Zumindest verbal verschärft sich der Konflikt zwischen dem Iran auf der einen und den USA, Israel und einem Großteil der internationalen Gemeinschaft auf der anderen Seite zusehends.
Bei iranischer Drohung einer Sperrung der Straße von Hormuz und US-Erklärungen, in einem solchen Fall sofort militärisch zu reagieren, ist es nur natürlich, wenn Medien jede Bewegung militärischer Einheiten in die Region aufmerksam registrieren und zunehmend auch sofort einen unmittelbaren Zusammenhang erkennen wollen. Eine solche Bewegung war der oben (GROSSBRITANNIEN) dargestellte beginnende Einsatz des britischen Zerstörers DARING. Deutlich aufmerksamer werden allerdings Flottenbewegungen der USA verfolgt, und hier gibt die jüngste Entwicklung zahlreichen Medien Anlass zu Spekulationen.
Bereits im Juli 2011 begann die US Carrier Strike Group (CSG) um den Flugzeugträger JOHN C. STENNIS einen Routineeinsatz, in dessen Rahmen der Flugzeugträger seit dem September im Arabischen Meer (Unterstützung Afghanistan Operationen) präsent ist und zeitweilig auch im Persischen Golf (Unterstützung Irak-Operationen) stand. Dieser Einsatz geht nun zu Ende. Im Februar wird die Einsatzgruppe im Heimathafen Bremerton an der US Pazifikküste zurück erwartet, dürfte also in den kommenden zwei Wochen ablaufen. Ablösung ist mit der CARL VINSON CSG bereits eingetroffen; seit einigen Tagen operieren beide Verbände gemeinsam im Arabischen Meer. Mit der ABRAHAM LINCOLN ist aber nun auch noch eine dritte CSG auf dem Marsch ins Arabische Meer. Die Schiffe haben am 13. Januar nach Passage der Straße von Malakka die Andamanensee erreicht.
Damit nicht genug, stehen derzeit auch zwei amphibische Einsatzverbände in der Golfregion. Dabei handelt es sich zum einen um die Amphibious Ready Group (ARG) um den amphibischen Träger BATAAN, zum anderen um die ARG um den amphibischen Träger MAKIN ISLAND. Auch hier ist eine routinemäßige Ablösung Hauptgrund für die verstärkte Präsenz. Die BATAAN ARG ist schon seit März 2011 im Einsatz und soll nach Ablösung durch die MAKIN ISLAND ARG in den nächsten Tagen ablaufen.
Straße von Hormuz (Grafik: Wikipedia) |
Natürlich gibt die Präsenz von gleich fünf kampfstarken Flottenverbänden der US Navy den USA „Optionen“ für den Fall einer Verschärfung des Konfliktes mit dem Iran. Dass die „Truppenkonzentration an der Straße von Hormuz“ nun aber unmittelbare Reaktion auf iranische Drohungen einer Sperrung dieses für die Weltwirtschaft lebenswichtigen Seeverkehrsweges, ja gar Vorbereitung auf einen Angriff auf den Iran ist, darf doch bezweifelt werden. Wie gesagt, wird die STENNIS-Gruppe in einer seit Monaten geplanten Maßnahme von der VINSON-Gruppe abgelöst, und auch die Ablösung der BATAAN durch die IWO JIMA findet sich seit Monaten in der Einsatzplanung der US Navy. Selbst die Verlegung der ABRAHAM LINCOLN erfolgt in Einklang mit der schon im letzten Jahr angekündigten Einsatzplanung der US Navy, die für den Großteil eines Jahres die Präsenz von zwei CSG in der Region vorsieht.
Die US Navy wird die Verbände wie üblich einige Tage parallel in der Region operieren lassen, bevor die abgelösten Schiffe dann die Heimreise antreten. Sicher kommt Washington dabei auch der zwangsläufig entstehende Eindruck einer Drohgebärde gegenüber dem Iran nicht ungelegen. Ob es allerdings tatsächlich zu einer von vielen Medien seit Monaten beschworenen militärischen Operation gegen den Iran – mit dem Ziel der Unterbindung von dessen mutmaßlichem Atomwaffenprogramm – kommt, ist doch völlig offen.
Der Iran gibt sich in lautstarker Propaganda zwar kriegerisch, schreckt vor einer offenen Auseinandersetzung aber doch (noch) zurück. So wurde die US Navy nach dem Verlassen des Golfes durch die STENNIS CSG (nach Ende Irak-Operationen) zwar volltönend gewarnt, wieder in den Golf zurück zu kehren; man werde sie notfalls gewaltsam daran hindern. Wer den Wortlaut der Erklärung genauer las, musste allerdings erkennen, dass sich diese Drohung explizit auf die JOHN C. STENNIS bezog, und auch der iranischen Führung musste klar sein, dass dieser Flugzeugträger am Ende seines Einsatzes steht und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überhaupt keine Passage der Straße von Hormuz mehr plant.
Iranische Speedboote nähern sich der NEW ORLEANS (Foto: aus Video der US Navy) |
So begnügte sich die iranische Marine beim Einlaufen des zur MAKIN ISLAND ARG gehörenden Docklandungsschiffes NEW ORLEANS (zu einem Besuch in Abu Dhabi) in die Straße von Hormuz mit einer Drohgebärde in Form kurzzeitiger Annäherung von drei Speedbooten (bis auf etwa 500 m), beließ es dann aber auch dabei.
Auch die Ankündigung, das iranische Parlament bereite ein Gesetz vor, das „allen ausländischen Kriegsschiffen die Passage der Straße von Hormuz ohne iranische Genehmigung verbietet“, darf durchaus mit Skepsis betrachtet werden. Ein solches Gesetz würde einen eklatanten Verstoß gegen internationales Seerecht bedeutet – und dies wäre dann tatsächlich der erste Fall, in dem der Iran nachweislich internationales Recht ignoriert und nicht nur politisch laviert.
Die kommenden Wochen – insbesondere die Umsetzung neuer internationaler Sanktionen gegen den Iran — werden mehr Aufschluss darüber geben, in welche Richtung die Entwicklung im Iran-Konflikt führen könnte. Am 27. Januar wollen die Seestreitkräfte der iranischen Revolutionsgarden (Pasdaran See) ihr Großmanöver „Heiliger Prophet 7“ beginnen, in dessen Verlauf angeblich auch die Sperrung der Straße von Hormuz „realistisch simuliert“ werden soll. Die USA lassen indes keinen Zweifel an einer unmittelbaren militärischen Reaktion auf eine tatsächliche Sperrung der Seestraße. Chief of Joint Chiefs of Staff General Demspey wörtlich: „We will take action and reopen the strait“. Die Wortwahl lässt keinen Interpretationsspielraum zu.
Bei der Lagebilderstellung hat die Meerenge inzwischen hohe Priorität. Täglich fliegen Seefernaufklärer P‑3C Orion mehrstündige Aufklärungseinsätze. Zusätzlich setzt die US Navy seit einigen Tagen hier auch ihre neueste Aufklärungsdrohne ein. Aus einer Flughöhe von bis zu 70.000 Fuß — fast doppelt so hoch wie Verkehrsflugzeuge – fliegt die Broad Area Maritime Surveillance (BAMS) Drohne alle drei Tage einen 24-Stunden Einsatz.
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