Unverändert setzt der Südwest-Monsun den somalischen Piraten für ihre Kaperfahrten enge Grenzen. Aus fast dem gesamten Indik — vom Arabischen Meer bis in die Straße von Mosambik — werden Windstärke acht und Wellenhöhen von drei bis vier Meter gemeldet, und dies soll sich zunächst auch noch nicht ändern. Das Ende der Monsunzeit wird erst im August/September erwartet. Dann dürfte die regionale Piraterie allerdings deutlich aufleben und den eingesetzten Seestreitkräften „hektische Zeiten“ bescheren. Derzeit finden die Verbrecher nur im äußersten westlichen Teil des Golfs von Aden, dem nördlichen Golf von Oman südlich der Straße von Hormuz und bei den Malediven für ihre Zwecke „gute“ Bedingungen.
Wie schon in den Vorwochen wurden denn auch nur sehr wenige Überfälle gemeldet, die überdies sämtlich erfolglos blieben. So näherten sich am 2. Juli im Golf von Aden drei Skiffs dem in einem gesicherten Konvoi fahrenden südkoreanischen Frachter AZALEA, drehten aber sofort ab, als der Bordhubschrauber des südkoreanischen Zerstörers CHUNGMUGONG YI SUN-SHIN mit Leuchtmunition warnte. Ob es sich um Piraten oder harmlose Fischer gehandelt hat, ist unklar.
SHIUH FU No1 Bildquelle: EU NavFor |
Am 4. Juli griffen im Golf von Oman Piraten mit zwei Skiffs den singapurschen Massengutfrachter SAGAR RATAN an, brachen den Überfall aber ab, als Kampfflugzeuge des in der Nähe operierenden US Flugzeugträgers RONALD REAGAN sie im Tiefstflug überflogen und dann auch noch der britische Versorger FORT VICTORIA am Schauplatz des Geschehens erschien. Die zwei Skiffs kehrten unverrichteterdinge zurück zu ihrem Mutterschiff, dem im Dezember vor Madagaskar gekaperten taiwanesischen Fischereifahrzeug SHIUH FU No1.
Ein mysteriöser Vorfall ereignete sich am 7. Juli im äußersten Westen des Golfs von Aden. Der mit 141.000 t Heizöl (aus der Ukraine, für China) beladene Supertanker BRILLANTE VIRTUOSO hatte gerade die Meerenge des Bab el Mandeb passiert. Für die Weiterfahrt nach Osten sollte vor Aden ein Sicherheitsteam eingeschifft werden. Nur 20 sm vom jemenitischen Hafen entfernt brach an Bord Feuer aus.
BRILLANTE VIRTUOSO brennt Bildquelle: US Navy |
Der Kapitän setzte sofort einen Notruf ab; mit Blick auf die Ladung ging die gesamte Besatzung dann in die Boote. Alle 26 Mann (Filipinos) wurden vom wenig später am Ort des Geschehens eintreffenden US-Kreuzer PHILIPPINE SEA wohlbehalten aufgenommen. Zwei aus Aden in Marsch gesetzte zivile Bergeschlepper konnten den treibenden Tanker sichern, vor Anker legen und den Brand schließlich auch löschen. Das Feuer hatte sich auf die achteren Aufbauten beschränkt; die Ladung blieb unbeeinträchtigt, und es kam auch zu keiner Umweltverschmutzung.
Die Ursache des Feuers bleibt vorerst unklar. Zwar erklärte der griechische Eigner, Piraten hätten den Tanker angegriffen und mit Panzerfaust-Schüssen den achteren Brückenaufbau in Brand gesetzt. Angeblich sollen sieben Piraten sogar schon an Bord gelangt sein, dann aber angesichts des ausgebrochenen Feuers schnell wieder das Weite gesucht haben. Die nur wenig später eintreffende PHILIPPINE SEA fand allerdings keinerlei Hinweise auf noch in der Nähe befindliche mögliche Piraten. Medien spekulieren jetzt, dass der Reeder den Piratenangriff aus versicherungstechnischen Gründen nur vorgeschoben hat, um die wahre Brandursache (Fahrlässigkeit im Unterkunftsbereich ?) zu verschleiern. Nachdem das Feuer nun aber gelöscht ist, wird sich die Ursache sicher schnell ermitteln lassen. Von außen auf ein Schiff abgefeuerte und explodierte Panzerfaustgranaten hinterlassen doch sehr eindeutige Spuren.
Kurzmeldungen
Wenig Glück hatten somalische Piraten, die eine iranische Dhau gekapert hatten und mit ihr als Mutterschiff nun auf lukrative Raubzüge hofften. Nach einigen Tagen gelang es den iranischen Fischern, ihre Entführer zu überwältigen, festzusetzen und die Dhau zum südiranischen Hafen Chahbahar (Golf von Oman) zu steuern. Hier übergaben sie die Piraten der iranischen Küstenwache. Sie dürften für sehr lange Zeit nicht in die Heimat zurück kehren; möglicherweise droht ihnen im Iran sogar die Todesstrafe.
Somalische Piraten sollen in abgelegenen Buchten und Stränden der jemenitischen Insel Socotra und an der jemenitischen Küste nahe Mukalla Versorgungspunkte eingerichtet haben. Vor allem mit nur kleineren Booten (Skiffs mit offenem Whaler als Mutterboot) ausgerüstete Gruppen können durch Nachversorgung mit Kraftstoff, Wasser und Lebensmitteln ihre Kaperfahrten deutlich ausdehnen. Auch von internationalen Seestreitkräften aufgebrachte, entwaffnete und dann unter den geltenden Rules of Engagement „zur somalischen Küste“ entlassene Piraten könnten sich hier deutlich schneller neu ausrüsten als eigentlich gedacht.
Auf einer internationalen Konferenz in Seoul (Südkorea) haben sich 30 Länder und sechs internationale Organisationen auf verstärkte Zusammenarbeit verständigt. Vor allem will man jetzt die Finanzwege somalischer Piraten und deren im internationalen organisierten Verbrechen vermuteten Hintermänner ins Visier nehmen. Dazu soll eine globale nachrichtendienstliche Datenbasis eingerichtet werden, in die alle beteiligten Nationen Informationen einstellen und auf die sie alle auch Zugriff haben. Identifizierte Konten sollen so schnell und effektiv eingefroren werden.
Die norwegische Regierung hat mit Wirkung vom 30. Juni Handelsschiffen unter norwegischer Flagge die Genehmigung erteilt, „Waffen an Bord mitzuführen“ – also auch bewaffnete Sicherheitsteams einzuschiffen.
Als erste schwedische Reederei hat die Wallenius Lines öffentlich erklärt, dass ihre vor allem mit Autotransporten befassten Schiffe bewaffnete Sicherheitsteams an Bord haben.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Chinesische Fregatte YULIN Bildquelle: china-defense.com |
Die vier derzeit im Rahmen der multinationalen Einsatzgruppe CTF-151 operierenden Einheiten der türkischen Marine (Fregatten BARBAROS, GEMLIK und GELIBOLU, Tanker GÜNGÖR) sind Ende Juni zu Besuchen in Pakistan und Indien aus dem Einsatzgebiet abgelaufen (s.u.).
Am 2. Juli hat sich im südchinesischen Zhanjiang die insgesamt 9. Einsatzgruppe der chinesischen Marine auf den Marsch in Richtung Horn von Afrika gemacht. Zu ihr gehören der Zerstörer WUHAN (LUJANG-I-Klasse), die Fregatte YULIN (JIANGWEI-II-Klasse) und der Versorger QINGHAIHU. Die Schiffe verlegen allerdings nicht auf direktem Weg, sondern haben zur Teilnahme an einer Rüstungsmesse erst einmal Kurs auf Brunei genommen.
Die japanische Marine hat am 5. Juli in Dschibuti ihren „seit dem 2. Weltkrieg ersten Übersee-Stützpunkt“ offiziell in Betrieb genommen. In der Nordostecke des internationalen Flughafens von Dschibuti waren in den letzten Monaten ein Hangar mit Vorfeld sowie Unterkunftsbereiche gebaut worden. 180 Soldaten und Zivilisten sollen hier nun stationiert werden, um die logistische Versorgung der zur Sicherung japanischer Handelsschiffe verlegten Kriegsschiffe und Flugzeuge auf eine bessere Basis zu stellen und eingesetzte Seefernaufklärer P3‑C Orion sowie Hubschrauber zu warten und instand zu setzen. Die japanische Regierung hat am 8. Juli beschlossen, den Einsatz der Marine am Horn von Afrika um ein weiteres Jahr zu verlängern.
SAMIDARE ) Bildquelle: austr. Marine |
Die derzeit auf dem Weg in den Golf von Aden befindliche nächste Einsatzgruppe der japanischen Marine, mit den Zerstörern SAMIDARE und UMIGIRI, hat unterdessen den Indik erreicht, führt zunächst aber noch einen mehrtägigen Hafenbesuch im indischen Kochi durch.
Nach fast einem Jahr Abwesenheit ist das dänische Mehrzweckschiff ESBERN SNARE am 8. Juli wieder in seinen Heimathafen Frederikshavn zurückgekehrt. Einen Großteil der Zeit hatte das Schiff vor der somalischen Küste bei Unterstützung der NATO-Operation „Ocean Shield“ verbracht. Seine Rückkehr hatte sich zuletzt noch einmal um einen Monat verzögert, als Politiker wochenlang nach Möglichkeiten zur Strafverfolgung von 24 an Bord der ESBERN SNARE festgesetzten somalischen Piraten suchten. Erst nachdem diese schließlich den kenianischen Behörden übergeben worden waren, konnte sich das Schiff auf die Heimreise machen. Während der langen Abwesenheitszeit war die Besatzung mehrfach ausgetauscht worden. Einen letzten Besatzungswechsel gab es noch auf dem Rückmarsch im Mittelmeer. In Limassol (Zypern) übernahm die Besatzung der neuen Fregatte IVER HUITFELDT die ESBERN SNARE, während deren Stammbesatzung auf dem Luftwege in die Heimat voraus flog.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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