Das Defence Acquisitions Council hat die Beschaffung weiterer U‑Boote gebilligt — und mit umgerechnet etwa 8,5 Mrd. Euro soll dies das bisher teuerste Rüstungsvorhaben der indischen Streitkräfte werden.
Bei marktüblichen Stückpreisen von etwa 350 bis 450 Mio. Euro für moderne U‑Boote mit diesel-elektrischem bzw. außenluft-unabhängigem (AIP) Antrieb könnte man die Beschaffung von bis zu 20 neuen U‑Booten vermuten. Tatsächlich aber soll Projekt 75 (India) — Projekt 75(I) — nur sechs U‑Boote umfassen. Drei sollen bei Mazagon Docks (MDL) in Mumbai gebaut werden, ein viertes bei Hindustan Shipyards (HSL) in Visakhapatnam entstehen. Zwei weitere sollen schließlich entweder importiert oder auf einer privaten Werft in Indien hergestellt werden. Technische Spezifikationen sprechen (ohne bereits ins Detail zu gehen) von modernen U‑Booten mit AIP, erweiterten Stealth-Eigenschaften und der Fähigkeit zur Landzielbekämpfung.
Das Vorhaben ist nicht neu. Der Bedarf an (zusätzlich zu SCORPENE) sechs weiteren U‑Booten wurde schon vor einiger Zeit formuliert. Sie sollen nach einem ausländischen Design und in enger Zusammenarbeit mit ausländischen Herstellern gebaut werden. 2008 hatte man mit einem „Request for Information“ auch bereits Kontakte zu internationalen Herstellern aufgenommen. Nachfolgende Diskussionen hatten dann allerdings keinen sichtbaren Fortschritt gebracht.
Navantia’s S‑80 ebenfalls begutachtet Modellfoto: Michael Nitz |
Das jetzt offiziell abgesegnete Vorhaben soll nun mit einem „Request for Proposals“ an mögliche Anbieter wieder Fahrt aufnehmen. Medien nennen – in alphabetischer Reihenfolge — HDW/TKMS (Deutschland), DCNS/Amaris (Frankreich), Fincantieri (Italien), Rosoboronexport (Russland) und Navantia (Spanien).
Ein Zeitplan wird für das Vorhaben noch nicht genannt; die indische Marine hofft aber offenbar darauf, ein erstes Boot schon in sechs bis sieben Jahren in Dienst stellen zu können. Angesichts der mehrjährigen Verzögerungen im laufenden SCORPENE-Programm scheint dies allerdings sehr optimistisch, auch wenn nach der noch in diesem Jahr geplanten Ausmusterung des letzten Bootes der FOXTROT-Klasse der Bedarf an neuen U‑Booten zunehmend kritisch wird.
Natürlich sorgt der übermäßig große Finanzrahmen für Projekt 75(I) für Verblüffung. Immerhin nähert man sich bei einem Stückpreis von fast 1,5 Mrd. Euro schon den Kosten für nukleargetriebene U‑Boote. In einem Interview erklärt ein indischer „Insider“, man wolle nicht einfach U‑Boote eines bereits verfügbaren Typs erwerben, sondern mit Hilfe ausländischer Hersteller ein völlig neues Design entwickeln. Wenn möglich möchte man dabei sogar Designelemente unterschiedlicher Anbieter kombinieren (russische Hersteller können derzeit noch nicht mit einem funktionsfähigen AIP dienen). Die neuen Boote sollen auch größer als z.B. SCORPENE oder TYP 214 werden, und die veranschlagten Mittel sollen überdies auch alle zusätzlichen Kosten für Technologietransfer, Integration zukünftiger Technologien und Entwicklung neuer Waffensysteme (Flugkörper) zukunftssicher decken.
Angesichts des Streits um ausufernde Kosten beim Bau von U‑Booten der SCORPENE-Klasse kann man vermuten, dass die für Projekt 75(I) veranschlagten Mittel ganz bewusst so bemessen werden, dass jede Kostenüberschreitung von vornherein aufgefangen wird und das Vorhaben nicht laufend neu verhandelt werden muss. Im Vorhaben finden sich aber wohl auch Mittel zur Befähigung mehrerer indischer Werften zum nachfolgenden Eigenbau weiterer U‑Boote (Designentwicklung, Technologietransfer, Ausbau Infrastruktur). Angeblich sieht die Planung der indischen Marine nach Abschluss der Beschaffung von sechs U‑Booten SCORPENE und dem Ende von Projekt 75 (I) den Erwerb von weiteren zwölf U‑Booten vor – und diese sollen von Entwicklung eines Basisdesigns bis zur Lieferung an die indische Marine ausschließlich im Lande entstehen.
In Kooperation mit “MarineForum — Zeitschrift für maritime Fragen”
Alle Informationen entstammen frei zugänglichen Quellen.