NAH-/MITTELOST
Die militärische/sicherheitspolitische Lage im Nahen-/Mittleren Osten bleibt vorrangig von der Bekämpfung des islamistischen Terrors und vom Bürgerkrieg in Syrien bestimmt. Daneben finden aber natürlich auch andere (maritime) Ereignisse oder Entwicklungen in der Region den Weg in die Medien.
Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung der „MarineForum – Zeitschrift für maritime Fragen“ veröffentlicht.
JEMEN (Bürgerkrieg)
Der Bürgerkrieg der vom Iran unterstützten schiitischen Houthi-Rebellen gegen die von einer saudi-arabisch geführten Koalition unterstützte Regierung erhält im südlichen Roten Meer und der Meerenge des Bab el Mandeb zunehmend auch eine maritime Dimension.
Houthi Rebellen haben in mehreren Zwischenfällen ihre Fähigkeit demonstriert, mit aus dem Iran gelieferten ferngelenkten Sprengbooten und Flugdrohnen Schiffe in See zu bekämpfen. Auch haben sie bei ihrer Verdrängung aus dem Küstengebiet um Mokha (Mocha) die Zufahrten zum Hafen mit Seeminen blockiert. In den letzten zwei Wochen hat die saudi-arabische Marine in andauernden Minenräumoperationen dort mehrere Minen räumen können. Es besteht die Befürchtung, dass einige Minen abtreiben und auch dann in der nahen Meerenge des Bab-el-Mandeb (geostrategische Schlüsselposition) den internationalen Seeverkehr beeinträchtigen könnten.
Vor diesem Hintergrund — und angesichts befürchtetem zunehmenden iranischen Engagement im jemenitischen Bürgerkrieg — plant die US-Regierung unter Präsident Trump eine „deutlich stärkere Rolle“ im Konflikt. Der Befehlshaber des US CentCom sprach vor einem Kongress-Ausschuss von „vitalen nationalen Interessen“. Medien berichten von Plänen zu militärischer Intervention an der Küste des Roten Meeres, im Bereich von Hodeidah (Al Hudaydah). Dieser Hafen hat für die Houthi nach ihrer Vertreibung aus Mokha zentrale Bedeutung als logistische Basis (Waffenschmuggel). US-Medien erwarten US-Luftschläge mit Kampfflugzeugen, Kampfhubschraubern und auch Marschflugkörpern Tomahawk — aber keinen Einsatz von Bodentruppen. Einheiten der US Navy sollen darüber hinaus vermehrt im südlichen Roten Meer operieren, um die Houthi von der Versorgung mit iranischen Waffen und Munition abzuschneiden.
Eine Rolle könnte dabei die „Bataan“ Amphibious Ready Group (ARG) der US Navy mit eingeschifften Kampfflugzeugen AV-8B Harrier und/oder Kampfhubschraubern AH‑1 Cobra des US Marine Corps’spielen.
Der zur Ablösung von Schwesterschiff „Makin Island“ (s.u.) aus Norfolk verlegte amphibische Träger „Bataan“ passierte am 23. März den Suezkanal in Richtung Rotes Meer. Das zu seiner ARG gehörende Docklandungsschiff „Carter Hall“ folgte am 29. März, während Docklandungsschiff „Mesa Verde“ zuletzt noch im Mittelmeer (Souda Bay, Kreta) gemeldet wurde. Im Roten Meer / Bab-el-Mandeb operieren darüber hinaus bis zu drei u.a. mit Marschflugkörpern Tomahawk bestückte, zur „George HW Bush“ Carrier Strike Group gehörende Zerstörer der ARLEIGH BURKE-Klasse.
JEMEN (islamistischer Terror)
Die Bürgerkriegswirren haben dem al-Kaida-Ableger AQAP (Al-Qaeda on the Arabian Peninsula) Freiraum gegeben, seine Präsenz im Jemen zu festigen.
Ein räumlicher Schwerpunkt ist die jemenitische Südküste am Golf von Aden (Gebiet um Mukallah), aber AQAP ist auch im jemenitischen Binnenland präsent. Vieles spricht dafür, dass der amphibische Träger „Makin Island“ in den letzten Wochen aus einer Position im Golf von Aden heraus mit eingeschifften Kampfflugzeugen AV-8B Harrier und/oder Kampfhubschraubern AH‑1 Cobra des US Marine Corps’ in die Bekämpfung von AQAP eingebunden war. Die „Makin Island“ ARG ist inzwischen in Richtung Heimat (San Diego) abgelaufen. Am 25. März wurde sie im Indischen Ozen gemeldet. Neben einem möglichen Eingreifen in den jemenitischen Bürgerkrieg (s.o.) könnte die „Bataan“ ARG auch ihre Rolle bei der Bekämpfung von AQAP übernehmen.
Permanent oder in Langzeiteinsätzen in Bahrain stationierte Minenjagdboote der US Navy und der britischen Royal Navy haben in internationalen Gewässern des zentralen Persischen Golfes, vor Bahrain, die Minenabwehrübung „MCMEX 17–2“ durchgeführt. Beteiligt waren jeweils drei Minenjagdboote der US Navy („Devastator“, „Gladiator“, „Dextrous“) und der Royal Navy („Chiddingfold“, „Bangor“ and „Penzance“). „MCMEX 17–2“ ist Teil des Routine-Jahresausbildungsplans der im Persischen Golf stationierten Einheiten von US Navy und Royal Navy.
ISLAMISTISCHER TERROR IN SYRIEN UND IRAK
Bei der Bekämpfung des islamistischen Terrors in Syrien und Irak bleibt eine international übergreifende Koalition weiterhin Fernziel. Noch zu viele Eigeninteressen einzelner Staaten sowie die Spaltung zwischen Schiiten und Sunniten bestimmen die Entwicklung.
Dennoch zeichnet sich in Syrien beim Kampf gegen IS eine vorsichtige Kooperation (mit dem begrenzten Ziel eines „De-Conflicting“) zwischen Russland, der Türkei und den USA ab.
Syrien – Irak: US-geführte Koalition (Operation „Inherent Resolve“)
Eine US-geführte multinationale Koalition setzt mit Operation „Inherent Resolve“ Luftschläge gegen islamistische Terrorgruppen im Irak und in Syrien fort. Ziele sind Kommandozentren (Führungspersonen), Stützpunkte, Depots und von Islamisten kontrollierte Öl-Anlagen, daneben aber auch logistische Straßentransporte und Gruppen verlegender Kämpfer, die im Irak auf den Flüssen Euphrat und Tigris vor allem auch Boote nutzen. Viele Angriffe dienen der direkten Unterstützung (Close Air Support) irakischer Bodentruppen oder kurdischer Milizen — aktuell vor allem bei der andauernden Offensive zur Rückeroberung von Mosul. Zum Einsatz kommen US-Trägerkampfflugzeuge und von Flugplätzen der Golfstaaten, Jordaniens und der Türkei operierende Kampfflugzeuge und Drohnen der Streitkräfte zahlreicher Staaten. Die britische Royal Air Force nutzt ihre Basis in Akrotiri (Zypern).
Der US-Flugzeugträger „George H.W. Bush“ ist mit Erreichen des nordwestlichen Persischen Golfes seit dem 28. März wieder in Operation „Inherent Resolve“ eingebunden, setzt seine Kampfflugzeuge zu Luftschlägen gegen IS in Irak und Syrien ein. In den US Verband ist weiterhin die dänische Fregatte „Peter Willemoes“ integriert; seit einigen Tagen ist auch der französische Zerstörer „Forbin“ Teil der „Bush“ Carrier Strike Group.
Syrien: Russland – Türkei
Russland macht weiterhin keinen Unterschied zwischen Islamisten und Oppositionsrebellen; alle gelten gleichermaßen als “Terroristen”. Nach wie vor erfolgen russische Luftangriffe in direkter Unterstützung syrischer Streitkräfte auch in Gebieten, in denen keine islamistischen Milizen aktiv sind.
Die Türkei ist neben dem Kampf gegen IS im Rahmen ihrer nationalen Kurdenpolitik vor allem bemüht, auf Autonomie setzende syrische Kurden (zugleich von den USA unterstützte syrische Rebellen) möglichst weit nach Osten in Richtung Irak abzudrängen. Die türkische Boden-Operation „Euphrat-Schild“ wurde allerdings am 29. März offiziell als „erfolgreich beendet“ erklärt (mit Option einer bedarfsweisen Wiederaufnahme). Dies könnte der türkischen Luftwaffe nun eine vermehrte, ggf. mit Russland koordinierte Bekämpfung von IS ermöglichen.
BÜRGERKRIEG IN SYRIEN (Fortschreibung russische Intervention)
Eine auf Initiative Russlands, der Türkei und des Iran vereinbarte Feuerpause wird nur dort eingehalten, wo Oppositionsgruppen ihr auch ausdrücklich zugestimmt haben. Andernorts wird unvermindert weiter gekämpft, und islamistische Gruppen wie IS und al-Nusra sind ohnehin ausgeklammert.
Unter UN-Führung in Genf durchgeführte Gespräche zur Vereinbarung von Rahmenbedingungen für eine politische Übergangslösung bis hin zu freien Wahlen haben bisher kaum Fortschritte gebracht. Unverändert sind nur wenige Konfliktparteien bereit, Kompromisse einzugehen und Abstriche an eigene Forderungen zu machen. Zurzeit läuft eine neue „Gesprächsrunde“, bei der die Konfliktparteien allerdings noch immer nicht direkt miteinander reden, sondern ihre jeweiligen Standpunkte nur über einen Mittelsmann austauschen.
Auch Gespräche in Astana (Kasachstan), in denen die fragile Feuerpause in einen dauerhaften Waffenstillstand überführt werden soll, waren bisher erfolglos. Für syrische Oppositionsmilizen sind sie „sinnlos, solange Russland die vereinbarte Feuerpause nicht ernsthaft implementiert und Syriens Streitkräfte Angriffe auf Zivilisten fortsetzen“. Dennoch will man sich am 3./4. Mai erneut in Astana treffen.
Maritime Aspekte
Im östlichen Mittelmeer operiert das Ständige Mittelmeergeschwader (MedSqn) der russischen Marine. Zu diesem von der Schwarzmeerflotte geführten und routinemäßig zwischen Zypern und der syrischen Küste eingesetzten Verband gehört neben einigen Hilfsschiffen als einzige Kampfeinheit zurzeit nur ein Minensucher der NATYA-Klasse. Die „Valentin Pikul“ hat am 27. März Schwesterschiff „Kovrovets“ abgelöst, das den Rückmarsch ins Schwarzmeer angetreten hat. Der Minensucher wird vornehmlich in syrischen Küstengewässern vor Tartus und Latakia eingesetzt, um eine den Nachschub gefährdende, mögliche Verminung der Ansteuerungen durch syrische Rebellen zu verhindern.
Die Fregatte „Admiral Grigorovich“ (Schwarzmeerflotte) ist nach nur kurzem Einsatz überraschend ins Schwarzmeer nach Sewastopol zurückgekehrt. Sie hatte sich erst Anfang März der MedSqn angeschlossen – wie es damals hieß, für „mehrere Monate“. Das unvermutete Ablaufen könnte auf technische Probleme des erst im Juni 2016 zur Schwarzmeerflotte gestoßenen Neubaus hinweisen. Die Verlegung eines ablösenden Kampfschiffes wurde bisher nicht gemeldet oder angekündigt; auch dies spricht für einen außerplanmäßigen Rückmarsch der „Admiral Grigorovich“.
Mit Frachtumschlag im russischen Schwarzmeerhafen Noworossiysk (Anbindung an das russische Eisenbahnnetz), dauert die auch als „Syrian Express“ bezeichnete Lieferung von Rüstungsgütern nach Syrien und Nachschub für die dort eingesetzten russischen Truppen an. Jede Woche passieren mehrere Landungsschiffe der russischen Marine (auch dazu verlegte Einheiten der Nordflotte und der Baltischen Flotte) oder speziell für diese Transporte gebraucht in der Türkei gekaufte und als Hilfsschiffe in die russische Marine integrierte, ex-zivile Frachtschiffe den Bosporus süd- oder nordlaufend. Transportiert wird zurzeit wahrscheinlich auch Baumaterial für die in diesem Frühjahr beginnenden Arbeiten zur Erweiterung der russischen logistischen Basis in Tartus (Syrien).
Das zur Nordflotte gehörende Landungsschiff „Georgiy Pobedonosets“ (ROPUCHA-Klasse) hat seinen 10-monatigen Einsatz zur Unterstützung von „Syrian Express“ abgeschlossen. Nach Ablieferung einer letzten Ladung militärischer Fracht in Tartus ist das Schiff auf Heimatkurs, hat am 27. März mit Passage der Straße von Gibraltar auch schon das Mittelmeer verlassen.
ÄGYPTEN
Das erste bei der deutschen tkMS in Kiel für die ägyptische Marine gebaute U‑Boot hat seine Überführungsfahrt in die künftige Heimat begonnen.
Am 28. März lief S‑41 (Seitennummer 841) durch den Nord-Ostsee-Kanal in Richtung Nordsee. In der Elbmündung wurde das U‑Boot von der ägyptischen Fregatte „Alexandria“ (US-Typ OLIVER HAZARD PERRY) in Empfang genommen. Diese zur Begleitung von S‑41 aus Ägypten verlegte Fregatte hatte am letzten Wochenende kurz zu einer Zwischenversorgung in Wilhelmshaven festgemacht.
U‑Boot und Fregatte haben sich direkt nach dem „Rendezvouz“ in Richtung Englischer Kanal auf den langen Weg in die künftige Heimat von S‑41 gemacht. Etwa am 20. April werden sie in Alexandria erwartet. Möglicherweise werden auf dem Weg dorthin noch Hafenbesuche zur Nachversorgung durchgeführt. Anmeldungen dazu sind zwar noch nicht bekannt, aber angesichts gegenwärtiger starker Marine-Rüstungskooperation mit Frankreich käme z.B. Brest in Betracht.
S‑41 ist das erste von insgesamt vier von der ägyptischen Marine bestellten U‑Booten TYP 209/1400 mod: konventionell diesel-elektrisch angetriebene (kein außenluftunabhängiger Antrieb) U‑Boote, wie sie ähnlich vor etwa zehn Jahren in Kiel auch für Südafrika (Typ 209‑1400 SAN) gebaut wurden. Zwei erste U‑Boote waren 2011 in Deutschland bestellt worden, 2015 folgte eine Nachbestellung von noch zwei weiteren Booten. Mit den vier neuen U‑Booten vollzieht die ägyptische Marine einen 1:1 Ersatz ihrer alten, in den 1980er Jahren von China gelieferten U‑Booten der ROMEO-Klasse. Inoffiziellen Quellen zufolge besteht Interesse an noch zwei weiteren U‑Booten (vielleicht auch, um rein zahlenmäßig mit Israel gleichzuziehen).
Das zweite U‑Boot (S‑42) hat kürzlich erste Seeerprobungen vor Kiel durchgeführt. Im Rahmen eines für U‑Boot-Neubauten üblichen Programms sind in den kommenden Monaten wahrscheinlich Tiefwassererprobungen im Skagerrak geplant.
BRASILIEN
GROSSBRITANNIEN
Brasilianischen Medien zufolge hat das britische Verteidigungsministerium der brasilianischen Marine den Hubschrauberträger „Ocean“ zum Kauf angeboten.
Der Hubschrauberträger könnte zu einem „vernünftigen Preis“ die aus wirtschaftlichen Gründen beschlossene Trennung (etwa 2020) vom Flugzeugträger „Sao Paulo“ zumindest teilweise kompensieren und die Lücke bis zum geplanten Bau eines neuen Flugzeugträgers füllen.
Die 22.000 ts große (203m) „Ocean“ ist bei ihrer nach dem britischen Strategic Defence & Security Review für 2018 beschlossenen Außerdienststellung gerade einmal 20 Jahre alt, ja hat sogar von 2012 bis 2014 noch einmal eine aufwändige Modernisierung durchlaufen. Ein Verkauf ist also weitaus wahrscheinlicher als eine Verschrottung, und durch ihn würden im Gegensatz zu einem bloßen Aufliegen (Reserve) auch dringend benötigte Mittel für Beschaffungsprojekte der Royal Navy generiert.
So kursieren denn auch schon seit geraumer Zeit Verkaufsgerüchte, ohne dass aber bisher ein Empfänger genannt wurde. Brasilien wäre durchaus ein logischer Kandidat; immerhin hat die brasilianische Marine schon früher von der Royal Navy gebrauchte Kampfschiffe übernommen, u.a. Fregatten TYPE 22 und die Landungsschiffe „Sir Bedivere“ und „Sir Galahad“.
Natürlich wäre die „Ocean“ bei der brasilianischen Marine kein vollwertiger Ersatz für den auszumusternden Flugzeugträger „Sao Paulo“. Sie kann keine Kampfflugzeuge einsetzen, würde der brasilianischen Marine aber mit Transport- und Kampfhubschraubern, mitgeführten Landungsbooten und modernen Führungs- und Fernmeldesystemen neue Fähigkeiten geben, von See her nach Land zu wirken. Ob der Verkauf aber tatsächlich zustande kommt, bleibt abzuwarten. Einige Kommentare sehen in den Meldungen der brasilianischen Medien nur „ein Gerücht, das Eigendynamik entwickelt hat“. In Großbritannien hält man sich vorerst bedeckt.
GROSSBRITANNIEN
Zweimal jährlich – im Frühjahr und im Herbst – richten die britischen Streitkräfte die Übung „Joint Warrior“ (JW) aus und laden dazu Verbündete und Freunde ein.
„Joint Warrior“ wird vom „Joint Tactical Exercise Planning Staff“ des britischen Verteidigungsministeriums organisiert, und soll die britischen Teilstreitkräfte in der engen Kooperation mit Partnern trainieren. Bei dominierenden maritimen Inhalten sind die Übungsgebiete in und rund um Schottland verteilt. Dabei sind neben einer großen, die gesamte Region umspannenden „Maritime Training Area“ mehrere Gebiete für spezielle Teilszenarien designiert. Basis ist regelmäßig ein fiktives Szenario, in dem „der UN Sicherheitsrat nach Eskalation eines territorialen Disputs zwischen (fiktiven) Staaten den Einsatz einer multinationalen Stabilisierungsstreitmacht beschlossen“ hat. Dabei entwickelt sich das Übungsgeschehen von anfänglichem Force Integration Training allmählich bis hin zu einem „offenen Krieg“.
Bei den maritimen Übungsinhalten stehen in möglichst realistischen Szenarios neben traditionellen Warfare Areas wie Überwasserseekrieg, Luftraumverteidigung und Flugabwehr, U‑Jagd, Amphibik und Minenabwehr vor allem auch die Abwehr asymmetrischer Bedrohungen (Terrorismus, Verteidigung gegen kleine Speedboote), Maritime Security Operations (Piraterie/Waffenschmuggel, Boarden & Durchsuchen von Schiffen) und schließlich sogar Medienarbeit im Mittelpunkt. Geprüft werden hier die Fähigkeiten jedes einzelnen teilnehmenden Schiffes oder Bootes bis hin zu Verbänden und schließlich Gesamtführung. Übergreifendes Ziel ist verbesserte Interoperabilität und erweiterte Fähigkeitsbildung.
Als erste der zwei diesjährigen „Joint Warrior“ hat JW 17–1 am 26. März begonnen. An der noch bis zum 6. April dauernden Übung sind insgesamt 32 Schiffe und Boote, fünf U‑Boote und 70 Luftfahrzeuge (Flugzeuge, Hubschrauber) aus 13 Nationen beteiligt, darunter auch die beiden ständigen NATO-Verbände SNMG‑1 und SNMCMG‑1, aber auch Nicht-NATO-Mitglied Schweden.
Besonderheit von JW 17–1 ist die in das Geschehen eingebundene Teilübung „Information Warrior 17“, bei der die teilnehmenden Schiffe und Boote ihre Fähigkeiten zum Schutz vor Cyberangriffen auf den Prüfstand stellen. Erstmals wird dabei auch neue Software mit „künstlicher Intelligenz“ erprobt.
TÜRKEI
Die türkische Marine hat im Schwarzmeer ihre diesjährige Hauptübung „Deniz Yildizi 2017“ begonnen.
Schon seit gut einer Woche waren im Bosporus zahlreiche aus der Ägäis ins Schwarzmeer verlegende Einheiten gesichtet worden. Beobachter zählten insgesamt zehn Fregatten, drei Korvetten, neun teils mit FK bestückte Schnellboote, vier U‑Boote, ein Landungsschiff und mehrere Hilfsschiffe wie z.B. Flottentanker. Die Fregatte „Barbaros“ trug bei der Passage den Stander des Befehlshabers der Flotte.
Am 22. März war auch der Rumpf der früheren US-Fregatte „Duncan“ in Richtung Schwarzmeer geschleppt worden. Das Schiff der PERRY-Klasse war 1994 von der US Navy ausgemustert und 1999 als schwimmendes Ersatzteillager für die türkischen PERRY-Fregatten an die türkische Marine verkauft worden. Markierungen am Rumpf der weitgehend abgerüsteten ex-„Duncan“ deuten nun auf eine letzte Nutzung als Zielschiff bei „Deniz Yildizi“.
In „Deniz Yildizi“ will die türkische Marine nicht nur fast alle Aspekte moderner Seekriegführung üben, sondern vor allem auch „starke Präsenz im Schwarzmeer demonstrieren“. Dort sind nur wenige, meist kleinere türkische Kampfeinheiten permanent stationiert. Höhepunkte werden live-Schießabschnitte mit Rohrwaffen und Flugkörpern. So sollen U‑Boote in einem Sinkex die ex-„Duncan“ mit Seeziel-FK Sub-Harpoon und einem Torpedo auf den Grund des Schwarzen Meeres schicken, und ein Schiff (Fregatte?) soll mit einem Flugkörper Harpoon Block II von See her ein Landziel bekämpfen.
Der Startschuss für die Übung fiel am 27. März. „Deniz Yildizi“ soll noch bis zum 7. April dauern, über das Wochenende aber eine kurze Unterbrechung erfahren. Am 3. und 4. April sollen mehrere Schiffe in Varna (Bulgarien), Batumi (Georgien), Konstanta (Rumänien), Novorossiysk (Russland) und Odessa (Ukraine) einlaufen und Hafenbesuche bei allen Mitgliedern der auf türkische Initiative begründeten, nach Georgien-Konflikt und Ukraine-Krise aber eingefrorenen, multinationalen „Black Sea Force“ durchführen. Übung und Besuche unterstreichen, dass die Türkei sich im Schwarzen Meer als führende Regionalmacht begreift und hier weder Russland noch der NATO das Feld überlassen will.
Russland seinerseits betrachtet das Übungsgeschehen sehr aufmerksam. Flugzeuge und Schiffe der russischen Schwarzmeerflotte, darunter ein Spezialschiff der MOMA-Klasse zur Fernmelde-/elektronsichen Aufklärung, sollen „Deniz Yildizi“ hautnah beobachten.
WESTAFRIKA
Im Golf von Guinea und vor der westafrikanischen Küste hat am 23. März die diesjährige Übung „Obangame Express“ begonnen.
Das nun schon zum 7. Male durchgeführte „Obangame Express“ wurde vom US Africa Command als Teil der Initiative „Africa Partnership Station“ ins Leben gerufen. Primäres Ziel war ein verbesserter (standardisierter) Lagebild- und Informationsaustausch zwischen den Anrainern am Golf von Guinea, um diesen eine effektivere Überwachung ihrer Hoheitsgewässer und Wirtschaftszonen zu ermöglichen und hier vor allem auch über rein nationale Maßnahmen hinausgehendes „kollektives Bewusstsein“ zu wecken. Dahinter stand natürlich eine bessere Befähigung der regionalen Marinen und Küstenwachen zur Bekämpfung von Piraterie, inzwischen erweitert um Themen wie illegale Migration und Waffen-/Drogenschmuggel.
Seit dem vergangenen Jahr ist die früher vom US Africa Command separat mit westafrikanischen Staaten wie Marokko und Senegal durchgeführte Übung „Saharan Express“ Teil von „Obangame Express“, dessen Teilnehmerfeld sich damit deutlich erweitert hat. So sind an „Obangame Express 17“ insgesamt mehr als 30 Nationen beteiligt.
Zu diesen gehören neben der führenden US Navy von Marokko bis Namibia praktisch alle Staaten der afrikanischen Atlantikküste, zahlreiche nicht regionale Länder (Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Niederlande, Norwegen, Portugal, Spanien, Türkei), die mit Personal vor allem Ausbildungsfunktionen wahrnehmen, sowie schließlich mehrere regionale Organisationen wie die Economic Community of West African States (ECOWAS) und die Economic Community of Central African States (ECCAS).
Ausbildungshilfe in See (Foto: US Navy)Die große Anzahl der Teilnehmer und die regionale Ausdehung hat dazu geführt, dass es für „Obangame Express 17“ gleich mehrere Eröffungszeremonien gab. Die Hauptfeier fand in Accra (Ghana) statt, aber auch in Lagos (Nigeria) und Douala (Kamerun) wurde „Obangame Express 17“ in parallelen Veranstaltungen feierlich eröffnet. Ein regionaler Schwerpunkt soll in Abidjan (Elfenbeinküste) liegen, wo auch die Schlußfeier geplant ist.
Die Übung soll insgesamt 12 Tage dauern. Die Teilnehmer bereiteten sich zunächst in mehreren Häfen bei Seminaren und mit praktischer Ausbildung an Land vor; danach wird dann in zwei Seephasen im Golf von Guinea und vor Westafrika in der Praxis u.a. Lagebildabgleich, Fernmeldeverfahren sowie das Boarding und Durchsuchen von Schiffen geübt.