Die Monsunwetterlage beschert den Piraten unverändert nur innerhalb des Golfs von Aden bis ins südliche Rote Meer sowie im südlichen Somaliabecken vor der Küste Tansanias „gute“ Bedingungen, selbst wenn sie auch außerhalb dieser Gebiete aktiv bleiben. Dementsprechend wurden in der abgelaufenen Woche denn auch nur einige wenige Überfälle gemeldet, von denen glücklicherweise keiner von Erfolg gekrönt war.
Karte: gcaptain.com |
Am 10. Juni beschossen Piraten im südlichen Roten Meer von einem Skiff aus den Massengutfrachter TAI SHUN HAI, konnten bei dessen rigorosen Ausweichmanövern aber nicht an Bord gelangen. Einen Tag später griffen Piraten im gleichen Seegebiet den Produktentanker EMMA VICTORY an. Auch hier verhinderten Ausweichmanöver und Stacheldrahtbarrikaden ein Entern. Zwei weitere Angriffe werden aus dem Arabischen Meer gemeldet, wo Piraten trotz schlechten Wetters ihr Glück versuchten. Am 11. Juni griff ein Skiff den Massengutfrachter EMPEROR an, drehte nach Warnschüssen des eingeschifften Sicherheitsteams aber sofort ab. Schon am 6. Juni hatte die EMPEROR im Osteingang des Golfs von Aden einen Überfall erfolgreich abgewehrt; für den Reeder hat sich das Anheuern damit offensichtlich bezahlt gemacht. Im gleichen Seegebiet (man darf davon ausgehen, dass hier ein Piraten-Mutterschiff unterwegs ist) griffen Piraten am 12. Juni auch noch den Massengutfrachter CARAVOS HORIZON an; elektrifizierte Drahtverhaue und der Einsatz von Feuerlöschanlagen hinderte sie aber am Entern.
Drei entführte Schiffe kamen nach Zahlung von insgesamt fast 20 Mio. US-Dollar Lösegeld frei. Zunächst entließen somalische Piraten am 12. Juni den im März entführten kuwaitischen Tanker ZIRKU, für den sie angeblich 12 Mio. US-Dollar kassierten. Einen Tag später kam nach Zahlung von 2,1 Mio. US-Dollar auch der ägyptische Frachter SUEZ frei. Das Schiff war bereits im August 2010 entführt worden und hatte seitdem an der somalischen Küste vor Anker gelegen. Nur kurz nach seiner Freilassung wurde der Frachter am 15. Juni auf dem Weg nach Norden (weniger als 30 sm von der somalischen Küste entfernt) erneut angegriffen. Vier Piraten gelangten sogar an Bord, brachen nach einem Handgemenge mit der Besatzung dann allerdings ihr Vorhaben ab; ein verletzter Pirat konnte sich nur mit einem Sprung über Bord retten. In den Folgetagen sorgte die SUEZ in der indischen Presse für erhebliche Aufregung. Sechs der 22 Besatzungsmitglieder sind Inder, der Kapitän aber ein Pakistani. Als die indische Regierung erfuhr, dass die pakistanische Marine ihre Fregatte BABUR zur bedrängten SUEZ in Marsch gesetzt hatte, wurde sofort auch die im Golf von Aden bei Konvoisicherung eingesetzte indische Fregatte GODAVARI dorthin befohlen.
Bildquelle: |
Bei Eintreffen der GODAVARI hatte die BABUR bereits das Geleit des Frachters in Richtung Salalah (Oman) übernommen. Indische Medien berichten, der pakistanische Kapitän der SUEZ habe alle Funksprüche der indischen Fregatte ignoriert; diese sei daraufhin unverrichteterdinge wieder zu ihrem ursprünglichen Einsatz im Golf von Aden zurück gekehrt. Am 16. Juni gaben Piraten schließlich den im April im Golf von Aden entführten deutschen (Flagge Antigua & Barbuda, Besatzung Ukrainer und Filipinos) Frachter SUSAN K frei. Nach Angaben der Piraten hat die Reederei hier ein Lösegeld von 5,7 Mio. US-Dollar gezahlt. Das Schiff soll sich nun auf dem Weg nach Dschibuti befinden.
Bildquelle: |
Für den im Dezember 2010 entführten Frachter ORNA (Eigner VAE, Flagge Panama) werden somalische Piraten wohl kein Lösegeld mehr kassieren können. Am 17. Juni brach auf dem vor einem Piratenstützpunkt an der somalischen Küste vor Anker liegenden 20.000-ts Massengutfrachter nach einem elektrischen Kurzschluss in der Küche ein Feuer aus, das nicht unter Kontrolle gebracht werden konnte. Die Piraten gaben das brennende Schiff auf und verlegten die als Geiseln gehaltene Besatzung auf ein anderes entführtes Schiff. Nun werden sie sich versuchen müssen, zumindest für die Geiseln noch Lösegeld zu erhalten.
Immer mehr Länder versprechen sich inzwischen von der Einschiffung bewaffneter Sicherheitsteams den wirksamsten Schutz ihrer Handelsschiffe vor Piraten. Immerhin konnten Piraten noch kein einziges solchermaßen gesichertes Schiff kapern; versuchte Überfälle wurden meist schon nach Abgabe erster Warnschüsse abgebrochen. Über die Umsetzung dieser Erkenntnis wird aber unverändert diskutiert, wobei sich eine zunehmende Tendenz abzeichnet, nicht auf staatliche Ressourcen (Militär, Polizei) zurück zu greifen, sondern die Reedereien aufzufordern, auf eigene Rechung private Sicherheitsfirmen anzuheuern. So erklärte die indische Marine am 12. Juni, sie sei „wegen Personalmangels“ nicht in der Lage, Sicherheitsteams auf Handelsschiffen einzuschiffen. Die Regierung überlege nun die Beauftragung einer zivilen Sicherheitsfirma. In den USA erklärte am 15. Juni ein ranghoher Beamter des Verteidigungsministeriums vor einem Kongressausschuss, „Reedereien könnten den Schutz ihrer Schiffe und Besatzungen durch Einschiffung bewaffneter Teams deutlich verbessern“. Die Wortwahl lässt darauf schließen, dass auch das Pentagon hier keine neue Aufgabe für die US Streitkräfte sehen möchte.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
Alle Informationen entstammen frei zugänglichen Quellen.