MarineForum Wochenschau vom 31. März 2017

NAH-/MITTELOST
Die militärische/sicherheitspolitische Lage im Nahen-/Mit­tleren Osten bleibt vor­rangig von der Bekämp­fung des islamistis­chen Ter­rors und vom Bürg­erkrieg in Syrien bes­timmt. Daneben find­en aber natür­lich auch andere (mar­itime) Ereignisse oder Entwick­lun­gen in der Region den Weg in die Medien.

Dieser Artikel wird mit fre­undlich­er Genehmi­gung der „Marine­Fo­rum – Zeitschrift für mar­itime Fra­gen“ veröf­fentlicht.
Marineforum

JEMEN (Bürg­erkrieg)

Der Bürg­erkrieg der vom Iran unter­stützten schi­itis­chen Houthi-Rebellen gegen die von ein­er sau­di-ara­bisch geführten Koali­tion unter­stützte Regierung erhält im südlichen Roten Meer und der Meerenge des Bab el Man­deb zunehmend auch eine mar­itime Dimension.

Houthi Rebellen haben in mehreren Zwis­chen­fällen ihre Fähigkeit demon­stri­ert, mit aus dem Iran geliefer­ten fer­n­ge­lenk­ten Spreng­booten und Flug­drohnen Schiffe in See zu bekämpfen. Auch haben sie bei ihrer Ver­drän­gung aus dem Küstenge­bi­et um Mokha (Mocha) die Zufahrten zum Hafen mit Seem­i­nen block­iert. In den let­zten zwei Wochen hat die sau­di-ara­bis­che Marine in andauern­den Minen­räu­m­op­er­a­tio­nen dort mehrere Minen räu­men kön­nen. Es beste­ht die Befürch­tung, dass einige Minen abtreiben und auch dann in der nahen Meerenge des Bab-el-Man­deb (geostrate­gis­che Schlüs­sel­po­si­tion) den inter­na­tionalen Seev­erkehr beein­trächti­gen könnten.

Vor diesem Hin­ter­grund — und angesichts befürchtetem zunehmenden iranis­chen Engage­ment im jemeni­tis­chen Bürg­erkrieg — plant die US-Regierung unter Präsi­dent Trump eine „deut­lich stärkere Rolle“ im Kon­flikt. Der Befehlshaber des US Cent­Com sprach vor einem Kongress-Auss­chuss von „vital­en nationalen Inter­essen“. Medi­en bericht­en von Plä­nen zu mil­itärisch­er Inter­ven­tion an der Küste des Roten Meeres, im Bere­ich von Hodei­dah (Al Huday­dah). Dieser Hafen hat für die Houthi nach ihrer Vertrei­bung aus Mokha zen­trale Bedeu­tung als logis­tis­che Basis (Waf­fen­schmuggel). US-Medi­en erwarten US-Luftschläge mit Kampf­flugzeu­gen, Kampfhub­schraubern und auch Marschflugkör­pern Tom­a­hawk — aber keinen Ein­satz von Boden­trup­pen. Ein­heit­en der US Navy sollen darüber hin­aus ver­mehrt im südlichen Roten Meer operieren, um die Houthi von der Ver­sorgung mit iranis­chen Waf­fen und Muni­tion abzuschneiden.

Eine Rolle kön­nte dabei die „Bataan“ Amphibi­ous Ready Group (ARG) der US Navy mit eingeschifften Kampf­flugzeu­gen AV-8B Har­ri­er und/oder Kampfhub­schraubern AH‑1 Cobra des US Marine Corps’spielen.

Der zur Ablö­sung von Schwest­er­schiff „Makin Island“ (s.u.) aus Nor­folk ver­legte amphibis­che Träger „Bataan“ passierte am 23. März den Suezkanal in Rich­tung Rotes Meer. Das zu sein­er ARG gehörende Dock­lan­dungss­chiff „Carter Hall“ fol­gte am 29. März, während Dock­lan­dungss­chiff „Mesa Verde“ zulet­zt noch im Mit­telmeer (Sou­da Bay, Kre­ta) gemeldet wurde. Im Roten Meer / Bab-el-Man­deb operieren darüber hin­aus bis zu drei u.a. mit Marschflugkör­pern Tom­a­hawk bestück­te, zur „George HW Bush“ Car­ri­er Strike Group gehörende Zer­stör­er der ARLEIGH BURKE-Klasse.

JEMEN (islamistis­ch­er Terror)

Die Bürg­erkriegswirren haben dem al-Kai­da-Ableger AQAP (Al-Qae­da on the Ara­bi­an Penin­su­la) Freiraum gegeben, seine Präsenz im Jemen zu festigen.

Ein räum­lich­er Schw­er­punkt ist die jemeni­tis­che Süd­küste am Golf von Aden (Gebi­et um Mukallah), aber AQAP ist auch im jemeni­tis­chen Bin­nen­land präsent. Vieles spricht dafür, dass der amphibis­che Träger „Makin Island“ in den let­zten Wochen aus ein­er Posi­tion im Golf von Aden her­aus mit eingeschifften Kampf­flugzeu­gen AV-8B Har­ri­er und/oder Kampfhub­schraubern AH‑1 Cobra des US Marine Corps’ in die Bekämp­fung von AQAP einge­bun­den war. Die „Makin Island“ ARG ist inzwis­chen in Rich­tung Heimat (San Diego) abge­laufen. Am 25. März wurde sie im Indis­chen Ozen gemeldet. Neben einem möglichen Ein­greifen in den jemeni­tis­chen Bürg­erkrieg (s.o.) kön­nte die „Bataan“ ARG auch ihre Rolle bei der Bekämp­fung von AQAP übernehmen.

Per­ma­nent oder in Langzeit­ein­sätzen in Bahrain sta­tion­ierte Minen­jagdboote der US Navy und der britis­chen Roy­al Navy haben in inter­na­tionalen Gewässern des zen­tralen Per­sis­chen Golfes, vor Bahrain, die Minen­ab­wehrübung „MCMEX 17–2“ durchge­führt. Beteiligt waren jew­eils drei Minen­jagdboote der US Navy („Dev­as­ta­tor“, „Glad­i­a­tor“, „Dex­trous“) und der Roy­al Navy („Chid­ding­fold“, „Ban­gor“ and „Pen­zance“). „MCMEX 17–2“ ist Teil des Rou­tine-Jahre­saus­bil­dungs­plans der im Per­sis­chen Golf sta­tion­ierten Ein­heit­en von US Navy und Roy­al Navy.

ISLAMISTISCHER TERROR IN SYRIEN UND IRAK

Bei der Bekämp­fung des islamistis­chen Ter­rors in Syrien und Irak bleibt eine inter­na­tion­al über­greifende Koali­tion weit­er­hin Fernziel. Noch zu viele Eigen­in­ter­essen einzel­ner Staat­en sowie die Spal­tung zwis­chen Schi­iten und Sun­niten bes­tim­men die Entwicklung.

Den­noch zeich­net sich in Syrien beim Kampf gegen IS eine vor­sichtige Koop­er­a­tion (mit dem begren­zten Ziel eines „De-Con­flict­ing“) zwis­chen Rus­s­land, der Türkei und den USA ab.

Syrien – Irak: US-geführte Koali­tion (Oper­a­tion „Inher­ent Resolve“)

Eine US-geführte multi­na­tionale Koali­tion set­zt mit Oper­a­tion „Inher­ent Resolve“ Luftschläge gegen islamistis­che Ter­ror­grup­pen im Irak und in Syrien fort. Ziele sind Kom­man­dozen­tren (Führungsper­so­n­en), Stützpunk­te, Depots und von Islamis­ten kon­trol­lierte Öl-Anla­gen, daneben aber auch logis­tis­che Straßen­trans­porte und Grup­pen ver­legen­der Kämpfer, die im Irak auf den Flüssen Euphrat und Tigris vor allem auch Boote nutzen. Viele Angriffe dienen der direk­ten Unter­stützung (Close Air Sup­port) irakisch­er Boden­trup­pen oder kur­dis­ch­er Milizen — aktuell vor allem bei der andauern­den Offen­sive zur Rücker­oberung von Mosul. Zum Ein­satz kom­men US-Trägerkampf­flugzeuge und von Flug­plätzen der Golf­s­taat­en, Jor­daniens und der Türkei operierende Kampf­flugzeuge und Drohnen der Stre­itkräfte zahlre­ich­er Staat­en. Die britis­che Roy­al Air Force nutzt ihre Basis in Akrotiri (Zypern).

Der US-Flugzeugträger „George H.W. Bush“ ist mit Erre­ichen des nord­west­lichen Per­sis­chen Golfes seit dem 28. März wieder in Oper­a­tion „Inher­ent Resolve“ einge­bun­den, set­zt seine Kampf­flugzeuge zu Luftschlä­gen gegen IS in Irak und Syrien ein. In den US Ver­band ist weit­er­hin die dänis­che Fre­gat­te „Peter Wille­moes“ inte­gri­ert; seit eini­gen Tagen ist auch der franzö­sis­che Zer­stör­er „Forbin“ Teil der „Bush“ Car­ri­er Strike Group.

Syrien: Rus­s­land – Türkei

Rus­s­land macht weit­er­hin keinen Unter­schied zwis­chen Islamis­ten und Oppo­si­tion­sre­bellen; alle gel­ten gle­icher­maßen als “Ter­ror­is­ten”. Nach wie vor erfol­gen rus­sis­che Luftan­griffe in direk­ter Unter­stützung syrisch­er Stre­itkräfte auch in Gebi­eten, in denen keine islamistis­chen Milizen aktiv sind.

Die Türkei ist neben dem Kampf gegen IS im Rah­men ihrer nationalen Kur­den­poli­tik vor allem bemüht, auf Autonomie set­zende syrische Kur­den (zugle­ich von den USA unter­stützte syrische Rebellen) möglichst weit nach Osten in Rich­tung Irak abzu­drän­gen. Die türkische Boden-Oper­a­tion „Euphrat-Schild“ wurde allerd­ings am 29. März offiziell als „erfol­gre­ich been­det“ erk­lärt (mit Option ein­er bedarf­sweisen Wieder­auf­nahme). Dies kön­nte der türkischen Luft­waffe nun eine ver­mehrte, ggf. mit Rus­s­land koor­dinierte Bekämp­fung von IS ermöglichen.

BÜRGERKRIEG IN SYRIEN (Fortschrei­bung rus­sis­che Intervention)
Eine auf Ini­tia­tive Rus­s­lands, der Türkei und des Iran vere­in­barte Feuer­pause wird nur dort einge­hal­ten, wo Oppo­si­tion­s­grup­pen ihr auch aus­drück­lich zuges­timmt haben. Ander­norts wird unver­min­dert weit­er gekämpft, und islamistis­che Grup­pen wie IS und al-Nus­ra sind ohne­hin ausgeklammert.

Unter UN-Führung in Genf durchge­führte Gespräche zur Vere­in­barung von Rah­menbe­din­gun­gen für eine poli­tis­che Über­gangslö­sung bis hin zu freien Wahlen haben bish­er kaum Fortschritte gebracht. Unverän­dert sind nur wenige Kon­flik­t­parteien bere­it, Kom­pro­misse einzuge­hen und Abstriche an eigene Forderun­gen zu machen. Zurzeit läuft eine neue „Gespräch­srunde“, bei der die Kon­flik­t­parteien allerd­ings noch immer nicht direkt miteinan­der reden, son­dern ihre jew­eili­gen Stand­punk­te nur über einen Mit­tels­mann austauschen.

Auch Gespräche in Astana (Kasach­stan), in denen die frag­ile Feuer­pause in einen dauer­haften Waf­fen­still­stand über­führt wer­den soll, waren bish­er erfol­g­los. Für syrische Oppo­si­tion­s­milizen sind sie „sinn­los, solange Rus­s­land die vere­in­barte Feuer­pause nicht ern­sthaft imple­men­tiert und Syriens Stre­itkräfte Angriffe auf Zivilis­ten fort­set­zen“. Den­noch will man sich am 3./4. Mai erneut in Astana treffen.

Mar­itime Aspekte

Im östlichen Mit­telmeer operiert das Ständi­ge Mit­telmeergeschwad­er (Med­Sqn) der rus­sis­chen Marine. Zu diesem von der Schwarzmeer­flotte geführten und rou­tinemäßig zwis­chen Zypern und der syrischen Küste einge­set­zten Ver­band gehört neben eini­gen Hil­f­ss­chif­f­en als einzige Kampfein­heit zurzeit nur ein Minen­such­er der NATYA-Klasse. Die „Valentin Pikul“ hat am 27. März Schwest­er­schiff „Kovrovets“ abgelöst, das den Rück­marsch ins Schwarzmeer ange­treten hat. Der Minen­such­er wird vornehm­lich in syrischen Küstengewässern vor Tar­tus und Latakia einge­set­zt, um eine den Nach­schub gefährdende, mögliche Ver­min­ung der Ans­teuerun­gen durch syrische Rebellen zu verhindern.

Die Fre­gat­te „Admi­ral Grig­orovich“ (Schwarzmeer­flotte) ist nach nur kurzem Ein­satz über­raschend ins Schwarzmeer nach Sewastopol zurück­gekehrt. Sie hat­te sich erst Anfang März der Med­Sqn angeschlossen – wie es damals hieß, für „mehrere Monate“. Das unver­mutete Ablaufen kön­nte auf tech­nis­che Prob­leme des erst im Juni 2016 zur Schwarzmeer­flotte gestoße­nen Neubaus hin­weisen. Die Ver­legung eines ablösenden Kampf­schiffes wurde bish­er nicht gemeldet oder angekündigt; auch dies spricht für einen außer­plan­mäßi­gen Rück­marsch der „Admi­ral Grigorovich“.

Mit Frach­tum­schlag im rus­sis­chen Schwarzmeer­hafen Noworossiysk (Anbindung an das rus­sis­che Eisen­bahn­netz), dauert die auch als „Syr­i­an Express“ beze­ich­nete Liefer­ung von Rüs­tungs­gütern nach Syrien und Nach­schub für die dort einge­set­zten rus­sis­chen Trup­pen an. Jede Woche passieren mehrere Lan­dungss­chiffe der rus­sis­chen Marine (auch dazu ver­legte Ein­heit­en der Nord­flotte und der Baltischen Flotte) oder speziell für diese Trans­porte gebraucht in der Türkei gekaufte und als Hil­f­ss­chiffe in die rus­sis­che Marine inte­gri­erte, ex-zivile Frachtschiffe den Bosporus süd- oder nord­laufend. Trans­portiert wird zurzeit wahrschein­lich auch Bau­ma­te­r­i­al für die in diesem Früh­jahr begin­nen­den Arbeit­en zur Erweiterung der rus­sis­chen logis­tis­chen Basis in Tar­tus (Syrien).

Das zur Nord­flotte gehörende Lan­dungss­chiff „Georgiy Pobedonosets“ (ROP­UCHA-Klasse) hat seinen 10-monati­gen Ein­satz zur Unter­stützung von „Syr­i­an Express“ abgeschlossen. Nach Abliefer­ung ein­er let­zten Ladung mil­itärisch­er Fracht in Tar­tus ist das Schiff auf Heimatkurs, hat am 27. März mit Pas­sage der Straße von Gibral­tar auch schon das Mit­telmeer verlassen.

ÄGYPTEN
Das erste bei der deutschen tkMS in Kiel für die ägyp­tis­che Marine gebaute U‑Boot hat seine Über­führungs­fahrt in die kün­ftige Heimat begonnen.

Am 28. März lief S‑41 (Seiten­num­mer 841) durch den Nord-Ost­see-Kanal in Rich­tung Nord­see. In der Elb­mün­dung wurde das U‑Boot von der ägyp­tis­chen Fre­gat­te „Alexan­dria“ (US-Typ OLIVER HAZARD PERRY) in Emp­fang genom­men. Diese zur Begleitung von S‑41 aus Ägypten ver­legte Fre­gat­te hat­te am let­zten Woch­enende kurz zu ein­er Zwis­chen­ver­sorgung in Wil­helmshaven festgemacht.

U‑Boot und Fre­gat­te haben sich direkt nach dem „Ren­dezvouz“ in Rich­tung Englis­ch­er Kanal auf den lan­gen Weg in die kün­ftige Heimat von S‑41 gemacht. Etwa am 20. April wer­den sie in Alexan­dria erwartet. Möglicher­weise wer­den auf dem Weg dor­thin noch Hafenbe­suche zur Nachver­sorgung durchge­führt. Anmel­dun­gen dazu sind zwar noch nicht bekan­nt, aber angesichts gegen­wär­tiger stark­er Marine-Rüs­tungsko­op­er­a­tion mit Frankre­ich käme z.B. Brest in Betracht.

S‑41 ist das erste von ins­ge­samt vier von der ägyp­tis­chen Marine bestell­ten U‑Booten TYP 209/1400 mod: kon­ven­tionell diesel-elek­trisch angetriebene (kein außen­luftun­ab­hängiger Antrieb) U‑Boote, wie sie ähn­lich vor etwa zehn Jahren in Kiel auch für Südafri­ka (Typ 209‑1400 SAN) gebaut wur­den. Zwei erste U‑Boote waren 2011 in Deutsch­land bestellt wor­den, 2015 fol­gte eine Nachbestel­lung von noch zwei weit­eren Booten. Mit den vier neuen U‑Booten vol­lzieht die ägyp­tis­che Marine einen 1:1 Ersatz ihrer alten, in den 1980er Jahren von Chi­na geliefer­ten U‑Booten der ROMEO-Klasse. Inof­fiziellen Quellen zufolge beste­ht Inter­esse an noch zwei weit­eren U‑Booten (vielle­icht auch, um rein zahlen­mäßig mit Israel gleichzuziehen).

Das zweite U‑Boot (S‑42) hat kür­zlich erste Seeer­probun­gen vor Kiel durchge­führt. Im Rah­men eines für U‑Boot-Neubaut­en üblichen Pro­gramms sind in den kom­menden Monat­en wahrschein­lich Tiefwasser­erprobun­gen im Skager­rak geplant.

BRASILIEN
GROSSBRITANNIEN
Brasil­ian­is­chen Medi­en zufolge hat das britis­che Vertei­di­gungsmin­is­teri­um der brasil­ian­is­chen Marine den Hub­schrauberträger „Ocean“ zum Kauf angeboten.

Der Hub­schrauberträger kön­nte zu einem „vernün­fti­gen Preis“ die aus wirtschaftlichen Grün­den beschlossene Tren­nung (etwa 2020) vom Flugzeugträger „Sao Paulo“ zumin­d­est teil­weise kom­pen­sieren und die Lücke bis zum geplanten Bau eines neuen Flugzeugträgers füllen.

Die 22.000 ts große (203m) „Ocean“ ist bei ihrer nach dem britis­chen Strate­gic Defence & Secu­ri­ty Review für 2018 beschlosse­nen Außer­di­en­st­stel­lung ger­ade ein­mal 20 Jahre alt, ja hat sog­ar von 2012 bis 2014 noch ein­mal eine aufwändi­ge Mod­ernisierung durch­laufen. Ein Verkauf ist also weitaus wahrschein­lich­er als eine Ver­schrot­tung, und durch ihn wür­den im Gegen­satz zu einem bloßen Aufliegen (Reserve) auch drin­gend benötigte Mit­tel für Beschaf­fung­spro­jek­te der Roy­al Navy generiert.

So kur­sieren denn auch schon seit ger­aumer Zeit Verkauf­s­gerüchte, ohne dass aber bish­er ein Empfänger genan­nt wurde. Brasilien wäre dur­chaus ein logis­ch­er Kan­di­dat; immer­hin hat die brasil­ian­is­che Marine schon früher von der Roy­al Navy gebrauchte Kampf­schiffe über­nom­men, u.a. Fre­gat­ten TYPE 22 und die Lan­dungss­chiffe „Sir Bedi­vere“ und „Sir Galahad“.

Natür­lich wäre die „Ocean“ bei der brasil­ian­is­chen Marine kein voll­w­er­tiger Ersatz für den auszu­mustern­den Flugzeugträger „Sao Paulo“. Sie kann keine Kampf­flugzeuge ein­set­zen, würde der brasil­ian­is­chen Marine aber mit Trans­port- und Kampfhub­schraubern, mit­ge­führten Lan­dungs­booten und mod­er­nen Führungs- und Fer­n­meldesys­te­men neue Fähigkeit­en geben, von See her nach Land zu wirken. Ob der Verkauf aber tat­säch­lich zus­tande kommt, bleibt abzuwarten. Einige Kom­mentare sehen in den Mel­dun­gen der brasil­ian­is­chen Medi­en nur „ein Gerücht, das Eigen­dy­namik entwick­elt hat“. In Großbri­tan­nien hält man sich vor­erst bedeckt.

GROSSBRITANNIEN
Zweimal jährlich – im Früh­jahr und im Herb­st – richt­en die britis­chen Stre­itkräfte die Übung „Joint War­rior“ (JW) aus und laden dazu Ver­bün­dete und Fre­unde ein.

Joint War­rior“ wird vom „Joint Tac­ti­cal Exer­cise Plan­ning Staff“ des britis­chen Vertei­di­gungsmin­is­teri­ums organ­isiert, und soll die britis­chen Teil­stre­itkräfte in der engen Koop­er­a­tion mit Part­nern trainieren. Bei dominieren­den mar­iti­men Inhal­ten sind die Übungs­ge­bi­ete in und rund um Schot­t­land verteilt. Dabei sind neben ein­er großen, die gesamte Region umspan­nen­den „Mar­itime Train­ing Area“ mehrere Gebi­ete für spezielle Teil­szenar­ien desig­niert. Basis ist regelmäßig ein fik­tives Szenario, in dem „der UN Sicher­heit­srat nach Eskala­tion eines ter­ri­to­ri­alen Dis­puts zwis­chen (fik­tiv­en) Staat­en den Ein­satz ein­er multi­na­tionalen Sta­bil­isierungsstre­it­macht beschlossen“ hat. Dabei entwick­elt sich das Übungs­geschehen von anfänglichem Force Inte­gra­tion Train­ing allmäh­lich bis hin zu einem „offe­nen Krieg“.

Bei den mar­iti­men Übungsin­hal­ten ste­hen in möglichst real­is­tis­chen Szenar­ios neben tra­di­tionellen War­fare Areas wie Über­wasserseekrieg, Luftraumvertei­di­gung und Flu­gab­wehr, U‑Jagd, Amphibik und Minen­ab­wehr vor allem auch die Abwehr asym­metrisch­er Bedro­hun­gen (Ter­ror­is­mus, Vertei­di­gung gegen kleine Speed­boote), Mar­itime Secu­ri­ty Oper­a­tions (Piraterie/Waffenschmuggel, Boar­d­en & Durch­suchen von Schif­f­en) und schließlich sog­ar Medi­en­ar­beit im Mit­telpunkt. Geprüft wer­den hier die Fähigkeit­en jedes einzel­nen teil­nehmenden Schiffes oder Bootes bis hin zu Ver­bän­den und schließlich Gesamt­führung. Über­greifend­es Ziel ist verbesserte Inter­op­er­abil­ität und erweit­erte Fähigkeitsbildung.

Als erste der zwei diesjähri­gen „Joint War­rior“ hat JW 17–1 am 26. März begonnen. An der noch bis zum 6. April dauern­den Übung sind ins­ge­samt 32 Schiffe und Boote, fünf U‑Boote und 70 Luft­fahrzeuge (Flugzeuge, Hub­schrauber) aus 13 Natio­nen beteiligt, darunter auch die bei­den ständi­gen NATO-Ver­bände SNMG‑1 und SNMCMG‑1, aber auch Nicht-NATO-Mit­glied Schweden.

Beson­der­heit von JW 17–1 ist die in das Geschehen einge­bun­dene Teilübung „Infor­ma­tion War­rior 17“, bei der die teil­nehmenden Schiffe und Boote ihre Fähigkeit­en zum Schutz vor Cyberan­grif­f­en auf den Prüf­s­tand stellen. Erst­mals wird dabei auch neue Soft­ware mit „kün­stlich­er Intel­li­genz“ erprobt.

TÜRKEI
Die türkische Marine hat im Schwarzmeer ihre diesjährige Haup­tübung „Deniz Yildizi 2017“ begonnen.

Schon seit gut ein­er Woche waren im Bosporus zahlre­iche aus der Ägäis ins Schwarzmeer ver­legende Ein­heit­en gesichtet wor­den. Beobachter zählten ins­ge­samt zehn Fre­gat­ten, drei Korvet­ten, neun teils mit FK bestück­te Schnell­boote, vier U‑Boote, ein Lan­dungss­chiff und mehrere Hil­f­ss­chiffe wie z.B. Flot­ten­tanker. Die Fre­gat­te „Bar­baros“ trug bei der Pas­sage den Stander des Befehlshabers der Flotte.

Am 22. März war auch der Rumpf der früheren US-Fre­gat­te „Dun­can“ in Rich­tung Schwarzmeer geschleppt wor­den. Das Schiff der PER­RY-Klasse war 1994 von der US Navy aus­ge­mustert und 1999 als schwim­mendes Ersatzteil­lager für die türkischen PER­RY-Fre­gat­ten an die türkische Marine verkauft wor­den. Markierun­gen am Rumpf der weit­ge­hend abgerüsteten ex-„Duncan“ deuten nun auf eine let­zte Nutzung als Zielschiff bei „Deniz Yildizi“.

In „Deniz Yildizi“ will die türkische Marine nicht nur fast alle Aspek­te mod­ern­er Seekriegführung üben, son­dern vor allem auch „starke Präsenz im Schwarzmeer demon­stri­eren“. Dort sind nur wenige, meist kleinere türkische Kampfein­heit­en per­ma­nent sta­tion­iert. Höhep­unk­te wer­den live-Schießab­schnitte mit Rohrwaf­fen und Flugkör­pern. So sollen U‑Boote in einem Sinkex die ex-„Duncan“ mit Seeziel-FK Sub-Har­poon und einem Tor­pe­do auf den Grund des Schwarzen Meeres schick­en, und ein Schiff (Fre­gat­te?) soll mit einem Flugkör­p­er Har­poon Block II von See her ein Landziel bekämpfen.

Der Startschuss für die Übung fiel am 27. März. „Deniz Yildizi“ soll noch bis zum 7. April dauern, über das Woch­enende aber eine kurze Unter­brechung erfahren. Am 3. und 4. April sollen mehrere Schiffe in Var­na (Bul­gar­ien), Batu­mi (Georgien), Kon­stan­ta (Rumänien), Novorossiysk (Rus­s­land) und Odessa (Ukraine) ein­laufen und Hafenbe­suche bei allen Mit­gliedern der auf türkische Ini­tia­tive begrün­de­ten, nach Georgien-Kon­flikt und Ukraine-Krise aber einge­frore­nen, multi­na­tionalen „Black Sea Force“ durch­führen. Übung und Besuche unter­stre­ichen, dass die Türkei sich im Schwarzen Meer als führende Regional­macht begreift und hier wed­er Rus­s­land noch der NATO das Feld über­lassen will.

Rus­s­land sein­er­seits betra­chtet das Übungs­geschehen sehr aufmerk­sam. Flugzeuge und Schiffe der rus­sis­chen Schwarzmeer­flotte, darunter ein Spezialschiff der MOMA-Klasse zur Fer­n­melde-/elek­tron­sichen Aufk­lärung, sollen „Deniz Yildizi“ haut­nah beobachten.

WESTAFRIKA
Im Golf von Guinea und vor der west­afrikanis­chen Küste hat am 23. März die diesjährige Übung „Obangame Express“ begonnen.

Das nun schon zum 7. Male durchge­führte „Obangame Express“ wurde vom US Africa Com­mand als Teil der Ini­tia­tive „Africa Part­ner­ship Sta­tion“ ins Leben gerufen. Primäres Ziel war ein verbessert­er (stan­dar­d­isiert­er) Lage­bild- und Infor­ma­tion­saus­tausch zwis­chen den Anrain­ern am Golf von Guinea, um diesen eine effek­ti­vere Überwachung ihrer Hoheits­gewäss­er und Wirtschaft­szo­nen zu ermöglichen und hier vor allem auch über rein nationale Maß­nah­men hin­aus­ge­hen­des „kollek­tives Bewusst­sein“ zu weck­en. Dahin­ter stand natür­lich eine bessere Befähi­gung der regionalen Mari­nen und Küstenwachen zur Bekämp­fung von Pira­terie, inzwis­chen erweit­ert um The­men wie ille­gale Migra­tion und Waf­fen-/Dro­gen­schmuggel.

Seit dem ver­gan­genen Jahr ist die früher vom US Africa Com­mand sep­a­rat mit west­afrikanis­chen Staat­en wie Marokko und Sene­gal durchge­führte Übung „Saha­ran Express“ Teil von „Obangame Express“, dessen Teil­nehmer­feld sich damit deut­lich erweit­ert hat. So sind an „Obangame Express 17“ ins­ge­samt mehr als 30 Natio­nen beteiligt.

Zu diesen gehören neben der führen­den US Navy von Marokko bis Namib­ia prak­tisch alle Staat­en der afrikanis­chen Atlantikküste, zahlre­iche nicht regionale Län­der (Bel­gien, Brasilien, Däne­mark, Deutsch­land, Frankre­ich, Großbri­tan­nien, Kana­da, Nieder­lande, Nor­we­gen, Por­tu­gal, Spanien, Türkei), die mit Per­son­al vor allem Aus­bil­dungs­funk­tio­nen wahrnehmen, sowie schließlich mehrere regionale Organ­i­sa­tio­nen wie die Eco­nom­ic Com­mu­ni­ty of West African States (ECOWAS) und die Eco­nom­ic Com­mu­ni­ty of Cen­tral African States (ECCAS).

Aus­bil­dung­shil­fe in See (Foto: US Navy)Die große Anzahl der Teil­nehmer und die regionale Aus­de­hung hat dazu geführt, dass es für „Obangame Express 17“ gle­ich mehrere Eröf­fungsz­er­e­monien gab. Die Haupt­feier fand in Accra (Ghana) statt, aber auch in Lagos (Nige­ria) und Douala (Kamerun) wurde „Obangame Express 17“ in par­al­le­len Ver­anstal­tun­gen feier­lich eröffnet. Ein regionaler Schw­er­punkt soll in Abid­jan (Elfen­beinküste) liegen, wo auch die Schlußfeier geplant ist.

Die Übung soll ins­ge­samt 12 Tage dauern. Die Teil­nehmer bere­it­eten sich zunächst in mehreren Häfen bei Sem­i­naren und mit prak­tis­ch­er Aus­bil­dung an Land vor; danach wird dann in zwei Seep­hasen im Golf von Guinea und vor West­afri­ka in der Prax­is u.a. Lage­bild­ab­gle­ich, Fer­n­melde­v­er­fahren sowie das Board­ing und Durch­suchen von Schif­f­en geübt.