete Gesetz soll nicht vor 2020 in Kraft treten.
RUSSLAND
Die russische Marine hat ein vor fast 18 Jahren deaktiviertes, früheres nuklearstrategisches U‑Boot mit neuem Auftrag „wiederbelebt“.
Die zur DELTA-IV-Klasse gehörende „Podmoskovye“ war 1986 bei der sowjetischen Nordflotte in Dienst gestellt worden, beendete nach aber nur 13 Jahren bereits ihren aktiven Dienst in der seegestützten – nun russischen – nuklearen Abschreckung. Für sie war eine neue Aufgabe vorgesehen.
1990 hatte die sowjetische Marine hatte eines ihrer alten, Ende der 1960er Jahre gebauten nuklearstrategischen U‑Boote der YANKEE-Klasse umgebaut. Nach Ausbau der FK-Starter und Rumpfverlängerung durch eine zusätzliche Sektion kam das nun als YANKEE-STRETCH bezeichnete U‑Boot K‑411 als Mutterboot für ein Klein-U-Boot „Paltus“ in ozeanographischer Forschung und Unterwasseraufklärung im Einsatz. Ende der 1990er Jahre war K‑411 aber so veraltet, dass ein Ersatz her musste.
Diesen fand man in der „Podmoskovye“, und die „Zvezdochka“-Werft in Sewerodwinsk wurde mit deren Umbau beauftragt. Die Mittelsektion mit den 16 FK-Startern wurde komplett ausgeräumt und mit einer zusätzlichen Rumpfsektion noch um sieben Meter verlängert. Hier findet sich nun Platz für Spezialausrüstung, Unterkünfte und Labors von Wissenschaftlern, eine neue Messe für die Besatzung sowie eine Andockstation für ein ‘Podmoskovye’ bei Erprobung (Foto: Zvezdochka)neues, über 60m (!) langes Tochterboot „Losharik“ und ein Hangar für Spezialfahrzeuge zur Hilfeleistung für havarierte U‑Boote.
Der 1999 begonnene Umbau der „Podmoskovye“ zum DELTA-IV-STRETCH sollte ursprünglich schon 2002 abgeschlossen sein, aber 2008 lag das U‑Boot noch immer ohne erkennbaren Arbeitsfortschritt bei Zvezdochka an der Pier. Immer wieder verzögerte fehlende Finanzierung das Projekt. Erst im August 2015 konnte die Werft die „Podmoskovye“ wieder zu Wasser lassen. Nach Endausrüstung und Erprobungen im Hafen begannen im Oktober 2016 Probefahrten und Tauchtests im Weißen Meer, die nur sehr kurz waren. Schon zwei Monate später, Ende Dezember 2016, gab Zvezdochka das umgebaute U‑Boot der russischen Marine zurück.
TÜRKEI
Beim Istanbul Naval Shipyard hat der Bau der Fregatte „Istanbul“ begonnen, der ersten Einheit eines zweiten Loses von Schiffen des MilGem-Projektes.
Das erste Los umfasst vier Korvetten der ADA-Klasse, von denen zwei in Dienst gestellt und zwei weitere im Bau sind (Zulauf bis 2020). Ursprünglich war mit Projekt MilGem (deutsch: nationales Schiff) der Bau von acht typgleichen als ADA-Klasse bezeichneten Korvetten geplant. Angeblich wegen politischer Rivalitäten (und auf persönliches Betreiben von Präsident Erdogan) wurde das Vorhaben kurzfristig auf vier Schiffe reduziert. Als dann aber geplante neue Fregatten TF-100 (Ersatz für vier alte Fregatten der YAVUZ-Klasse) Budgetzwängen zum Opfer fielen, wurde MilGem wieder aus den Schubladen geholt, das Design zu größeren MilGem‑G überarbeitet und vier Schiffe in Auftrag gegeben.
Die Neubauten der nunmehrigen ISTIF-Klasse sind 14m länger als die Korvetten der ADA-Klasse und werden nun auch als Fregatten bezeichnet. Hauptwaffensysteme sind 16 Seeziel-FK (gegenüber 8 bei ADA), ein 76-mm-Geschütz und ein Senkrechtstartsystem Mk-41 für Flugabwehr-FK ESSM. Bei Flugabwehr im Nahbereich setzt man statt RAM (bei ADA) auf deutlich billigere MK-15 Phalanx. Das nun begonnene Typschiff „Istanbul“ soll 2021 in Dienst gestellt werden.