Am 25. November haben somalische Piraten nach Zahlung von Lösegeld den im April im Arabischen Meer gekaperten italienischen Massengutfrachter ROSALIA D’AMATO frei gelassen. Ein italienisches Kriegsschiff (wahrscheinlich der im Rahmen der NATO-Operation „Ocean Shield“ vor Somalia eingesetzte Zerstörer ANDREA DORIA) nahm den Frachter vor der somalischen Küste in Empfang; Soldaten gingen an Bord, um das Schiff bei seiner Fahrt in einen sicheren Hafen zu schützen.
Karte: gcaptain.com |
Neue Beute machten die somalischen Banden in der abgelaufenen Woche nicht, aber es gab doch einige Versuche. So griffen Piraten am 20. November Im Golf von Aden mit zwei Skiffs den Massengutfrachter PIONEER PACIFIC an, beschossen diesen auch schon, drehten dann aber sofort wieder ab, als ein eingeschifftes Sicherheitsteam ihr Feuer erwiderte.
Einen Tag später versuchte weiter im Süden im Somaliabecken, etwa 100 sm östlich von Mombasa, eine andere Gruppe Piraten mit ebenfalls zwei Skiffs ihr Glück beim Containerschiff MSC JEANNE. Hier befand sich kein Sicherheitsteam an Bord, aber die Piraten brachen ihren Angriff schon ab, als der Kapitän Leuchtmunition auf die Skiffs abfeuern ließ. Möglicherweise gingen sie von einem bewaffneten „Vessel Protection Detachment“ aus. Nur wenige Stunden später stellte ein zu Hilfe gerufenes Kriegsschiff die Verbrecher. Die „Pirate Action Group“ wurde „neutralisiert“ (disrupted). Wie genau dies erfolgte (nur entwaffnet oder Boote versenkt?) und was mit den Piraten geschah, hat die NATO in ihrer Pressemeldung nicht bekannt gegeben.
Mehr Informationen gibt es zu einem anderen Zwischenfall. Direkt vor der somalischen Küste (in den Territorialgewässern nahe Gaalogod) entdeckte der italienische Zerstörer ANDREA DORIA (NATO) ein verdächtiges offenes Boot. Als ein Boardingteam mit einem Beiboot (RHIB) den „Whaler“ zur näheren Untersuchung ansteuerte, wurde von dort plötzlich das Feuer eröffnet. Die italienischen Soldaten schossen zurück, gingen dann aber erst einmal auf Abstand. Die mutmaßlichen Piraten nutzten dies, um sich mit ihrem Boot an den somalischen Strand zu retten und dort landeinwärts abzusetzen. Verletzt wurde (zumindest auf italienischer Seite) niemand.
Kurzmeldungen
- Wie der parlamentarische Staatsekretär im deutschen Verkehrsministerium, Enak Ferlemann, in einem Interview mit einer Fachzeitschrift erklärte, sollen deutsche Handelsschiffe in piratengefährdeten Gewässern schon im kommenden Jahr von privaten, aber staatlich zertifizierten Sicherheitskräften geschützt werden. Aktuell werde auf Ministerienebene „mit Hochdruck“ an der letzten inhaltlichen Feinabstimmung eines entsprechenden Gesetzentwurfes gearbeitet, über den dann der Bundestag zu entscheiden habe.
- Am 23. November hat der UN Sicherheitsrat das Mandat zur Bekämpfung der Piraterie vor Somalia um ein Jahr verlängert. „In Zusammenarbeit mit der somalischen Zentralregierung“ dürften Kriegsschiffe und Flugzeuge zur Verfolgung von Piraten auch in die somalischen Territorialgewässer eindringen. Wie sich die geforderte „Zusammenarbeit“ mit der Zentralregierung in Mogadischu in der Praxis gestalten soll, lässt die Resolution offen. Die Hochburgen der Piraten liegen weit außerhalb des von Mogadischu kontrollierten Gebietes. Der Sicherheitsrat appellierte an „alle Länder mit entsprechenden Kapazitäten“, Schiffe und Flugzeuge zur Verfügung zu stellen und mahnte überdies eine konsequente Strafverfolgung ergriffener Piraten an.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Die spanische Korvette INFANTA CRISTINA (DESCUBIERTA-Klasse) hat am 20. November ihren mehrmonatigen Einsatz bei der EU NavFor beendet und den Rückmarsch in die Heimat angetreten. Dort machte sich am 22. November der Versorger PATINO auf den Weg ans Horn von Afrika. Das Schiff soll sich ebenfalls der EU NavFor in Operation „Atalanta“ anschließen.
PATINO (Foto: span. Marine) |
Hakan Syren (Foto: EU) |
Wie kaum anders zu erwarten, hat das taiwanesische Verteidigungsministerium in lokalen Medien verbreitete Meldungen über die unmittelbar bevorstehende Entsendung eines taiwanesischen Marineverbandes vor das Horn von Afrika dementiert. Natürlich sei die Marine „gut vorbereitet und durchaus fähig“ zu einem solchen Einsatz; „derzeit“ sei er aber nicht geplant, hieß es in einer offiziellen Pressemitteilung. Vor allem logistische Gründe stehen der Entsendung eines Verbandes entgegen. Taiwan hat zu keinem Land in der Region diplomatische Beziehungen, und dort eingesetzte taiwanesische Kriegsschiffe könnten sich denn auch keinen Hafen zu Nachversorgung oder ggf. notwendig werdender Instandsetzung anlaufen.
Der Vorsitzende des EU Military Committee, der schwedische General Hakan Syren, hat vor einer „temporären Unterbesetzung“ der EU NavFor gewarnt. Bei den gegenwärtigen wirtschaftlichen Problemen könnten einige EU Marinen ihre zuvor angekündigte Entsendung von Kriegsschiffen zur Unterstützung der Operation „Atalanta“ nicht mehr erfüllen. Bis zumindest März 2012 stehe man am Horn von Afrika vor einer Fähigkeitslücke. In offiziellen Stellungnahmen der EU hieß es, dies sei bekannt, werde aber keine „schwerwiegenden Folgen“ haben, da somalische Piraten in den Wintermonaten erfahrungsgemäß weniger aktiv seien.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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