Aus den offenen Seegebieten des Somaliabeckens werden noch immer Wellenhöhen von zwei bis drei Meter und schlechte Sicht gemeldet. Unter solchen Bedingungen müssen sich die Piraten hier weiterhin zurück halten; sie konzentrieren sich dementsprechend auf den ruhigeren Golf von Aden. Dort werden sie aber zunehmend aktiv. Gleich drei mal (am 12., 13. und 15. September) fing der indische Zerstörer DELHI dort Piraten ab, die mit ihren Skiffs direkt am International Recommended Transit Corridor (IRTC) auf Beute warteten — und diese ganz offenbar auch in gesicherten Konvois suchten. Von begleitenden Kriegsschiffen lassen sie sich nicht mehr abschrecken – gehen sie doch kaum Risiken ein. In allen Fällen wurden sie lediglich entwaffnet und durften dann völlig unbehelligt mit ihren Skiffs in Richtung somalische Küste abziehen. Ein weiteres mit sieben mutmaßlichen Piraten besetztes Skiff wurde am 13. September vom dänischen Führungsschiff ESBERN SNARE (NATO) 120 sm vor der somalischen Küste angetroffen. Als das Kriegsschiff sich näherte, warfen die Insassen Waffen über Bord. Ein Boardingteam konfiszierte weitere Ausrüstung, bevor dann auch dieses Skiff (zur Neuausrüstung) in Richtung somalische Küste entlassen wurde.
Eine Meldung vom 17. September belegt, dass die Piraten ihre „Sommerpause“ nun allmählich als beendet betrachten. Direkt vor der somalischen Küste, noch in der Nähe der Piratenlager, fing der französische Zerstörer DE GRASSE (EU NavFor) gleich sechs Skiffs ab, die gerade zu Beutezügen aufbrachen. Schon am 16. September war ein einzelnes Boot aufgefallen. Ein Boardingteam fand Waffen, Enterleitern und zusätzliche Benzinkaniste, konfiszierte diese und schickte das Skiff dann an die Küste zurück.
DE GRASSE Boardingteam fängt Skiff ab Bildquelle: franz. Marine |
Schon am nächsten Morgen wollte das gleiche Boot wieder in See gehen, diesmal gemeinsam mit einem Mutterboot (Whaler) und mehreren weiteren Skiffs. Bordhubschrauber und Speedboote der DE GRASSE fingen den Whaler und drei Skiffs ab; zwei weitere Skiffs konnten an die Küste entkommen. Auch in diesem Fall wurden die (mutmaßlichen) Piraten entwaffnet, ihre Ausrüstung konfisziert und die Boote dann zur Küste zurück geschickt. Die Verbrecher werden sehr schnell ihr Glück erneut versuchen. Man kann aber wohl davon ausgehen, dass die eingesetzten Seestreitkräfte verstärkt vor den notorischen Piratencamps patrouillieren, um – wie die DE GRASSE – Piraten schon direkt beim Auslaufen abzufangen und vorbeugend aus dem Verkehr zu ziehen. Die Verbrecher können zwar nicht festgesetzt werden, aber abgefangene Skiffs können auch keine Überfälle ausführen.
SAMHO DREAM Bildquelle: EU NavFor |
Am 14. September meldete das Piracy Reporting Centre (PRC) des International Maritime Bureau (IMB), der im April gekaperte südkoreanische Großtanker SAMHO DREAM habe seinen Ankerplatz vor der somalischen Küste verlassen und — kontrolliert von Piraten — Kurs auf die offene See genommen. Das PRC vermutet, dass das Schiff als Mutterschiff für Überfälle im Somaliabecken dienen soll. Wirklich sinnvoll erscheint dies nicht, denn die Piraten können nicht erwarten, dass das 320.000 t große Schiff auch nur eine Minute unbeobachtet bleibt. Aus der Luft und vermutlich auch von einem begleitenden Kriegsschiff wird jede Bewegung registriert, werden sämtliche in der weiteren Umgebung befindlichen Handelsschiffe gewarnt, jedes ausgesetzte Skiff sofort abgefangen. Unter solchen Bedingungen sind Überfälle aussichtslos. Vielleicht befindet sich das Schiff daher nur auf einer „logistischen“ Fahrt; schon vor einigen Monaten hatten Piraten mit einem gekaperten großen britischen Autotransporter auf See „fest sitzende“ Kumpane abgeholt. Möglicherweise erfolgt aber auch nur eine Verlegung an einen anderen Ankerplatz (Bedrohung am ursprünglichen Ort?).
Spanien und die Seychellen haben am 14. September eine verstärkte Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Piraterie vereinbart. Spanien verspricht sich dabei vor allem einen besseren Schutz von bei den Seychellen operierenden spanischen Thunfischfangschiffen, die schon mehrfach Ziel von Überfällen waren. Nun will man die „militärische Zusammenarbeit intensivieren“, wobei die öffentlichen Verlautbarungen allerdings offen lassen, wie dies im Detail geschehen soll.
Aktuelle Entwicklungen bei Einsatzkräften
Die EU NavFor hat Verstärkung erhalten. Am 10. September traf der niederländische Flottenversorger AMSTERDAM am Horn von Afrika ein. Das Schiff soll in der „Operation Atalanta“ eingesetzte Einheiten der EU NavFor versorgen, aber wohl auch selbst in das Geleit von Schiffes des World Food Programme (Hauptauftrag für die EU „Operation Atalanta“) eingebunden werden. Am 13. September erreichte auch die deutsche Fregatte KÖLN das Operationsgebiet und ist seitdem in die EU NavFor integriert.
Im Golf von Aden ist das chinesische Hospitalschiff DAISHANDAO („Friedensarche“) eingetroffen. Das Schiff soll vorübergehend die eingesetzten chinesischen Einheiten medizinisch unterstützen, schon bald aber seinen Weg fortsetzen (geplant sind Besuche in Dschibuti, Kenia, Tansania, auf den Seychellen und in Bangladesch).
DAISHANDAO Bildquelle: China Defense Forum |
Die Schiffe der 5. chinesischen Einsatzgruppe (Zerstörer GUANGZHOU und Fregatte CHAOHU) haben am 11. September ihre insgesamt 192-tägige Einsatzfahrt mit dem Einlaufen im Heimathafen beendet. Zurück in der Heimat ist auch die australische Fregatte PARRAMATTA. Sie hatte einen mehrmonatigen Routineeinsatz im Persischen Golf durchgeführt, war daneben aber zeitweilig auch in Anti-Piraterieoperationen (CTF-151) eingebunden.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
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