Bereits im Oktober haben somalische Piraten ein britisches Ehepaar frei gelassen, das im Oktober 2009 mit seiner Segeljacht LYNN RIVAL gekapert worden war. Die Medien wurden über die Freilassung erst informiert, als die beiden Somalia sicher verlassen hatten. Zu möglichen Lösegeldzahlungen (von der britischen Regierung immer nachdrücklich abgelehnt) gibt es keine Informationen.
Auch die nun abgelaufene Woche brachte wieder eine ganze Reihe versuchter Überfälle; erfolgreich waren die somalischen Verbrecher dabei aber nicht. Schwerpunkt der Aktivitäten war erneut das Somaliabecken. Vor der Küste von Kenia enterten Piraten am 12. November in der Dunkelheit versehentlich ein Fahrzeug der kenianischen Marine. Beim sich an Bord entwickelnden Feuergefecht wurden drei Piraten getötet, einer sprang ins Wasser und ertrank. Weitere Kumpane suchten daraufhin mit ihrem Skiff das Weite. Am 16. November wurde nur 30 sm vor Mombasa (Kenia) der Frachter AFRICAN EAGLE (Flagge: Bahamas) angegriffen. Abwehrmaßnahmen wie z.B. unter Strom gesetzter Stacheldraht hinderten die Piraten am Entern; sie brachen den Angriff ab. Die kenianischen Behörden haben auf die zunehmende Anzahl von Überfällen dicht unter der Küste Kenias reagiert. Alle Mombasa anlaufenden Schiffe wurden aufgefordert, einen etwa 20 sm auf See reichenden definierten Sicherheitskorridor zu nutzen (bzw. hier auf die Freigabe zum Einlaufen zu warten), der von der kenianischen Marine patrouilliert wird.
Südlich der Seychellen griffen am 17. November Piraten in zwei Skiffs die zwei französischen Thunfischfangschiffe TALENDUIC and CAP SAINTE-MARIE an. Auf beiden Schiffen waren allerdings französische Marineinfanteristen als “Vessel Protection teams” eingeschifft, deren Abwehrfeuer die Piraten schnell in die Flucht trieb. Ein weiterer Angriff wurde am 19. November aus dem „nördlichen Indische Ozean“ (vermutlich Arabisches Meer) gemeldet. Hier versuchten Piraten den chinesischen Frachter LECONG zu entern, konnten aber offenbar von den 26 Mann Besatzung zurückgeschlagen werden. Die chinesische Marine hat eines ihrer im Golf von Aden eingesetzten Kampfschiffe zur LECONG beordert.
In mindestens vier Fällen konnten Seestreitkräfte von EU NavFor und NATO mutmaßliche Piraten schon vor Ausführen von Überfällen abfangen und „neutralisieren“. Am 13. November stieß der britische Versorger FORT VICTORIA (NATO) zwischen den Seychellen und der somalischen Küste auf ein größeres Boot (Whaler) mit zehn Männern an Bord, die sofort begannen Gegenstände über Bord zu werfen. Durchsuchung förderte dennoch Waffen, Munition und Piratenausrüstung zutage. Der Whaler wurde daraufhin versenkt; die zehn Insassen an der somalischen Küste abgesetzt.
FORT VICTORIA versenkt Piratenboot Bildquelle: NATO |
Am gleichen Tag „neutralisierte“ das spanische Wachschiff INFANTA CRISTINA (EU NavFor) 200 sm vor der somalischen Küste einen weiteren mit vier mutmaßlichen Piraten besetzten Whaler — offenbar Mutterboot für ein Skiff, das entkommen konnte. Auch in diesem Fall wurde der Whaler zerstört, die Männer anschließend zur somalischen Küste gebracht und an Land gesetzt. Am 15. November entdeckte das dänische Mehrzweckschiff ESBERN SNARE (NATO) im Golf von Aden ein Skiff, in dem mutmaßliche Piraten in unmittelbarer Nähe des Schifffahrtsweges auf Beute warteten. Nach Konfiszierung von Ausrüstung und überschüssigem Kraftstoff wurde das Boot in Richtung somalische Küste entlassen. Ebenfalls im Golf von Aden fing schließlich am 17. November der französische Zerstörer DE GRASSE (Flaggschiff EU NavFor) ein Skiff mit sieben mutmaßlichen Piraten ab. Auch hier wurden Waffen, Ausrüstung und überschüssiger Kraftstoff beschlagnahmt, das Boot mit den Männern dann zur somalischen Küste entlassen.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Seit dem 10. November wird die EU NavFor bei der Überwachung der weiten Seegebiete des Somaliabeckens durch ein Aufklärungsflugzeug E‑3 F AWACS der französischen Luftwaffe verstärkt. Zwei weitere europäische Länder beteiligen sich nun an den Anti-Piraterie Operationen vor Somalia, wenn auch mangels verfügbarer Kriegsschiffe nur mit Personal. Estland unterstützt (bis Dezember 2011) mit einem zehnköpfigen Team die „Operation Atalanta“ der EU; Bulgarien will fünf Offiziere für „Operation Ocean Shield“ der NATO abstellen.
Das schwedische Unterstützungsschiff CARLSKRONA hat am 14. November nach genau sieben Monaten (14. April) seinen Einsatz bei der EU NavFor beendet und den Rückmarsch in die Heimat angetreten. Mehrere Monate war das Schiff auch Flaggschiff der EU NavFor gewesen. In der Heimat angekommen ist die 9. Einsatzgruppe der iranischen Marine. Die Fregatte ALVAND und der Versorger KHARG liefen am 15. November in Bandar Abbas ein. Die Schiffe waren seit dem 1. September im Einsatz. Eine 10. Einsatzgruppe soll bereits auf dem Weg in den Golf von Aden sein. Zu ihrer Zusammensetzung liegen allerdings noch keine Informationen vor. Der neue Zerstörer (Fregatte) JAMARAN scheint aber nicht dazu zu gehören.
Die 7. chinesische Einsatzgruppe mit den Fregatten ZHOUSHAN und XUZHOU (beide JIANGKAI-II) und dem Flottentanker QUIANDAO HU hat am 17. November den Golf von Aden erreicht. In den kommenden Tagen soll noch gemeinsam mit der 6. Einsatzgruppe operiert werden, bevor diese sich dann auf den langen Rückmarsch in die Heimat macht.
ADMIRAL VINOGRADOV Bildquelle: US Navy |
Ebenfalls am 17. November ist eine Einsatzgruppe der russischen Pazifikflotte aus Wladiwostok ausgelaufen. Der Zerstörer ADMIRAL VINOGRADOV (UDALOY-Klasse), der Flottentanker PECHENGA und der Hochseebergeschlepper GORYN SB-36 werden für den Marsch ans Horn von Afrika etwa drei Wochen benötigen. Sie sollen den Nordflotten-Zerstörer ADMIRAL LEVCHENKO (UDALOY) im Einsatz ablösen.
Der im Juli begonnene Bau eines japanischen Abstützpunktes in Dschibuti – die bisher erste japanische „Auslandsbasis“ – kommt planmäßig voran. Eine Stellfläche für bis zu drei Aufklärungsflugzeuge, ein Hangar und Unterkunftsgebäude sollen im März fertig sein und dann den Anti-Piraterie-Einsatz der japanischen Marine unterstützen, vor allem aber durch Verkürzung der logistischen Wege auch kostengünstiger gestalten.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
Alle Informationen entstammen frei zugänglichen Quellen.